Immer seltener sind es namhafte Juristen und Journalisten, die Merkels fortdauernden Rechtsbruch verteidigen, immer häufiger sind es namenlose Jungspunde und -spundinnen, die vorgeschickt werden. Die wähnen sich auf edler Mission, tatsächlich aber folgen sie einem wurmstichigen Holzweg in die Sackgasse.
Auch wenn ich kein Verfassungsrechtler bin, halte ich die Argumentation von Herrn Thym für verkürzt. Soweit ich ihn richtig verstehe, hat das Europarecht - hier Dublin - nach seiner Argumentation Vorrang vor Art. 16a GG. Dies folge auch aus der Rechtsprechung des BVerfG. In der Tat gibt es wohl zahlreiche Entscheidungen des BVerfG, in denen es sich zum Vorrang von Europarecht zu nationalem Recht geäußert hat. In meiner Erinnerung wurden diese Entscheidungen als „Solange-Entscheidungen“ bezeichnet, weil das BVerfG darin das nationale Recht dem Europarecht unterworfen hat, „solange“ es mit den Grundlagen unseres Rechts vereinbar ist. Das Gutachten von Herrn di Fabio habe ich vor diesem Hintergrund so verstanden, dass er (ich glaube er verwies auf die Lissabon Entscheidung) dem Europarecht hier schon deshalb keinen Vorrang zugesprochen hat, weil er durch den nicht funktionierenden EU-Grenzschutz und der Durchwanderung wesentliche Grundlagen unseres Staates gefährdet sah. Auch Herr Thym spricht diesen Aspekt meines Erachtens kurz an, er beschränkt sich hierbei um Wesentlichen aber darauf, dass dadurch die Menschenwürde nicht verletzt werden dürfe. Meines Erachtens lenkt Herr Thym die Diskussion an diesem entscheidenden Punkt in die falsche Richtung. Mit anderen Worten, ich - wenngleich als Nichtverfassungsrechtler - verstehe die Rechtsprechung des BVerfG zum Vorrang des Europarechts - und damit Dublin - so, dass dieser Vorrang bezogen auf den Grenzschutz nur gilt, solange die Aussengrenzen der EU so hinreichend gesichert sind, dass hierdurch zentrale Grundlagen unseres nationales Rechts nicht gefährdet werden. Eine solche Gefährdung lässt sich angesichts der Dimension der Zuwanderung aber annehmen, so dass der Vorrang - entgegen Herrn Thym - nicht mehr gelten würde. Wir wären dann doch wieder beim nationalen Recht.
... ich kenne Daniel Thym flüchtig aus einigen Anhörungen im Innenausschuss des Bundestages, wo ich als Sachverständiger der AfD aufgetreten bin und appelliere, Milde walten zu lassen. Er hat mich bisher zwar geschnitten, aber damit ist er nicht allein, jeder befürchtet, kontaminiert zu werden wenn er gefilmt wird wie er der AfD die Hand gibt - aber zurück zur Sache: wer in dem zarten Alter schon mit einer Juraprofessur und einem Lehrstuhl aufwarten kann, von dem kann man zu Recht annehmen, dass er Spitzenjurist ist und extrem abstrakt zu denken gelernt hat. Genau das tut er ja auch: er abstrahiert. Und zwar so extrem, dass er - meiner Meinung nach - zwar kein Komma der Normenverschränkungen übersieht, aber die Realität ausser Betracht lässt, z.b. dass andern EU-Staaten das EU-Recht auch schnurzegal ist. Kein Jurist, der einen Ruf zu verlieren hat, kann aber argumentieren, den andern Staaten gehe es zuerst um das eigene Wohl, EU-Recht hin oder her, also lasst es uns genauso machen. Als sachverständiger Rechtsprofessor kann er weder im Ausschuss noch sonst öffentlich Rechtspolitik betreiben. Schon gar nicht gegen jene, die ihn als Sachverständigen vorschlagen, sonst wäre er ganz schnell von der Vorschlagsliste verschwunden. Immerhin hat er sich in seiner Stellungnahme zu BT-Drs. 19/577 und 19/224 für seine Verhältnisse und seine Auftraggeber schon weit vorgewagt, indem er z.B. klarstellt, dass das europäische Asylrecht weit über die menschenrechtlichen Anforderungen hinausgeht. Es gibt zum Glück andere, die mehr gesunden Menschenverstand in die Debatte bringen, Sarrazin hat sie in seiner neusten Replik aufgezählt. Extrem komplizierte juristische Regelungen haben eben gezwungenermaßen zur Folge, dass sie so und so ausgelegt werden können. Thym dürfte Kinder haben; ich gehe davon aus, auch er wünscht für sie das Beste. Dann KANN er nicht übersehen, was bei “weiter so” auf sie zukommt.
