Dirk Maxeiner / 21.04.2019 / 06:29 / Foto: Guy Courtois / 62 / Seite ausdrucken

Der Sonntagsfahrer: Menschen mit Eiern

Für den heutigen Ostersonntag hatte ich eigentlich eine Würdigung des Hasen vorgesehen. Im Rennstall der Natur gilt er nicht nur als schnell, sondern auch als extrem wendig. Sein Problem ist lediglich, dass er niemandem hinterherläuft, um ihn zu erledigen, wie etwa der Gepard, sondern dass er stets vor jemandem wegläuft, um nicht erledigt zu werden. Der Hase gilt durch sein schnelles Davonlaufen als Sinnbild der Ängstlichkeit und Feigheit, eben als Angsthase oder Hasenfuß. Der Feldhase mag in Deutschland bedroht sein, um den Angsthasen muss man sich keine Sorgen machen, er vermehrt sich explosionsartig. Besonders der auf zwei Beinen. 

Die Angstschwelle in Deutschland befindet sich mittlerweile auf der Höhe von Death Valley (und das liegt unter dem Meeresspiegel). Beispielsweise wenn es darum geht, eine nicht ganz kompatible Meinung offen kund zu tun – weshalb viele es sein lassen. Falsch singen reicht aber auch schon für Schweißperlen, etwa wenn man wie Reinhold Beckmann auf der Geburtstagsparty eines Freundes ein Ständchen bringt und danach wegen anderer Geburtstagsgäste rechter Umtriebe bezichtigt wird. Ich hätte erwartet, dass Beckmann kühl mitteilt: „Es geht euch einen Scheiß an, wem ich ein Geburtstagslied singe“. Das tat er aber nicht, sondern gewann den Wettbewerb „Germanys next Hasenfuß“ indem er bedauerte: „Ich hätte da nicht hingehen sollen“. 

Nun ist Ostern das Fest der Freude und des Friedens, des Mutes und der Liebe. Kein Termin also um sich an Überschall-Opportunisten abzuarbeiten. Da ist es doch viel ermutigender, mal nach Menschen Ausschau zu halten, die Mut beweisen oder, wie man auf Neudeutsch sagt, „Eier haben“. 

Spontan fällt mir da Vera Lengsfeld ein, die auf einer Veranstaltung von einem männlichen Antifa-Schneeflöckchen als „Nazischlampe“ tituliert wurde. Als er das auf Nachfrage wiederholte, scheuerte Frau Lengsfeld ihm kurzerhand eine, und zwar ohne vorher ihren Anwalt zu konsultieren, der ihr ohnehin nur abgeraten hätte. Frau Lengsfeld handelte übrigens strikt nach der Vorgabe einer Seite für „Sozial PR“, die Lebenshilfe unter dem Motto bietet: „Das bin ich mir wert – 60 Sekunden für ein besseres Selbstwertgefühl.“ Ich persönlich bedauere den Einsatz von Gewalt, noch mehr bedauere ich allerdings, nicht dabei gewesen zu sein. 

Nun ist Frau Lengsfeld Achse-Autorin und ich bin befangen. Achse-Autoren müssen deshalb aus meiner kleinen österlichen Mutmacherliste draußen bleiben, was eigentlich schade ist, da wären noch ein paar Kandidaten. Meine Aufzählung ist weder repräsentativ noch vollständig, sondern eine kleine, spontane Zufallsauswahl, die nach Ergänzung durch den Leser ruft. Auf dass es eine bunte österliche Gesellschaft werde.

Richard Grenell

„Eier haben“ heißt in den USA, wo ja alles etwas größer ist, übrigens „to have balls“. Und damit wäre ich bei Richard Grenell, dem amerikanischen Botschafter in Berlin, der zwar ein Feingeist ist, aber vor nix Angst hat. So richtete er den Taschenspielern im Berliner Regierungsviertel aus, was die Amerikaner unter fair play verstehen: Wenn ihr unbedingt mit den Mullahs Geschäfte machen wollt, dann müsst ihr damit leben, dass wir keine Geschäfte mit euch machen wollen. Das Prinzip leuchtet unmittelbar ein, nur nicht in Berlin. 

