Wolfgang Röhl / 16.09.2016 / 18:00 / Foto: Pets Adviser / 8 / Seite ausdrucken

Der Preis ist scheiß

Soso, die AfD hat einen Preis ausgelobt. Den sollen Medien kriegen, die sich besonders schofel aufführen. Schofel gegenüber der AfD, versteht sich. Der Titel ist eine Referenz an „Sudel-Ede“, ein Urgestein der real existent gewesenen Lügenpresse. Karl-Eduard von Schnitzler war Chefkommentator des DDR-Fernsehens und wurde berühmt durch seine Sendung „Der schwarze Kanal“, wo gelegentlich noch dreister gelogen wurde als in Claus Klebers „Heute-Journal“.

Karl-Eduard von Schnitzler-Preis“ also. Pfiffig, nicht? Nee, bloß piefig. Negativ-Preise sind was für Leute mit Ärmelschonerträgerhumor. Dauerbeleidigte Emanzen verleihen sie für „frauenfeindliche Fernsehbeiträge“ („Saure Gurke“), frustrierte Journos für „Auskunftsverweigerer in Politik und Wirtschaft („Verschlossene Auster“). Selbstredend nimmt niemand Negativ-Preise entgegen, und es interessiert sich so gut wie kein Schwein dafür. Wer alt und abgekaut aussehen möchte, der vergibt einen Negativ-Preis. Die Nummer hat ein Gerüchle.

Mal abgesehen vom Image, ist der Lügenpresse-Award auch ansonsten kontraproduktiv. Jeder Versuch, von der Presse mehr Fairness einzufordern, kann der Partei nur schaden. Offenbar hat man in deren Führungsriegen bis heute gar nicht begriffen, woher der fulminante Auftrieb kommt. Nämlich zu einem hübschen Teil vom hysterischen Dauerfeuer, mit dem große Teile der Medien die Partei eindecken. Die wie konzertiert wirkende Kampagne des Mainstreamjournalismus ist das Schönste, was der AfD passieren konnte. Jede abermillionste Ereiferung über das schändliche Treiben der „Rechtspopulisten“ und ihre „rassistischen Umtriebe“ führt der Partei zuverlässig Wähler zu. Was sonst sollte die motivieren? Die mürrische Visage von Gauland oder das schnippische Mündchenspiel von Petry sicher nicht.

Den endgültigen Hau erhielt die Wahrheitspresse nach der Kölner Domplatte

Schwer einzuschätzen, wie viele es wirklich sind, die sich von den Alt-Medien nachhaltig verabschiedet haben. Nach neuen Umfragen ist der Anteil derer, die der Presse misstrauen, innerhalb der letzten beiden Jahre von 45 auf 49 Prozent gestiegen. Erstaunlicherweise ist der Argwohn in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen am größten. Wenn das belastbare Fakten sind, dann besitzt die AfD eine Bank. Sie muss nur sicherstellen, dass der stalinorgelhafte Beschuss der Medien anhält. Notfalls muss sie selber Munition ranschaffen.

Das Misstrauen gegen die veröffentlichte Meinung zieht sich entlang einer veritablen Querfront, von ganz links bis stramm rechts. Es ist definitiv nicht allein das Ergebnis der Migrantenkrise. Schon die naive Begeisterung deutscher Medienschaffender über den „Arabischen Frühling“ Ende 2010 –  nur wenige Journalisten hatten damals die verheerenden Folgen von Anarchie und Destabilisierung in einer Fanatikerregion vorausgesagt – kam bei vielen Lesern und Zuschauern nicht so gut an. Die Darstellung der Ereignisse auf dem Maidan im September 2013 und beim Ukraine-Konflikt ein halbes Jahr später empfanden ebenfalls tausende von Zuschauern – besonders die von ARD und ZDF - als grob tendenziös. Den endgültigen Hau erhielt die Wahrheitspresse nach der Silvesterparty an der Kölner Domplatte.

