Trolle und Trollfrauen sind oft schadenbringende Geisterwesen in Riesen- oder Zwergen-Gestalt. Angeblich kommen sie besonders häufig in Island vor. Unsere Zeitschrift Neugier.de, die wir in Island produziert haben, erscheint zur Buchmesse mit einer Ausgabe „Made in Iceland“. Unsere isländischen Freunde, genervt vom Troll-Kult, rangen uns jedoch ein Versprechen ab: Nichts über Trolle! Gemeint waren natürlich isländische Trolle. Wir fanden deshalb einen salomonischen Ausweg: Eine erlesene Kollektion deutscher Trolle. Wir baten Freunde und Autoren der Achse des Guten um kurze Portraits ihrer heimischen Lieblingstrolle. Heute beschreibt Tobias Kaufmann seinen Favoriten:
Hans-Peter Friedrich
Neulich ließ er sich in Holzfällerhemd und grüner Latzhose beim Pflanzen von Apfelbäumen im Park Sanssouci fotografieren. Ohnehin wäre er ja gerne Gärtner, der Hans-Peter Friedrich, unser Innenminister, der sich auf meiner nach oben wie nach unten offenen Trollskala beharrlich aufdrängt. Dafür kann er einerseits nichts, weil ich grundsätzlich finde, dass CSU-Trachtenbayern in einem liberalen Staat nicht Innenminister sein dürfen sollten, und wenn, dann nur in Österreich. Andererseits kann er doch was dafür, weil Hans-Peter Friedrich zwar kein Polterer ist, aber trotzdem noch zu viel Unsinn redet – oder nach dem Reden umständlich erklären muss, dass das, was er gesagt hat, gar nicht so unsinnig gemeint ist wie es klingt. Deshalb sollte er ruhig mehr gärtnern, denn das passt zu Trollen. Die leben bekanntlich auf dem Land, in Höhlen, im Wald. Das heißt: Auf jeden Fall ohne Internet. Ist auch besser so. Denn im Internet sind immer mehr Leute unterwegs, wo sie anonyme Bloggersauce trinken, zu Foren verseuchenden Netztrollen werden, sozial verkrüppeln und sich radikalisieren, bis sie sich am Ende zu ganz anderen Menschen verwandelt haben. Zu Moslems oder zu Terroristen oder zu Kinderschändern oder sogar zu allem gleichzeitig. Nur eins wird man im Internet nicht: ein anständiger Bürger, geschweige denn CSU-Wähler. So verstehe ich jedenfalls Herrn Friedrich. Er gehört damit zu jenen konservativen Politikern, die nach Amokläufen von passionierten Sportschützen am Stammtisch des Schützenvereins im Wahlkreis Computerspieleverbote fordern. Einfach trollig.
Die Vorstellung der Island Ausgabe von Neugier.de ist am kommenden Freitag 14.Oktober in Frankfurt auf dem Pavillon des Ehrengastes Island. Bestellen kann man das neue Heft hier.