Zum Verhaltenskodex unserer Zivilisation gehört es, dass man einander auf der Straße nicht über den Haufen rennt. Die Kultivierung dieser Sitte hat uns lange vor Beulen, blauen Flecken und Schrammen bewahrt. Begegneten sich zwei oder mehrere Personen auf dem Fußsteig, bemühten sich beide Seiten, der jeweils anderen Platz zu machen, früher mit Gruß und angedeuteter Verbeugung - Bitte nach Ihnen! -, später dann wortlos und selbstverständlich. Verirrte sich jemand nicht gerade in die übler beleumdeten Viertel, durfte er auf den Respekt seines Gegenüber zählen; die Frauen zumal kamen in den selbstverständlichen Genuss der anerzogenen Höflichkeit.
Wer sich heute noch darauf verlassen möchte, riskiert den Aufprall, Zusammenstöße, Beschimpfungen, die er nicht versteht: den „Clash of civilizations" am helllichten Tag auf offener Straße. Denn es sind nicht die ungezogen Bengel des Nachbarn, die man von Kindesbeinen an kennt, sondern die „arabisch oder nordafrikanisch aussehenden Männer“, junge und ältere, mit oder ohne Frauen, die den Bürgersteig und bisweilen auch den Fahrdamm in breiter Front für sich beanspruchen.
Du lieber Himmel werden Margot Käßmann, Heinrich Bedford-Strohm, Katrin Göring-Eckardt, Dunja Hayali, Papst Franziskus und ihr Gefolge nun sagen, du lieber Himmel, macht doch nichts, wenn wir mal einen Schritt zur Seite treten müssen. Das muss man doch verstehen. Richtig, das müssen wir verstehen. Nur müssen wir es auch als das verstehen, was es sein soll: Ein bewusstes, mitunter auch gedankenlos zelebriertes Dominanz-Verhalten derer, die sich in der Fremde durchsetzen wollen.
Neu ist das keineswegs. Aus der überwiegend arabisch-moslemischen Herkunft der Umsiedler lässt es sich nur bedingt erklären. Andere vor ihnen haben sich nicht anders aufgeführt. Auch die Offiziere der sowjetischen Besatzung gingen in der DDR gern mitten auf der Fahrbahn. In den Seitenstraßen von Leipzig-Gohlis, einem der ehemals vornehmeren Stadtteile, konnte ich das jahrelang beobachten.
Schon immer musste, wer in der Fremde Fuß fassen wollte, sich mächtig vor den Einheimischen aufpflanzen, ihnen den Weg versperren, um sich zur Geltung zu bringen. Die bis heute verehrten Entdecker ferner Kontinente haben da keine Ausnahme gemacht. Mit scheuer Zurückhaltung hätte es keiner von ihnen weit gebracht. In Afrika, in Amerika, in Asien, in Australien, überall ging es um die Landnahme.
Und worum sonst sollte es heute gehen, wenn Millionen von Asylanten aus dem arabischen Raum und aus Afrika nach Europa strömen? Gewiss sind da viele dabei, die daheim um Leib und Leben fürchten mussten. Für die Mehrheit jedoch gilt das schon lange nicht mehr, ganz bestimmt nicht für jene, die sich auf der Straße bewegen, als seien alle anderen verpflichtet, ihnen Platz zu machen. Sie wollen mehr. In umgekehrter Richtung treten sie in die Fußstapfen der europäischen Eroberer, die als Entdecker aufbrachen, um neue Lebensräume zu erschließen.
Dass diese Landnahme heute nicht mehr mit dem Pflug und dem Abstecken unberührter Weideflächen erfolgt, sondern über die Sozialsysteme der Wohlfahrtsstaaten, ändert nichts an dem Verhaltensmuster.
Für das Gros der Zuwanderer geht es nicht darum, sich an bislang unbekannte Verhältnisse anzupassen, sich zu „integrieren“. Wer das glaubt, wird noch manchen schmerzlichen Zusammenprall auf dem Bürgersteig erleben, bis er schließlich selbst in einer völlig veränderten Welt aufwacht. Zu beobachten ist derzeit nicht mehr und nicht weniger als der Versuch, die politischen, die sittlichen und die ethischen Wertvorstellungen der arabischen Welt durch massenhafte Umsiedlung auf das wirtschaftlich attraktive Europa zu übertragen. Mit dem Zuzug der Umsiedler importieren wir die Konflikte, die sie schon daheim blutig ausgetragen haben. Die Minderheiten der wahren Flüchtlinge, die verfolgten Christen und viele Frauen, bekommen das bereits in den „Erstaufnahmeeinrichtungen“ zu spüren.
Erfolgreich waren solche Expansionen in der Vergangenheit immer dann, wenn die Auswanderer über das bessere Know how und die schnelleren Waffen verfügten. Davon kann jetzt keine Rede sein. So viel müssen die neuen Invasoren gar nicht aufbieten. Erstmals könnte ihnen der Sieg in den Schoß fallen - der Sieg über die alte Welt. Auf der Straße, im öffentlichen Raum, benehmen sich ohnehin viele von ihnen schon so, als würden ihre Regeln für alle gelten, während wir uns aus Furcht vor dem „Clash of civilizations“ vorsichtig an die Wand drücken. Mit geheucheltem Verständnis für die angeblich Schwächeren hoffen dabei viele, ihr Selbstbewusstsein zu retten, ohne sich eine Vorstellung von der Stärke der anderen machen zu müssen.
Siehe auch: "An die Frauen mit Kopftuch, die laut lachend durch den Lidl laufen." Hier