Und so mobbt das politisch-mediale Soziotop der Hauptstadt den Überbringer der unerwünschten Botschaft. Grenell sei ein „Undiplomat“ und „isoliert“, heißen die freundlicheren Beschreibungen. Wolfgang Kubicki will ihn aus Gründen der „Selbstachtung“ am liebsten gleich ausweisen. Was sie Richard Grenell in Wahrheit übelnehmen: Er führt ihnen vor Augen, dass man das Richtige beziehungsweise das, wovon man überzeugt ist, mutig und standhaft vertreten kann. Kurz: Er blamiert die deutsche Politik.

Grenell feiert in ein paar Tagen vergnügt sein einjähriges Jubiläum als US-Botschafter in Deutschland. Aus Gründen des Entertainments und meines seelischen Gleichgewichts wünsche ich dem Mann mit der Nadel noch viele weitere Jahre im Lande der bunten Luftballons. 

Vida Movahed

Die Iranerin Vida Movahed wurde als „Mädchen von der Enghelab-Straße“ berühmt. Vida Movahed hängte ihr Kopftuch – wie viele andere iranische Frauen – erhobenen Hauptes an einen Baum auf einer viel befahrenen Straße. Und dafür wurde sie gerade zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Von einem System, mit dem die Bundesregieung unbedingt weiter Geschäfte machen will. Und dessen Todesrichter hierzulande gesundgepflegt werden. Und dem unser Bundespräsident zum 40. Jahrestag der Rückkehr in die religiöse Steinzeit gratulierte. Sie alle beschämt eine zierliche junge Frau in Teheran, die Eier in der Hose und eine Idee von Freiheit hat.

Stefan Kretzschmar 

Dem Handballer Stefan Kretzschmar ist ein echter Coup gelungen. Er sagte in einem Interview: Wer sich in Bezug auf bestimmte Themen als Profisportler kritisch äußere, hätte mit Repressalien zu rechnen. Er müsse nicht nur befürchten, massiv öffentlich angegangen zu werden, sondern auch Werbe- und Sponsorenverträge zu verlieren. Daraufhin herrschte bei den Gesinnungswächtern Großalarm und Kretzschmar wurde massiv öffentlich angegangen und hatte mit Repressalien zu rechnen. Quod erat demonstrandum.

Luisa I.

Nahöstliche Missverständnisse über die Rolle der Frau klärte die Schweizerin Luisa I, Wintersport-Athletin und als Touristin zu Gast auf  einer Wiener Silvester-Meile. Als sie dort von einem Afghanen unsittlich berührt wurde, handelte sie das Zusammenleben kurzerhand neu aus und demolierte ihm mit einem Faustschlag das Nasenbein. Das war im Interesse des Gemeinwohls, weil diese Methode dem Nachhilfebedürftigen einen zeitlich unmittelbaren Zusammenhang zwischen Tat und Strafe vermittelte, was unter Bewährungshelfern als pädagogisch besonders wertvoll gilt. 

Hans-Georg Maaßen

Der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident hatte die Eier zu sagen, dass eine Hetzjagd in Chemnitz, die nicht stattgefunden hat, nicht stattgefunden hat. Nun hatte aber die Kanzlerin dekretiert, dass diese stattgefunden hat, woraufhin mit Repressalien gerechnet werden musste (siehe Kretzschmar). Maaßen sprach dazu den güldenen Satz: „Das deutsche Beamtenrecht sieht nicht vor, dass Beamten politische Kastraten sind.“ Der Mann hat das mit den Eiern tatsächlich wörtlich genommen.

true fruits

Schwer beeindruckt hat mich auch der Smoothie-Hersteller true fruits, dem aufgrund seiner – nun sagen wir mal offensiven Werbung – von sich reden machte. Besonderen Anstoß erregte eine schwarze Smoothie-Flasche mit dem Slogan „Schafft es selten über die Grenze“. Auch ein Produkt mit der Botschaft „Abgefüllt und mitgenommen“ brachte die Anstandstanten aller Geschlechtsvariationen mächtig auf die Palme. Sofort stand das übliche Boykott-Gedöns im Raum. Da wurden die Smoothies steinhart und sandten die folgende Botschaft an die Saftpresse:

„Liebe Freunde, liebe vermeintlich Diskriminierte, liebe Dumme,...wir leben doch in einer freien, fröhlichen Konsumwelt, niemand zwingt Euch unseren Kram zu kaufen oder unseren Unterhaltungskanälen zu folgen. Euer Puls wird es Euch danken und wir haben unsere Ruhe. Karma tut ihr übriges und alles wird gut. Namaste, ihr süßen Pissnelken*.“ 

true fruits hat Eier, obwohl es gar kein Eierlikör im Programm hat.

