Die Liste der Maßnahmen ist das, was passieren müsste, aber kann es auch passieren? Leider wird diese Frage immer nur im Zusammenhang mit Politikern wie Tsipras gestellt, und oft verneint, weil man der Auffassung ist, bei denen würde der Wille dazu fehlen. Es wird so getan, als ob bestimmte Mißstände auf falscher Politik einiger weniger politischen Spitzen beruhen und auf nichts anderem. Kaum einmal wird die viel grundsätzlichere Frage gestellt, inwieweit eine bestimmte Situation in einer Gesellschaft Ausdruck einer kulturellen Tradition ist, Ausdruck eines Willens der breiten Mehrheit in der Gesellschaft, so zu leben, und nicht anders. Am Beispiel der Steuerproblematik: Wenn unzulängliche Steuerbehörden vorhanden sind, und es auch nur unzulängliche Steuerzahlungen gibt, ist dann wirklich davon auszugehen, daß letzteres nur aufgrund von ersterem der Fall ist? D.h. die Menschen warten geradezu darauf, endlich höhere Steuern zu bezahlen, aber es gibt aufgrund von Schlamperei in der politischen Elite halt noch nicht ausreichend Behörden mit entsprechenden Gesetzen, die sie auch von den Menschen abholen? Oder ist es nicht doch so, daß die desolate Behörden- und Gesetzeslage Endresultat einer Entwicklung ist, die von einem prononcierten und traditionellen Steuerwiderwillen der Bevölkerung ausgegangen ist, der viel größer ist als in Ländern wie etwa D, und gegen den man jetzt eigentlich vorgehen muß? Was ja doch noch ein wenig etwas anderes ist als bloß gegen persönliche Auffassungen von Alexis Tsipras und Parteigenossen vorgehen zu müssen. In der Tatsache, daß fremde Länder nun den Griechen diktieren, wie sie zu leben haben, welche Leistungsgedanken sie gefälligst übernehmen sollen, in welche genaue Relation sie Eigennutz und Gemeinnutz setzen sollen, wann sie ein Arbeitsleben für beendet halten sollen u.v.m., zeigt deutlich, worauf das Europa namens “EU” herausläuft, auch wenn seine jeweiligen Anführer das natürlich ständig bestreiten wollen: Auf eine Gleichschaltung der Menschen in der EU. Nun wird also die Gleichschaltung der Griechen mit den Menschen in den maßgeblichen Geberländern weiter versucht. Völlig klar sollte aber doch sein, daß eine Gleichschaltung innerhalb weniger Jahre völlig unmöglich sein wird. Verheugen sagte es kürzlich ja annähernd richtig, aber mit der falschen Vokabel: Der Reformprozeß wird Jahrzehnte dauern. Ich übersetze das mal der Klarheit halber: Die Gleichschaltung der Griechen wird Jahrzehnte dauern. 2018 wird also mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch nur wieder ein Datum sein, an dem weitere Bestechungsgelder fällig werden, um den Gleichschaltungsprozeß am Laufen zu halten. Diesen Gleichschaltungsdruck darf man nicht mit dem Druck verwechseln, der durch das Phänomen namens “Globalisierung” auf die Völker ausgeübt wird. Denn die Frage, wie man Auswirkungen der Globalisierung meistert, haben die Völker noch eine Bandbreite an Wahlmöglichkeiten, eine gewisse Souveränität (auch das angesprochene Neuseeland hatte sie in den Krisenjahren der 1970er). Die “Europäisierung” europäischer Nationen im Projekt EU ist aber eine zusätzliche drastische Intensivierung von überwiegend fremdbestimmtem Gleichschaltungsdruck, und welche Souveränität der Völker da am Ende übrigbleibt, sich diesem Gleichschaltungsdruck zu entziehen, ist deutlich erkennbar, wenn den Griechen jetzt Listen übergeben werden, was sie zu tun haben, NACHDEM das griechische Volk sich mehrheitlich gegen das ausgesprochen hatte, was auf den Listen steht. Wirklich merkwürdig ist dabei: Im linken Lager ist der Anpassungsdruck auf die Länder durch Globalisierung regelmäßig Anlaß, die Globalisierung allgemein als Greuel darzustellen. Was das Projekt EU angeht, eine On-Top-Globalisierung in Europa, jubelt man mit. Noch ein Detail zum Fall Neuseeland: Für die Krise Neuseelands ein maßgeblicher Faktor war der Beitritt Großbritanniens zur EU. Plötzlich wurde der vormals freie Handel mit einem Haupthandelspartner mit Zöllen belegt, der Außenhandel Neuseelands durch die EU erheblich behindert.
Und täglich grüßt das Murmeltier! ....nur mit dem Unterschied, dass dies eine Endlosschleife sein wird, aus der es niemals ein Entrinnen gibt - NIEMALS!!! Selbst “gute Taten” werden nicht helfen - auch wenn diese noch so “anrührend und herzerwärmend” sein würden. Das einzige was uns aus dieser Schleife katapultieren könnte, wäre ein Meteoriteneinschlag, der alles Leben auf der Erde mit einem Schlag auslöscht.
