Ulli Kulke / 27.09.2015 / 06:30 / 7 / Seite ausdrucken

Die Heute-Show und die zehn kleinen Negerlein

Kennen Sie den neuesten Witz? Die Uno will bis 2030 den Hunger abschaffen. Darüber kann man nicht lachen? Oliver Welke schon. Der Hinweis auf den Beschluss der UN vom Donnerstag war für seine Satiresendung „Heute-Show“ (ZDF) der Brüller. Gut, man kann über die Aussichten, das Ziel zu erreichen, diskutieren, anspruchsvoll ist es ja. Aber darum ging es Welke ja gar nicht. Für ihn sollte es eine - gequält - satirische Abrechnung mit dem letzten großen Ziel der UN sein, mit den Millenniumsvorhaben, die zur Jahrhundertwende gefasst wurden: „Hat man sich im Jahr 2000 nicht schon mal vorgenommen, die Welt besser zu machen?“ Haha, meine Damen und Herren. Und dann, natürlich, fünf Minuten lang ein Witz nach dem anderen darüber, dass dieser Schuss vor 15 Jahren ja wohl voll in die Hose gegangen sei, natürlich, ist ja immer so, Armut wächst, Hunger ebenso, weiß doch jeder, war schon immer so. Und wer weiß es besser als Welke? Großes Gelächter, denn warum sollte auf einmal ein Erfolg erzielt worden sein in der Entwicklungspolitik. War doch noch nie so.

Was wir am Freitagabend verfolgen konnten, war das pure Herumreiten auf Vorurteilen, und Satire hin, Satire her, das war dann doch schlicht unappetitlich. Ich vermute, dass die Heute-show einen stattlichen Rechercheapparat hat, der ja immer wieder auch wirklich guten Humor produziert. Aber dass an diesen ganzen Mannschaften vorbei ging, dass die Millenniumsziele zu einem sehr großen Teil erreicht wurden, ist einfach unvorstellbar. Das Ausmaß von Hunger und Armut wurde tatsächlich in weiten Teilen halbiert, wie man es sich vorgenommen hatte, trotz des anhaltenden Bevölkerungswachstums – davon hat von denen offenbar keiner einen Schimmer mitbekommen. Da muss man ja auch nicht groß recherchieren, das hat man doch schon in der Grundschule gelernt, dass Hunger und Armut immer schneller wachsen. Und da hat der kleine Olli, um in seinem Ton zu bleiben, offenbar gut aufgepasst. Zeitung gelesen hat er seither nicht mehr.

Man darf ja über alles lachen, im Krieg und in der Satire ist eben alles erlaubt. Okay. Aber so wie Welke das ausgewalzt hat, war es in diesem Fall dann doch ein glänzendes Beispiel dafür, wie einfach falsche Selbstverständlichkeiten aufgebaut werden können, wie man auf ausgelutschten Vorurteilen herumreiten kann. In dem Fall ging der Witz ganz klar auf Kosten der Länder, denen er eigentlich einen Gefallen tun wollte. Denn die Erfolge bei den Millenniumszielen gingen zu einem großen Teil auf die Anstrengungen in den betreffenden Ländern zurück. Die Uno ist ja kein Klub der Reichen, da gehören noch ein paar andere Staaten dazu. Nicht überall wurden die Erfolge erzielt, in Asien mehr als in Afrika, aber unterm Strich ist es dann doch ein sehr, sehr schlechter Witz, das Ganze als einen einzigen Misserfolg lächerlich zu machen. Und es zeigt auch wieder, wie paternalistisch der kleine Olli denkt. Wie es den Afrikanern geht, ob schlecht oder gut, da sind immer wir dran Schuld, sonst würde sein Witz ja wohl die falschen getroffen haben, oder, Olli? Letztlich ist es das Niveau von Negerwitzen, die zehn kleinen Negerlein schaffen das doch nicht, das haben wir doch auch gelernt. Auch wenn der Olli sich so was natürlich nie trauen würde.

Doch wenn es nur darum ginge.

Das Beispiel mit den Millenniumszielen ist eben leider auch ein weiteres Beispiel dafür, wie leicht eingängig man durch Satire Vorurteile in den Herzen verfestigen kann. Wer einmal wieder richtig darüber lacht, dass der oder der doch tatsächlich gesagt hat, die grüne Gentechnik sei gar nicht ungesund, haben Sie schon gehört, so ein quatsch, haha, für den steht es eben wieder ein bisschen mehr fest, dass die Gentechnik eben doch tödlich ist, haha, weiß doch jeder. Da muss man dann eben auch nicht mehr groß nachlesen und sich kundig machen, da wäre ja der schöne Witz dahin.