Ein Elternpaar aus Schleswig-Holsten

Die beiden fanden einen Moscheebesuch, an dem ihr schulpflichtiger Sohn im Rahmen des Erdkunde-Unterrichts teilnehmen sollte, als Indoktrination. Es handele sich um Religionsunterricht, da die Familie konfessionslos sei, müsse ihr Sohn nicht daran teilnehmen. Der Fall landete schließlich vor dem Kadi und prompt wurde das Paar wegen des Fernbleibens des Sprosses zu 50 Euro Strafe verurteilt. Dies ist insofern für die Allgemeinheit hilfreich, als nun jedermann weiß, dass Schulschwänzen nicht gleich Schulschwänzen ist. Moschee-Schwänzen kostet 50 Euro, Klima-Schwänzen bringt Fleißpunkte vom Bundespräsidenten und der Kanzlerin. Und der Moschee-Schwänzer erhielt eine wertvolle Lektion für das Leben: Es war schon immer etwas teurer, eine eigene Meinung zu haben.

Dieter Köhler

Als im vergangenen Jahr um diese Zeit die große Diesel-Vernichtungsfeier ihrem Höhepunkt zustrebte, wagte es Dieter Köhler, ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, den Partypupser zu spielen. Zusammen mit 100 Kollegen wies er darauf hin, dass die Gesundheitsrisiken durch Stickstoffdioxide maßlos übertrieben seien (dass er selbst einen Rechenfehler machte, ändert an dieser Tatsache gar nichts. Köhler gestand den Fehler überdies ein, wozu noch einmal Eier gehören). Der Mann stach beherzt in ein Wespennest und führte vor, dass ein verantwortlicher Wissenschaftler nicht nur vor Gefahren, sondern auch vor unverantwortlicher Panikmache warnen sollte. 

Joachim Schröder und Sophie Hafner

Die Münchner Filmschaffenden produzierten für Arte und den WDR die Dokumentation „Auserwählt und ausgegrenzt – der Hass auf Juden in Europa“. Die legte  den Schwerpunkt nicht auf tote Juden, sondern auf lebende, man beschränkte sich nicht auf Antisemitismus von rechts, sondern lieferte all inclusive, das heißt mit linkem und islamischen Antisemitismus. Als „einseitig“ und zu „israelfreundlich" sollte das Werk im Giftschrank verschwinden. Das Team ging an die Öffentlichkeit und erzwang die Sendung des Streifens, wenn auch verstümmelt. So wurde aus einem Aufklärungsfilm über Antisemitismus ein Aufklärungsfilm über die ideologische Verbohrtheit der öffentlich-rechtlichen Medien. Das gibt zwar keine goldene Kamera, aber zwei goldene Eier im Glas. Gratulation an Joachim Schröder und Sophie Hafner!

Sonja James

Die Sängerin Sonja James nahm mit ihrem „The Workers Song – Medif*ck"  die Bullshit-Rituale in den Führungsetagen unserer Wirtschaftsgrößen aufs Korn: „Just forget to have your own opinion...yes we are all medif*cked again...“. Das war ihrem Arbeitgeber – einem Unternehmen im Bereich der Medizinindustrie – zu viel, denn er war der Meinung, er werde mit diesen Zeilen irgendwie verleumdet. Sonja wurde prompt gefeuert, womit man den Beweis antrat, dass man irgendwie doch nicht verleumdet wurde. Sonja James wird es mit ihrem Lied wohl kaum zur deutschen Vertreterin beim Eurovision Song Contest bringen, zwei goldene Achse-Eier sind ihr aber sicher.

Ich wünsche Ihnen frohe Ostern und viel Eier für die Zukunft! Haben Sie Mut, denn ich darf Ihnen versichern: Wer in diesem Land Eier hat, der hat das Überraschungsmoment komplett auf seiner Seite.

