Von Alexander Gutzmer
Was verbindet terroristische Bewegungen über Zeiten und Räume hinweg? Diese Frage stellt und beantwortet der Historiker Michael Burleigh in seinem Buch „Blood and Rage“. Er macht darin, wie er auch im Interview mit dem Spectator schreibt, Terror als eine Art Lifestyle aus. Und wirklich existiert wohl ein Lebensgefühl des Terroristen. Das konstruierte Elitenbewusstsein und das beglückende Bewusstsein, etwas ganz Herausragendes zu tun, haben die Baader-Meinhofs mit dem demonstrativ asketisch im Zelt herumsitzenden bin Laden aus den Bekennervideos gemein…
Warum eigentlich kommen Bücher wie Burleighs nicht aus Deutschland? Vielleicht, weil die deutschen Intellektuellen die historische Einordnung ihrer eigenen Bösen scheuen. Bezogen auf die Nazis zeigt das die Littell-Debatte: Wir mögen uns die Deutungshoheit über das Abgründige in uns bzw. unserer Vergangenheit nicht wegnehmen lassen. Das gilt für den Nationalsozialismus, aber auch für die RAF. Auch diese sehen wir gern als unvergleichlich. Der schöne Schauder, der Theaterbesucher beim Gang in die unzähligen nebulösen Neudeutungen des Deutschen Herbstes befällt, hat viel mit einem Gefühl zu tun, etwas ganz Besonderes darzustellen. Historische Einordnung stört da nur.