Einiges von diesem neuseeländischen Programm kann auch Deutschland nicht schaden. Viele Grüße Andreas Knorr
Viele Nutzer hier im Forum würden mit Sicherheit jeden Satz dieses Beitrages unterschreiben, was aber nichts nutzt, da diese griechische Regierung nicht eine einzige der noch so notwendigen Maßnahmen umsetzen wird, selbst dann nicht, wenn sie entsprechende Vereinbarungen unterschrieben hat. Diese Regierung treibt das böse Spiel auf die Spitze, da mit wenigen Ausnahmen die Geldgeber partout nicht begreifen wollen, dass sie auf eine ganz dreiste Weise wie “Waschlappen” nur vorgeführt werden. Für sie besteht Politik “mit der Luxuskarosse vor zu fahren”, gestanzte Reden zu halten, Bankette zu veranstalten, Geld zu verteilen, sich gegenseitig zu erpressen sowie die eigenen Taschen zu füllen. Dass die deutschen Politiker nichts aus der DDR-Katastrophe gelernt haben und auch nichts daraus, dass die SED mit den Steuergeldern der Bundesbürger die Bundesrepublik durch die Stasi zwecks Destabilisierung flächendeckend unterwandert hat, ist für mich schier unfassbar. Der Schulterschluss zwischen den griechischen und deutschen Kommunisten sollte für jeden rechtsbewussten Demokraten in diesem Land das letzte Warnzeichen sein.
So viele vernunftbegabte Aussagen und verständliche Begründungen in so wenig Zeilen… genial, Herr Ederer!! Ruth Würsch
Günter Ederer hat hier (wieder einmal) alles gesagt, was zu dem Thema zu sagen ist. Nur eines fehlt: Wie die Neuseeländer ihren Staat saniert haben, übrigens durch eine Labour-Regierung, das hat Arnulf Baring schon vor 18 Jahren dargestellt. Barings Buch ist betitelt “Scheitert Deutschland”.
Sehr geehrter Herr Ederer, Sie haben mit dem was Sie schreiben, den Nagel auf den Kopf getroffen. Genau so ist es. Noch eine kleine Anmerkung meinerseits. Es wird gerne gesagt , dass Tsipras mit dem Referendum am Sonntag sich selbst Fesseln angelegt hätte. Das muss man anders sehen !!!! ( es gibt zwei Möglichkeiten ) ) 1.) Sollte das neue Sparangebot durch die anderen €uropartner nicht angenommen werden, kann er mit diesem Referendum im Rücken, im eigenen Land absolut frei agieren. ( und das machen Kommunisten gerne ) 2.) Sollten die Europartner das Angebot annehmen und Griechenland weiterhin mit Geld versorgen, hat er ebenfalls gewonnen. Tsipras kann gar nicht verlieren. E. Gartner PS: Ich habe noch einen dritte Möglichkeit übersehen. Einer seiner größter Fans ist doch Fidel Castro. Wenn nun alles daneben geht, könnte er sich auch noch, aus dem ebenfalls Sonnen-reichen Kuba, finanzielle Unterstützung holen.
Nachdem die Presse Teile des neuen “Reformprogramms” veröffentlicht hat, ist mir doch die Kinnlade herunter gefallen. Wenn Tsipras mit diesem “Reformprogramm” durchkommt, haben sich die EU-Regierungen vollends düpieren lassen. Es wird ein Rettungspaket von 53,5 Mrd. Euro gefordert, nur um den Schuldendienst bis 2018 erfüllen zu können. Gleichzeitig wird ein Investitionspaket in Höhe von 35 Mrd. Euro gefordert. Demgegenüber steht ein Sparpaket in Höhe von 12 Mrd. Euro, Laufzeit vermutlich auch bis 2018. Die Umsetzung des Sparpaketes soll erst gegen Ende des Jahres erfolgen. D.h, Rettungs- und Investitionsgelder sollen sofort fließen, während das Sparpaket erst noch vom griechischen Parlament abgesegnet werden muss. Nun haben aber schon einige Politiker der griechischen Regierung erklärt, dass sie einem Sparpaket nicht zustimmen wollen. Damit steht das Sparpaket auf tönernen Füßen. Es kommt also erst die Leistung und dann - vielleicht - die Gegenleistung. Die Relation zwischen dem, was die griechische Regierung an Hilfsgeldern verlangt und dem, was sie an Reformen anbietet, ist eklatant. Entweder hat der dauergrinsende Tsipras den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt oder und das dürfte die wahrscheinlichere Variante sein, hält er die Politiker der großen EU-Länder für noch harmoniebedürftiger, als es der EU schon lange gut tut. Dieses Spiel scheint möglicherweise aufzugehen. Massiven Widerstand wird es u.a. von den baltischen Staaten, Iren, Finnen usw. geben. Der Vertrauensverlust in diesen Ländern kann in Zukunft massive Auswirkungen für die EU haben. Und was Griechenland angeht. Die unendliche Tragödie geht weiter. Der Dauerpatient Griechenland wird die EU auch die nächsten Jahre beschäftigen und zur Weißglut bringen.
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