Beim Blick auf die Badezimmerwaage tröste ich mich immer mit Vergleichen. Dank der deutschen Qualitätspresse weiß ich beispielsweise, dass Donald Trump 110 Kilo plus wiegt, es ist also noch Platz nach oben. Ein ausgewachsener Gorilla bringt sogar etwa 150 Kilo auf die Waage, dem kneift sogar die Jogginghose. Ausgewachsene Elefanten sind zwischen 3.000 und 6.000 Kilo schwer, das ist fast so viel, wie ein kleiner Tyrannosaurus mit sich herumschleppte. Und damit komme ich endlich zu meinem eigentlichen Thema: der sogenannten Elektromobilität.
Audi hat soeben das neueste elektrische Wunder der Automobil-Technik vorgestellt, den Audi e-tron. Er soll alles besser als ein Tesla können und ist schon für schlappe 79.900 Euro (zuzüglich Überführung mit einem Diesel-LKW) zu haben. Mit Passagieren und Gepäck ist der e-tron so schwer wie eine trächtige Elefantenkuh (über 3.000 Kilo), kann allerdings nicht an jedem Baum auftanken. Allein die Batterie ist mit rund 700 Kilo fast so schwer wie ein kompletter VW-Golf der ersten Serie (ab 1974). So etwas nenne ich Fortschritt! Der neue Audi fährt einen „Tank“ spazieren, der so viel wiegt wie ein vollwertiges Auto vor 45 Jahren.
Der Tank des Golf I (40 Liter Volumen) wog mit Inhalt schätzungsweise 60 Kilo, je nach Motorisierung kam man damit aber locker doppelt so weit (Golf I-Diesel) wie mit dem Audi von heute. Ansonsten konnte der erste Golf genauso viel Passagiere wie die Elefantenkuh aus Ingolstadt transportieren. Der Audi wiegt laut Autobild sogar mehr als ein 7,50 Meter langes „Hymer Exis-Wohnmobil“, das als Alternative zu einer nicht vorhandenen Berliner Zweiraum-Wohnung taugt.
"Erleben Sie ein neues Level an Elektromobilität", bewirbt Audi seinen adipösen Lastwagen, "der den Fahrer in ein neues Zeitalter katapultiert." Wie das aussieht beschreibt ein Tester von Autobild unter anderem so: "Über Nacht 50 km Reichweite zu Hause am Stecker geholt. Dann Freizeitparkausflug am Sonntag, 120 km futsch, aber Fahrspaß. Gerade so aufladen bis Montagmorgen geschafft, mit 12 km Rest-Akku in Hamburg angekommen. 1. Fazit: Traumauto, aber am Ende musste ich 90 km/h fahren mit einem 80.000-Euro-Goldstück." Mit Rücksicht auf den Anzeigenkunden will er damit wohl sagen: So ab 250 zurückgelegten Kilometern fühlt man sich im Audi als Pilot eines Lastenseglers der nervös nach einer Landebahn Ausschau hält.
Das Gehirn durch einen Lithium-Ionen-Akku ersetzt
Erinnert sich noch jemand an die vielgepriesene „Effizienz-Revolution“? Intelligenz und Know-how sollten künftig Ressourcen ersetzen. Die Edel-Ökos Amory/Hunter Lovins und Ernst Ulrich von Weizsäcker formulierten vor 20 Jahren die These vom „Faktor 4: Doppelter Wohlstand. Halbierter Verbrauch“. Daraus wurde jetzt: „Faktor 10: Fünfaches Gewicht, halbierte Reichweite“.
Ich gratuliere zu diesem bahnbrechenden Erfolg! Und das ist erst der Anfang einer Politik, die das Gehirn durch einen Lithium-Ionen-Akku ersetzt hat. Bis 2030 sind laut Verkehrsminister Andreas Scheuer zehn Millionen Elektroautos notwendig, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Die Frage angesichts der unheimlichen Elefantenvermehrung lautet jetzt lediglich, ob zuerst die Erdkruste zusammenbricht oder das Strom-Netz.
