Es war schon vor 20 Jahren nicht leicht, sich gegen die Ansichten des Direktors und seinen Vertrauten zu äussern. Schlechte, verrufene Klassen wurden einem zugeteilt, Nachkorrekturen ohne Anlass, schlechter Stundenplan usw. Was einem heute wohl blühen würde, wenn man all das was Frau Freymuth niederschreibt, in der Schule äussern würde, hätte sicherlich ein Disziplinarverfahren zur Folge. Dazu würde man vom Mainstreamkollegium mit Sicherheit ausgegrenzt werden. Wer tut sich das schon an?
[...] “Die Reaktionen waren teilweise geifernde Zurechtweisungen, [...]” - i.d.R. gerade von jenen, die NICHT “an der Front” stehen und den täglichen Irrsinn live und in Farbe mitbekommen!
Da ich als Sozialarbeiterin viel Kontakt zu Lehrern, habe, frage ich mich schon, wann sie endlich einen Aufstand wagen? Trotz Beamtenstatus. Trotz der Schulleitung. Trotz der linken Ideologie. Aber noch mehr ärgern mich die Politiker, die dieses System verteidigen, aber ihre eigenen Kinder auf keinem Fall diesem aussetzen werden und wollen.
“...in den Talaren der Muff von 1000 Jahren !” war aller Bildungslaster Anfang. Die Dreistigkeit bestand darin, dass die auch heute namentlich bekannten Aufwiegler keine Garantie dafür gaben (und geben wollten), dass ihr neues Denken zum Erfolg—zu Mehrwert— führen wird. In der Wirtschaft werden die Beteiligten unbarmherzig abgestraft: Zuerst verliert der Inhaber die Firma, dann sein Vermögen, dann seine Mitarbeiten…und oft auch Haus, Frau und Kinder. Schlechte Lehrer verlieren selten irgendetwas. Egal , was sie machen und mitmachen, Rente oder Pension sind sicher. Daher rühren die vielen Mängel. Mein Mitleiden ist relativ begrenzt. Die Kinder tun mir leid und die Azubi. Mit rund 16 Jahren entscheidet sich manche Zukunft.
Die Hochschullehrer beschweren sich darüber, das viele Studenten weder gut lesen, noch schreiben noch rechnen können. Wie sollen sie sich dazu verhalten? Exmatrikulieren könnte bis zum Zivilgericht führen. Draufhauen und Anschreien sind verboten. Spezielle Lehrertricks oder Erfahrungen helfen bei diesen Mängeln auch nichts mehr. Also verfällt der kluge Opportunist auf die Methode schlechte, jedoch hinreichende Zensuren zu vergeben, mit dem perfiden Hinter- gedanken: “Die Praxis in den Firmen macht die Absolventen spitz !” Was soll der Normalo dazu sagen ? Schließlich haben die Lehrer, die bis zum Abitur führten, ihren Job nicht gut genug gemacht. Wer gibt den Lehrern Nachhilfeunterricht ? Dabei zahlt das Land satte Gehälter im ÖD und gute Renten. Warum machen Ingenieure ihre Jobs besser als solche Lehrer ? Ich meine, weil Lehrer nie den gleichen Erfolgs-Druck bekommen. Wenn ich schon höre “...auf Lehramt studie-ren…” , bin ich satt bis zur Unterlippe. Das beinhaltet die frühe Einschränkung der Leistungsbereitschaft: “Wer versorgt mich ab dem Dreissigsten?” Richtig ist, dass Lehrer nach dem 10. Semester fertig zu sein haben. Dann soll’s vorbei sein mit jeder staatlichen Förderung. Das Geld kommt zumeist vom fleissigen Arbeiter. Konflikte an Schulen sollen prinzipiell den Verwaltungen übertragen werden. Denn die Hälfte in der Bildung sind deren gur bezahlte Verwalter.
Dieser Artikel spricht mir aus der Seele! Aus hoffentlich verständlichen Gründen will ich hier keines der vielen, vielen problematischen “Erlebnisse” mit jungen Menschen wiedergeben. Selbst beim Niederschreiben käme in mir unvermeidlich immer noch großer Ärger hoch. Aber auch hier gilt daß die verrücktesten Geschichten immer noch oder nach wie vor das Leben schreibt. So auch im Schulalltag in Klassen mit null Prozent deutschen Schülerinnen und Schülern oder in Klassen mit, in der Spitze, acht verhaltensgestörten jungen Menschen. Klar will oft kaum jemand die scheinbar verrückten “Geschichten” aus dem schulischen Alltag glauben, eventuell weil es in früheren Zeiten in den Klassen doch geordneter zuging und das nicht nur gefühlt. Mein zuverlässiges “Totschlagsargument” in Gesprächen mit so alles verstehenden und beschwichtigenden Mitmenschen war die Frage ob sie denn einmal sechs Wochen lang in solchen Klassenverbänden eigenverantwortlich Unterricht halten würden. Keiner, und das war in über 40 Jahren Schuldienst der Fall, hat jemals mit ja geantwortet. Warum wohl?
Bislang siedelte ich den gegenwärtigen Zeitgeist im Bereich postpubertär bis adoleszent an. Frau Freimuth Sie gehen noch einen Schritt weiter: “kindlich gebliebene Weltsicht”. Wahrscheinlich trifft Letzteres eher zu.. Der Entgrenzung in vielen Bereichen, steht eine Gesellschaft gegenüber, die oftmals überfordert ist. Das tägliche Aushandeln im Sinne der ideologisierten Correctness führt zu jener “unsinnig kräfteraubenden Arbeitssituation” wie im Artikel angedeutet wird. Auf der Strecke bleiben Lernen und vor Allem Bildung. Wir leben ja in einer marktkonformen Demokratie deren Aufmerksamkeitsökonomie in eben dieses von Ihnen beschriebene “Reiz-Reaktionsmuster"mündet, anstatt Sachverhalte einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Vielen Dank für Ihren Artikel!
Es ist doch grundsätzlich so, dass eine Zivilgesellschaft nur dann funktionieren kann, wenn unter den in der Gesellschaft Lebenden ein grundsätzlicher Konsens darüber besteht, dass Zusammenleben nur dann funktionieren kann, wenn sich alle (oder möglichst allle) an die für das Zusammenleben als gültig anerkannten Regeln halten. Wird dieser Konsens seitens eines immer größer werdenden Teiles der Gemeinschaft infrage gestellt, oder gar offen abgelehnt, wird die Grundvoraussetzung des Zusammenlebens zerstört. Dieses gilt auch für den schulischen Bereich. Viele der kürzlich zugewanderten kommen aus sozial schwierigen Verhältnissen. Dieser Umstand ist wichtiger als die Religionszugehörigkeit. Sie sind an äußeren Druck, ohne den sie nicht bereit sind, sich anzupassen, gewöhnt. Zu hoffen, sie würden schon die deutsche Pädagogik schätzen lernen und sich anpassen, ist naiv. Eine Gruppe lernt dann gut, wenn die psycho-sozialen Voraussetzugen innerhalb der Gruppe in etwa identisch sind. Ansonsten ist das Chaos vorprogrammiert. Auch wenn unsere Ideologen das nicht gerne hören wollen.
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