Ausgerechnet am Jahrestag des fast schon wieder vergessenen Volksaufstandes gegen das SED- Regime am 17. Juni 1953 fand der Vereinigungsparteitag der SED-PDS mit der WASG statt. Damit ist der SED die lang ersehnte Westausdehnung endlich gelungen. Keinem der vielen Kommentatoren des Ereignisses fiel auf, dass damit erstmals die reale Chance besteht, dass die schmählich gescheiterte SED in eine Bundesregierung einziehen könnte. Zwar wurde von vielen darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Mitgliedschaft der nunmehr drittstärksten Partei des Landes von der PDS gestellt wird. Das es sich bei den PDS- Mitgliedern wiederum mehrheitlich um alte SED-Genossen handelt, wird von den kritischen Journalisten unseres Landes schon gar nicht mehr als Problem wahrgenommen. Im Gegenteil. Das von Journalisten verwendete Wort „SED- Nachfolgepartei“ für PDS hilft, die Tatsache zu verschleiern, dass die SED nie aufgehört hat , zu existieren, sondern nur mehrmals umbenannt wurde. Die Blutzufuhr aus dem Westen hat die PDS in letzter Minute vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit bewahrt. Aus eigener Kraft war ihr die Westausdehnung nicht gelungen. Als Ostpartei hatte sie sich überlebt. Nun ist sie wieder da, stärker als je nach dem Mauerfall. Auch bürgerliche Blätter räumten der neuen Partei sofort Chancen ein, spätestens in der übernächsten Bundesregierung zu sitzen. Damit hätte die SED erstmals ein funktionierendes Staatswesen mit einer soliden Wirtschaft zur Disposition. Noch gilt Oscar Lafontaine als ein solides Hindernis auf dem Weg zur Machtergreifung. Beim näheren Hinsehen stellt man allerdings fest, dass der Mohr sehr schnell gehen könnte, nachdem er seine Schuldigkeit getan hat. Lafontaine, dessen persönliche Kränkung, nicht Bundeskanzler geworden zu sein, ihn jedes Augenmaß längst verlieren ließ, hat sich bereits einige eigentlich unverzeihliche Tiraden geleistet. Seine Sprüche über die „Fremdarbeiter“ wurden im letzten Bundestagswahlkampf von der NPD zum Plakatslogan erhoben. Seine Ausfälle gegen die Bundestagsabgeordneten, die er als „Schweinebande“ bezeichnet hat, finden ebenso den ungeteilten Beifall der braunen Kameraden, die auch begeistert klatschen, wenn der rote Oscar das Land mit politischen Generalstreiks auf seinen Kurs zwingen will. So viel geistige Nähe zu den Rechtsextremen könnte bei Bedarf ganz schnell der Anlass sein, das lästige Hindernis loszuwerden. Wenn der Co- Parteivorsitzende Bisky die übernächste Ausfälligkeit
Lafontaines nutzen würde, um sich von ihm zu distanzieren und ihn aus dem Weg zu räumen, würde er endgültig als der demokratische Erneuerer dastehen, der er nie war. Dann würde ein SED-Genosse als das kleinere Übel im Vergleich zu einem wild gewordenen Ex-SPDler angesehen werden. Die gewaltige Gerechtigkeitsrhetorik auf dem Gründungsparteitag der Linken hat erfolgreich in den Hintergrund treten lassen, dass die neue Partei prompt einen Systemwechsel zurück zum Sozialismus verkündet hat und ein wirtschaftliches Konzept vertritt, das in der Vergangenheit die Volkswirtschaften aller Staaten ruiniert hat, die es umgesetzt haben. Was kann man von einer Regierung erwarten, die solche Vorstellungen umzusetzen versucht?
Die Hoffnung, dass schon nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde, hat sich in Deutschland im letzten Jahrhundert schon zwei mal als trügerisch erwiesen.