Durch die deutsch-tümelnde Brille übern Rücken und die Brust ins Auge: Was für ein verquastes und von Unkenntnis zeugendes Elaborat! Deutscher Rotwein war, abgesehen vom Trollinger, über Jahrzehnte so gut wie nicht existent, deutsche Rote wurden z.B. in Mainfranken und an der Ahr erst seit den 90ern von jungen Winzern so ausgebaut, dass sie dem Zeitgenossen schmecken können. Heute sind sie preislich sehr gehoben und damit in einer Liga, wo man sich ohne Vaterlandsverrat fragen darf, ob ein französischer Languedoc oder ein Supertoskaner für 15 Euro die Flasche nicht die bessere Wahl sind. Wenn Sie der Toskana-Fraktion einen auswischen wollen, suchen Sie sich ein anderes Terrain, als deren Vorliebe für ausländische Rotweine. Da bewies sie nämlich Kennerschaft. Was deutschen Weißwein angeht, hat der Riesling eine “U” beschrieben: Vom weltweiten Spitzenprodukt im Kaiserreich (feinherb, bzw. als Spätlese-Dessertwein, der damaligen Mode entsprechend) über die zum Teil kriegsbedingte Vernachlässigung und Vergessenheit und durch falsche Anreize (Helmut Kohl kannte sich da gut aus und betrieb als rheinland-Pfälzischer Ministerpräsident die EU-mäßige Absicherung des Weinmarkt mit Verve) geschaffene Massenware hin zum neuen Star am Winzerhimmel. Dies etwa ebenfalls seit Mitte der 90er. Ich kenne keinen deutschen Weintrinker, der heute nicht mitgekriegt hätte, dass unser Weißwein allererste Wahl sein kann. Übrigens nicht nur der Riesling, sondern auch die Silvaner aus Franken oder wieder der Ahrwein. Inzwischen ist es Standard, dass französische und italienische Gourmet-Restaurants deutsche Weine führen und diese auch offensiv anbieten. Die Autorin sollte ihr krampfhaft anti-linkes Weltbild nicht über unschuldige Lebensmittel exerzieren, von denen sie keine Ahnung hat. Damit wäre allen geholfen.
Liebe Frau Stephan, Ihre Kolumne wieder ein Genuß, aber an einer Stelle Widerspruch: Der Grünberger Wein kommt doch nicht aus dem “ehemaligen Schlesien”. Sie haben doch schonmal über Grünberg geschrieben. Alles richtig. Es gibt dort die “deutsch sprechenden” Steine - also einen Geist und eine Geschichte, die in den Dingen und Orten drin steckt. Und es gibt Leute, die dies aufgreifen und heute einen “wino zielonogórskie” keltern. Weil sich vor ~70 Jahren eine Katastrophe ereignete und die Verhältnisse sich änderten, ist Schlesien doch nicht von der Landkarte verschwunden. Schlesien (also der preußische Teil, incl. Glatz….) wurde polnisch. Die neuen Machthaber machten zwar zunächst allerlei Verrenkungen, um alles Deutsche als temporär darzustellen. Gerade weil man “Schlesien” als Realität, als Kontinuität ansah - die eben polnisch sein sollte. Die “Sprache der Steine” versuchte man zu unterdrücken - und heute tut man das eben im Wesentlichen nicht mehr. “Schlesien” war nie tot - und seit ‘89 wird es immer lebendiger. Schade, daß die Toskana-Fraktion mit dem Osten so wenig anfangen kann. Aber die Jüngeren können das ja besser machen.
Deutsche Weine, deutsches Brot (Brezel ausgenommen)? Nein, danke! Dafür schmeckt die deutsche Bratwurst und das deutsche Bier sehr gut! Ich war bei der Weinlese in Rheingau zweimal dabei, ich gebe zu, vor 30 Jahren und bei schlechtem Wetter: Die Traube war unansehnlich und die Weinprobe eine Enttäuschung. Seit dem meide ich deutsche Weinberge und zu Hause gibt es nur italienische Weine ab 13,5% (Amarone z.B.) und durchgebackenes Weißbrot.
So ein schönes Statement wünscht frau sich jetzt noch zu Käse aus deutschen Landen, als da z.B. wären Burlander, Müritzer oder Rügener Badejunge :-)
Was ein Quatsch! Bevor Sie so ein Blödsin wie “Sie lassen sich keiner EU-Norm unterwerfen…” schreiben, lesen Sie mal lieber die 53 Paragrafen des Deutschen Weingesetzes, dann wissen Sie, wie grauenhaft antiliberal der Weinanbau in Deutschland geregelt ist. http://www.gesetze-im-internet.de/weing_1994/index.html Glauben Sie denn ernsthaft, dass irgendeine exportorientierte Branche (aber nicht nur die) sich “keiner EU-Norm unterwerfen” müsste?
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