Olli, du warst schon mal besser. Als Propagandaapparat solltest du dich nicht versuchen. Leider war dies in letzter Zeit zu häufig der Fall.

Zuerst erschienen auf Ulli Kulkes Blog Donner & Doria.

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Leserpost

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Renate Simon / 28.09.2015

Ich habe es keine 10 Minuten ausgehalten und dann umgeschaltet. Die Anstalt war letztens auch nicht besser, erst die Nachrichten und dann ging es munter im gleichen Tenor weiter. Das alles hat mit Satire absolut nichts zu tun.

Detlef Dechant / 28.09.2015

Dem Artikel kann ich nur zustimmen! Auch ich habe den Eindruck gewonnen, dass es Oliver Welke nicht nur um Satire geht, sondern um unter dem Deckmantel der Satire versteckte Propaganda bestimmter politischer Kräfte. Satire kann und darf eben nicht alles! Sie darf überzeichnen und kann provozieren, aber sie sollte Tatsachen nicht verdrehen und politisch indoktrinieren. Und hier überspannen - nicht nur Welke, sondern auch andere “Kabarettisten” doch allzu häufig den Bogen!

Ralf Arnemann / 28.09.2015

Die Kritik am Zynismus der Heute Show ist völlig berechtigt. Aber das heißt umgekehrt nicht, daß die “Milleniums-Ziele” nicht lächerlich wären. Denn die Verbesserungen der letzten Jahre wurden ja nicht erreicht, weil die UN irgendwelche Beschlüsse gefaßt hat. Sondern weil die Leute vor Ort selbstverantwortlich daran gearbeitet haben, ihr Leben zu verbessern. Und das werden sie auch weiterhin tun - wenn nicht irgendwelche Diktatoren sie daran hindern. Es wird also nach aller Wahrscheinlichkeit auch 2030 gute Neuigkeiten geben. Aber die werden nichts damit zu tun haben, daß irgendwelche Heuchler sich auf einer großen Konferenz getroffen und “Ziele” verkündet haben.

Peter Hünten / 27.09.2015

Die Heute show ist inzwischen ein unerträgliches, oft unter die Gürtellinie von Personen zielendes Machwerk voller Geschmacklosigkeiten. Schade, sah ganz zu Beginn anders aus.

Stefan Hundhammer / 27.09.2015

Die Heute-Show produziert schon seit geraumer Zeit nur billige Lacher, ohne sich von solchen Banalitäten wie Fakten aufhalten zu lassen. Damit wird mit dem Geld der GEZ-Zwangsgebührenzahler Propaganda gemacht. Oliver Welke ist das beste Beispiel dafür, wie man es sich im kuscheligen Nest der öffentlich-rechtlichen Vollversorgung schön bequem machen kann, sich aber gleichzeitig als Retter der Enterbten aufspielen kann und seine salonlinken Thesen unter dem Mantel der Satire verbreiten kann. Satire darf alles? Na ja, wenn man gleichmäßig in alle Richtungen austeilt, meinetwegen. Aber sicher nicht, wenn man eine klar erkennbare politische Agenda verfolgt. Leider hat sich das bei fast allen Satiresendungen der ZDF-Sender durchgesetzt: Bei der Heute-Show, bei der Anstalt, bei Puffpaff, und wie sie noch alle heißen. Früher habe ich mir diese Sendungen gerne angesehen - mit Urban Priol und Georg Schramm war die Anstalt großartig. Mit der neuen Riege ist sie nur noch linke Propaganda. Schade darum. Mich ärgert nur, daß ich trotzdem die Zwangsgebühren für all das zahlen muß. Reflektiert oder objektiv betrachtet wird da nichts mehr.

Christian Beyer / 27.09.2015

Die Heute Show w a r mal gut, seit einiger Zeit ist das nur noch eine linke Propaganda-Sendung. Ist so ähnlich wie bei Dieter Hildebrand und Urban Priol früher, die waren furzlangweilig, sind aber angestrengt aus der linken Ecke beklatscht worden. Die Heute Show kann man knicken.

Thomas Schade / 27.09.2015

...wenn “wir” an allem Schlechten Schuld sind und “uns” über die von “uns” verursachte Aussichtlosigkeit anderer Menschen lustig machen, lachen “wir” auch darüber, dass “wir” selbst unfähig sind, die Welt zu verbessern.

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