Von Dirk Maxeiner ist  in der Achgut-Edition erschienen: „Hilfe, mein Hund überholt mich rechts. Bekenntnisse eines Sonntagsfahrers.“ Ideal für Schwarze, Weiße, Rote, Grüne, Gelbe, Blaue, sämtliche Geschlechtsidentitäten sowie Hundebesitzer und Katzenliebhaber, als Zündkerze für jeden Anlass(er) Portofrei zu beziehen hier.

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Rolf Lindner / 21.04.2019

Ich denke dabei an Sabatina James, die Muslimin, die zum Christentum konvertiert ist, dafür mit dem Tod bedroht wird und mit ihrer spendenfinanzierten Organisation vom Islam verfolgte Christen unterstützt. Soviel, wie ich vermute, ist auf das entsprechende Spendenkonto noch keine Zuwendung von Kardinal Marx, vom Ratsvorsitzenden der EKD oder vom Vatikan gebucht worden.

Christa Ludwig / 21.04.2019

” Wer wagt es, sich den donnernden Zügen entgegenzustellen?   Die kleinen Blumen zwischen den Eisenbahnschwellen.”  Erich Kästner Alle, die genannt wurden, und noch viele, viele mehr sind es, die ich bewundere und die uns Mut machen. Gerade heute, an Ostern, dürfen wir erfahren, daß die Blümchen nicht untergeh’n, sondern immer wieder von neuem nachwachsen. Welch tröstlicher Gedanke.

Karsten Dörre / 21.04.2019

“Moschee-Schwänzen”. Dieser Moschee-Besuch war Teil des Geographieunterrichtes in der 7.Klasse. Vermutlich ging es in der Verhandlung nie um das Verhältnis, was eine Moschee mit Geographie zu tun habe. Vermutlich ging es um regionale Geographie mit typischen Merkmalen in der Straße der Schule. Ob muslimischen Eltern Ähnliches zugemutet wird, ihre Kinder im Rahmen des Sport- oder Chemieunterrichtes (irgendein alberner Bezug wird sich bestimmt finden) eine katholische Kirche betreten zu müssen?

Sanne Weisner / 21.04.2019

Wer hätte schon gedacht, dass das Deutsche Wesen an dem die Welt verwesen soll(te), eigentlich die FEIGHEIT war und ist. So geht gelebter Geschichtsunterricht.

Gabriele Kremmel / 21.04.2019

@ Werner Brunner: “Mit diesem Gelaber wird in diesem Land nichts verändert” - Oh doch: Die Achgut-Leser hatten heute eine heitere Morgenlektüre und einen humorvollen Tagesbeginn. Das ist doch was.

E Ekat / 21.04.2019

Das ist das Schlimmste: man verliert seine Selbstachtung.  Ich habe den Spiegel schon länger abgehängt. Ohne jetzt billige Entschuldigungen zu suchen: man lernt unendlich viel über unsere eigene Vergangenheit hinzu Wie eine ganze Gesellschaft entführt werden konnte und erneut entführt wird.

Siegfried Etzkorn / 21.04.2019

Vieles mag richtig sein in diesem Artikel. Das besatzerhafte Gehabe von Richard Grenell wird jedoch falsch bewertet. Nicht umsonst bedeutet „diplomatische Ausdrucksweise“, Themen anzudeuten, die der Gegenüber gerne gesichtswahrend umsetzen möge. Dieses Talent (neben vielen oder gar allen anderen) fehlt Grenell völlig. Die USA mögen Sanktionen gegen Länder verhängen, die Handel mit ihnen missliebigen Partnern betreiben.  Aber sie sollten nicht versuchen, ihre Partner zu erpressen; und schon garnicht mit dem kolonialistischen Tonfall von Herrn Grenell.  Er ist Botschafter, nicht Gouverneur. Er gehört einbestellt und in seine Schranken gewiesen.

Sandie Nieburg / 21.04.2019

Klasse Artikel, allerdings ist zu Stefan Kretschmar anzumerken, daß dieser ziemlich offenkundig einknickte… erst monierte er insbesondere, daß man sich nur noch frei äußern könnte, wenn man im Mainstream mitschwimmt und Dinge äußert wie : Refugee welcome ” als es daraufhin Kritik hagelte, zog er auf einmal das vermeintliche ” Beispiel” des Spitzensporlets Tony Kroos hervor, der nachdem er “Danke, Angie”  gewittert hatte, einen Shitstorm über sich ergehen lassen musste…  

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