Es weiß natürlich jeder in der Automobilindustrie, wie bekloppt das alles ist. Das Elektroauto gilt unter den Ingenieuren als so eine Art Perpetuum Mobile des Wunschdenkens, allerdings ohne Perpetuum. Das hindert die Branche aber nicht daran mitzumachen. „If you can‘t beat them, join them“ sagt der Engländer. Man versprach ja auch, unerreichbare Abgas-Grenzwerte einzuhalten. Allerdings wird diesmal keine Bescheiß-Software eingesetzt. So etwas brauchen wir nicht mehr. Wir haben eine neue Generation des Fortschritts, die funktioniert mit einer inneren Selbstbescheiß-Software. Sie wurde in der Planwirtschaft erfolgreich getestet, zuletzt in Venezuela.
Wie beim Bescheißen liegt der Volkswagen-Konzern auch beim Selbst-Bescheißen ganz vorne. So will der neue Volkswagenchef Herbert Diess bis 2030 etwa 40 Prozent der Fahrzeuge mit Elektroantrieb verkaufen. Richten soll es der Staat mit Zuckerbrot und Peitsche, sprich mit Subventionen und Verboten. Diess schwebt so eine Art Baugeld für Elektro-Immobilien vor. Die Reichweite dieser Firmenpolitik dürfte aber immerhin bis zur Pension des großen Vorsitzenden Diess (60) reichen. Danach ist es eh egal und der Mann geht zum Nachladen auf den Golfplatz.
Lediglich ein wenig in der Geografie verirrt
Bei Volkswagen, dessen Führungsetage sich traditionell als Staat im Staate sieht, sitzt ja ohnehin schon das Land Niedersachsen im Aufsichtsrat. Das führte bereits zu dem delikaten Umstand, dass man sich eine Milliarde Diesel-Strafzahlungen selbst überwies. Diese Form von gedeihlichem Geben und Nehmen soll nicht von irgendwelchen Defätisten gestört werden. „Im eigenen Hause schart Diess zunehmend Manager seines Vertrauens um sich“, schreibt die FAZ vom vergangenen Freitag, „die Kultur des Widerspruchs, mit der VW den Diesel-Skandal und die Ära Winterkorn hinter sich lassen wollte, scheint nicht zu seinen wichtigsten Zielen zu gehören“. Will sagen: Es wird weiter genickt in Wolfsburg. Der Wackeldackel sitzt bei VW nicht nur auf der Hutablage, sondern vermehrt sich in den Führungsetagen.
Der Chef geht mit gutem Beispiel voran und macht aus Volkswagen so eine Art Lieferando des grünen Zeitgeistes. Sogar gretamäßig ist er gut aufgestellt. Via Linked-in ließ er wissen: „Persönlich und als CEO von Volkswagen AG habe ich viel Verständnis und Sympathie für streikende Schülerinnen und Schüler, die Angst um unseren Planeten haben. Sie sind unzufrieden mit uns, mit der Politik und den Unternehmen. Wir müssen die richtigen Antworten finden, das sind wir unseren Kindern und den kommenden Generationen schuldig. Volkswagen und ich leisten unseren Beitrag! #FridaysForFuture“.
Und die Antwort heißt: #ElephantsForFuture!
Dass der Herbert es gretamäßig voll drauf hat, wird die Angie und den Steini aber freuen. Und wie der Herr, so das Gescherr. Hiltrud Werner, im VW-Vorstand für „Recht und Integrität“ (echt jetzt) zuständig, fühlt sich gar zum Wahlkämpfer in Ostdeutschland berufen und warnt pflichtschuldigst vor der AfD: „Es wäre schrecklich, wenn die Menschen die Wahlen 2019 nur nutzen, um der Regierung eins auszuwischen.“ Oder gar sich dem Zwang zur Elektro-Immobilität zu entziehen, respektive die Subventionen für Volkswagen zu gefährden.
Vom Vorstand eines Konzerns, der in China 20 Fabriken unterhält, ist dieses Eintreten für Recht und Integrität wirklich mutig. Frau Werner hat sich lediglich ein wenig in der Geografie verlaufen. Ansonsten beklagt die Frau nicht ganz zu unrecht: „Die Jahre nach der Wiedervereinigung waren eine systematische Deindustrialisierung der DDR“. Da bleibt die rätselhafte Frage, warum man das jetzt auch im Westen nachholen will.
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