Ich habe schon einen Kommentar zum Artikel von Herrn Thym geschrieben. Das möchte ich hier nicht wiederholen. Ich möchte hier den Aspekt der Rechtsdurchsetzung aufgreifen, den Herr Sarrazin von Herrn di Fabio aufgegriffen hat. In einem Rechtstaat muss nicht nur Recht gelten, sondern er muss es auch tatsächlich durchsetzen, sonst ist das Recht nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist. Und hier liegt tatsächlich ein Mangel unseres Rechtsaates vor. Wie viele Menschen wandern noch immer zu? Wie viele haben (hätten) keinen Anspruch auf Schutz in Deutschland? Wie viele davon werden tatsächlich wieder abgeschoben? Hier haben wir eine Differenz um sechsstelligen Bereich und das pro Jahr. Wie viele davon fangen früher oder später damit an wenigstens selber für ihren Lebensunterhalt zu sorgen? Die allerwenigsten. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger steigt auch deshalb Jahr für Jahr im sechstelligen Bereich. Das ist keine Politik, sondern Politikversagen und somit ein Mangel des Rechtstaates.
Aus“grauen Vorzeiten „ stammt der vielsagende Satz: Die Justiz ist die Hure der Politiker. Dass der Satz heute auch zutrifft, hätte ich gedacht.
Es steht zu befürchten, dass Herr Prof. Thym seine juristische Paragrafenreiterei dazu benutzt, seine lieben Mitmenschen, die halt ein bisschen tumb sind, einzuschüchtern, indem er einen Wirbel von Gesetzeserlassen auf allen Ebenen von der EU über die Mitgliedstaaten bis hinunter in die Kommunen zitiert, mit grosser Kelle kräftig umrührt und hin und wieder darauf hinweist, dass die meisten ohnehin nichts verstünden. Mal abgesehen von der Arroganz einer solchen Haltung, würde ich allzu gerne sehen, wie er in seinem Gesetzesdschungel umherirren würde, wenn er dereinst, wenn Deutschland und andere europäische Länder vor dem Islam kapituliert haben, den Muslimen seinen juristischen Salat präsentieren will. Die hören ihm garantiert noch viel weniger zu als seine deutschen Landsleute. Die Muslime schmeissen nämlich mit der Einführung der Scharia seinen ganzen juristischen Ballast in den Mülleimer der Geschichte.
Einen Fortschritt stellen Thyms Einlassungen jedenfalls dar: Intellektuell überforderten Journalisten/Journalistinnen oder grüne/ linkssozialdemokratische/linkssozialistische Politiker/innen “argumentieren” gern mit der Genfer Flüchtlingkonvention. Entweder sind sie dann zu dumm, den gar nicht so schwierigen Text zu verstehen, oder sie lügen (ich gehe im Zweifel eher bzw. lieber von ersterer Variante aus). Es besteht nämlich ein inhaltlicher Gleichklangvon GFK und GG 16,2: Nur wer aus unmittelbarer Gefahr kommt, darf laut GFK nicht zurückgewieden werden. Thym bringt wenigstens die Sache auf den Punkt: Es geht um aushebelndes europäisches Recht. Mag sein, mag nicht sein. Aber jetzt sind wir in der Debatte wenigstens so weit, wie wir schon vor drei Jahren hätten sein können. Und wir können fragen, warum alle Nachbarländer das europäische Recht offenbar nicht so interpretieren.
Für mich stellt sich seit einiger Zeit auch die Frage, mit welchem Recht unsere Politik xtausende von Menschen in unsere Sozialsysteme “implementieren”. Dieses gehört doch der Bevölkerung und nicht den Politikern. Für mich ein Betrug von immensen Ausmass welcher vielen, allem Anschein nach, gar nicht bewusst ist.
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