Die Titelgeschichte des Spiegel vom heutigen Montag handelt von der NPD. Der Spiegel ist ein Nachrichtenmagazin. Der Unterschied zur Nachrichtenagentur besteht wohl auch darin, dass das Magazin dazu da ist, die Nachricht zu dramatisieren.
Ob die NPD eine Titelgeschichte wert ist, bleibt Sache des Magazins. Jedenfalls ist diese Partei nicht gefährlicher, als sie es immer schon war und - auch das wäre dazu zu sagen- sie ist nicht erfolgreicher als bisher, sie ist erfolglos.
Einer der Aspekte, die uns von anderen europäischen Ländern unterscheiden, ist nicht zuletzt der, dass der Rechtsextremismus, der politisch organisierte, bei Wahlen in Deutschland eine marginale Rolle spielt. Unsere Gesellschaft zeigt kaum Interesse am Extremismus. An dieser guten Eigenschaft ändert auch die Existenz von drei mutmaßlichen Mördern in Zwickau nichts.
Das alles bedürfte keines Kommentars, wenn in dem Blatt nicht eine großformatige Rezension zu dem neuen Buch von Christian Kracht „Imperium“ stehen würde. Das Buch ist noch nicht erschienen, es wird in einer höchst fragwürdigen Weise als rechtslastig denunziert. Georg Diez, der Rezensent, haut drauf, was das Zeug hält. Seine Argumentation aber beruht weitgehend auf Zitaten aus einem ganz anderen Buch, das angeblich in einem Kleinverlag publiziert wurde.
Diez gehört wohl zu jenen, die sich neuerdings wieder gerne als links bezeichnen. Rechts war immer schon ein Vergehen, es galt zumindest im Kulturbetrieb als Delikt. Links hingegen war früher der Ort, wo das Herz ist, und später ein ausgemachtes Label, das man stolz durch die Salons zu tragen pflegte.
Mit der so genannten Krise des Kapitalismus ist das Label wieder da. Die angeblich prioritäre Gerechtigkeit hat sich ein weiteres Mal vor der Wahrheit platziert, und ihre Prediger und Clacqeure machen es sich ein weiteres Mal einfach. Für die, die es immer noch nicht wissen sollten: Slavoj Zizek ist nicht Karl Marx und Karl Marx war nicht Slavoj Zizek.
Georg Diez aber scheint Alexander Abusch, stalinistischer Chefkritiker, sein zu wollen. Sein Text über Kracht hätte auch 1953 im „Neuen Deutschland“ erscheinen können. Der Unterschied: Damals wäre Kracht wahrscheinlich Opfer eines stalinistischen Prozesses geworden, an diesem Montag aber sind die Vorbestellungen seines Buches bei den Internethändlern rasant gestiegen. Wir gönnen Kracht diesen Sieg und Diez die Niederlage.
Im Übrigen werden Kracht (von Diez) auch Sympathien für Nordkorea nachgesagt. Vielleicht sollten sich Autor und Rezensent in aller Ruhe mal über diesen Gegenstand unterhalten. Vielleicht finden sie ja den sprichwörtlichen gemeinsamen Nenner zwischen rechts und links, bekannt auch unter dem Namen Luise Rinser. Damit aber zurück zur Mitte, lieber Leser!