Gleich zwei lästige Fliegen mit einer Klatsche erledigt - Hut ab, Herr Röhl! Der Quatsch mit Soße von Herr Dollase erschien mir schon vor Jahren geeignet, um bei langen Autofahrten die Mitinsassen zu traktieren - wir haben Tränen ob der Menü-Metaphorik des Meisters gelacht. Die kühnen Improvisationen des Herrn Dollase dürfen auf keinen Fall aus dem Programm der guten alten Tante F.A.Z. gestrichen werden. Danke für Ihr Plädoyer! Dass Sie es zudem gewagt haben - wohl als erster - die wahren Verdienste des größten Feuilletonisten aller Zeit(ung)en herauszuarbeiten, das kann nicht genug gepriesen werden. Der schwungvolle Linksruck der unter Schirrmacher durch das einstige Sturmgeschütz des westdeutschen Bürgertums ging, hat die F.A.Z. an Rand des Abgrunds gebracht, vor dem sie inzwischen steht. Dabei fiel mir erst gar nicht auf, dass das Feuilleton gänzlich uneitel vor den Wirtschaftsteil wanderte. Warum aber auch nicht? Schließlich sieht man sich als umfassend urteilsfähiger Intellektueller hierzulande schon einige Jahrzehnte lang im “Spätkapitalismus”. Also kann man auch die Gesellschaftsthemen, ohne die bekanntlich kein Brötchen gebacken und kein Haus gebaut werden könnte, unter Vorwegnahme des Endsiegs über die entfremdete Arbeit einfach vorziehen und sich ganz seinem Vergnügen widmen. Das haben dann unter der wohlwollenden Aufsicht von Papa Schirrmacher alle schrägen Vögel des internationalen Weltbescheidwissertums ausgiebig tun können, die wenig von der Lebenswirklichkeit der Leser verstehen, aber diesen viel Kluges darüber erzählen können. Dietmar Dath verdient in dieser Partisanentruppe allerdings Schonung, nicht weil er ein aufrechter Kommunist ist (was schon wieder Mut erfordert), sondern weil er - wie Dollase - herrlich über Banalstes salbadern kann, etwa über die einzigartige Ästhetik von Computerspielen und die Erkenntnistiefe animierter Hollywoodfilmchen. Allerdings ist er in letzter Zeit nicht mehr ganz so unterhaltsam, will mir scheinen. Eines haben Sie aber sträflich vernachlässigt, Herr Röhl, nämlich einen Verriss des gefühlt mehrwöchigen Seelenamt, das Herr Schirrmacher von seinen Kollegen auf Kosten der Abonnenten in der FAZ spendiert bekam. Erst angesichts der seitenweisen Panegyrik wurde mir klar, dass Schirrmacher nicht nur der größte Intellektuelle seiner Zeit war - was mir bis dahin entgangen war - sondern überdies ein begnadeter Schriftsteller, der kurz davor war, aus Pfeffersack-Metropole am Main am Ende ein zweites Weimar zu machen. Daran war ja sogar Goethe gescheitert! Ja, was hätte alles noch werden können, wenn dem Götterliebling noch ein paar Jahre vergönnt gewesen wären. Man muss unwillkürlich an Mozart und Schubert denken… Doch hach - schon gibt es erste Anzeichen, dass einige verbliebene reaktionäre Kräfte in der FAZ sich ein wenig nach rechts zu rudern trauen. Es gibt sie offenbar noch, die klugen Köpfe und Köpfinnen, die begriffen haben, dass die Zeitung scheitern wird, wenn sie weiterhin den Schirrmacherschen Kurs der Verächtlichmachung des Konservativen und der Lobpreisung linker Übermenschen verfolgt. Hoffen wir, dass nicht bereits zu viele der Leser längst “auf links” gedreht worden sind…
À propos einen vergessen haben: Udo Ulfkotte müsste man noch erwähnen. Er dokumentiert in seinem neuesten Buch, wie sehr die meisten Journalisten eben doch gekaufte Leute sind. Da lobt man sich die Autoren auf achgut, die schreiben noch aus echter innerer Überzeugung.
@William Doba: Was ist falsch an der Ägide?!
Hallo achgut gefällt mir. Neuer Feuilletonchef der FAZ ist benannt, Edo Reents ist es geworden. Ich glaub nicht, dass die Ausrichtung des Feuilletons für Käufer der FAZ in die Bewertung der FAZ einfliesst. Ich finde, so lange auf der ersten Seite der FAZ sich aggressiv-agitatorische Rechte mit Angriffen auf die Moderne in Szene setzen, bei denen sie sich meist wenig um Abwägung bemühen, kriegt man bei der FAZ doch genug Schlagseite für sein Geld. Ägide statt Egide, fiel mir noch auf.
Die FAZ hab’ ich seit Anfang der 90er regelmäßig in der Mitttagspause am Kiosk gekauft, um sie nach dem Essen zum Kaffee zu lesen. War ein richtiges Ritual. Ich habe damit aufgehört, als die “Hummer-Kommunistin” ihre regelmäßigen Auftritte in dem Blatt bekam. Jetzt lese ich nur noch die Online-Ausgabe. Ich finanziere doch nicht mit meinem sauer verdienten Geld die Propaganda von Leuten, die mir selbiges möglichst vollständig abnehmen wollen und mich wahrscheinlich a la DDR ohne viel Federlesens als Staatsfeind im Knast verschimmeln lassen würden, hätten Sie denn die Macht dazu. Ich möchte wetten, dass ich nicht der einzige bin, der so denkt. Und ich möchte wetten, dass der Rückgang der FAZ-Auflage auch damit zu tun hat. Wer braucht in der durchgängig linksverseuchten Medienlandschaft denn neben SZ, Spiegel, Zeit etc.pp. noch ein weiteres linkes Blatt?
Schöne Polemik. Zeigt allerdings auch, dass der Autor vermutlich nicht selbst kocht. Ich schon. Als Autodidakt selbst angeeignet. Und dafür sind Dollases Kochbuchempfehlungen geradezu Gold wert. Wenn man versuchen will, als Privatmann ab und zu mal so nah wie möglich an Hochküche heranzukommen. Z.B. mit Dollases Empfehlung “Thomas Martin. Meine Jacobsleiter” geht das tatsächlich, seine Buchempfehlungen richten sich nämlich stark an Nachkochbarkeit für Amateuere aus. Ich wäre ja (früher war das auch mal eine Tugend) etwas vorsichtiger darin, Kritik dort zu üben, wo ich erkennbar wenig Ahnung habe. Selbst dann, wenn man die nur benutzt, um jemanden nach Ableben vor´s Schienbein zu treten, der den Einfluss hatte, den man selbst nicht erzielen kann. Gruss, Thorsten Haupts
Dankeschön Herr Röhl. Endlich einmal jemand, der mein diffuses, sensorisches Unwohlgefühl in Sachen Dollase adäquat in Worte kleidet. Zu von Paczenskys und sogar zu Siebecks Zeiten goutierte ich die jeweiligen Druckerzeugnisse. Dollase hingegen verschlägt mir die Leselust.
Ich darf berichten, dass der erneute Zugführerstreik in mir erst eine kleine Mattigkeit bewirkte, dann fast ein Frösteln im Nackenbereich, schließlich aber ein vom Bauch her aufsteigendes Wohl- und Wärmegefühl, was sicher damit zusammenhängt, dass ich in diesen Tagen keine Zugreise plane. Die FAZ könnte noch einige Dollases im Feuilleton unterbringen.
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