Mittlerweile kauft ein wachsender Teil der Bevölkerung den Medien allenfalls noch Datum, Wettervorhersage und Lottozahlen ab. Was die Meinungsheroen plattschreiben möchten, geht für ihre Verächter sehr in Ordnung. Jede neue Welle der Anti-AfD-Kampagne ist folgerichtig Gold für die Partei. Erkannt hat das der Schriftsteller und Journalist Michael Klonovsky, als langjähriger „Focus“-Redakteur mit Medien und Politik vertraut und überhaupt viel heller als die meisten AfD-Gestalten.

Klonovsky fungiert gegenwärtig als eine Art Spin Doc von Frauke Petry . Manchmal fühlt er sich unterbeschäftigt. Als er jüngst mal wieder eine Philippika gegen die AfD auf „Spiegel online“ las (O-Ton: „Ich glaube, man muss auch einmal klar benennen, dass die Wähler der AfD tatsächlich Rassisten sind“) notierte er in seinem online-Tagebuch „acta diurna“: „Ich meinerseits werde mich jetzt mit einem Glas Riesling in die Sonne setzen. Meinen Job erledigen solche Zeloten bzw. Vollpfosten ja besser, als ich es selber je könnte.“

Kampagnen, egal welcher Ausrichtung, gehen meistens in die Hose

PS: Kampagnen, egal welcher Ausrichtung, gehen meistens in die Hose. Seit ich mich für Kino interessiere (schon ziemlich lange), habe ich niemals einen Hype erlebt, welcher der Euphorie über den Film „Toni Erdmann“ auch nur nahekam. Wochenlang war da kein Blatt, kein Sender, kein Webportal, wo die Komödie der sympathischen jungen Regisseurin Maren Ade nicht aufs Hymnischste besungen wurde. Dass der Film in Cannes leer ausgegangen war, erschien als skandalöseste Fehlentscheidung seit dem Wembley-Tor; dass er nunmehr für Deutschland ins nächste Oscar-Rennen gehen darf, als Wiedergutmachung schreienden Unrechts.

Ich habe mir den 162-Minuten-Streifen nicht angeschaut, weil mich Väter-Töchter-Konflikte nicht interessieren. Interessant fand ich aber, was die beispiellose Jubelarie dem Film gebracht hat - offenbar nicht gerade viel. „Toni Erdmann“ ist Mitte Juli in deutschen Kinos gestartet und hat bis jetzt ungefähr eine halbe Million Besucher angelockt. Viele mehr werden es wohl nicht. Zur Einordnung: Deutsche Komödien mit einem Quäntchen Tiefgang wie „Good bye Lenin“ (2003) oder „Honig im Kopf“ (2014) kommen gewöhnlich auf gut sechs Millionen Zuschauer. Wobei es sich bei „Honig im Kopf“ auch noch um einen Film von Til Schweiger handelte, welcher mit der Presse meistenteils eine intensive Fehde pflegt und eher negative Kritiken erntet.

Fazit: Ganz egal, ob Medien etwas in der Luft zerreißen oder in den Olymp heben - das Ergebnis sieht oft ganz anders aus als angestrebt. Erfreulich, dass es so viele Selbstentscheider („mündige Bürger“) gibt. Wahrscheinlich, dass es noch ein paar mehr werden. Dafür dürften schon die Medien sorgen. Und Klonovsky kann sich schon mal um den Rieslingvorrat kümmern.

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Leserpost

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JF Lupus / 17.09.2016

Ich empfehle, das Parteiprogramm der AfD zu lesen. Kein einziger “rechtsradikaler” Satz, nichts, was eine Diffamierung als Nazipartei rechtfertigen würde. National-liberal und konservativ - genau meine Richtung. Ich wähle AfD und ich bin auch nicht mehr zu feige, das in jeder Diskussion zu sagen. Jede neue Partei hat Altlasten, die Grünen begannen mit Raf-Sympathisanten und Kinderschindern, Adenauers CDU mit Altnazis, die Linke besteht überwiegend aus Ex-SEDlern und DDR-Verherrlichern. Die paar NPD-Anhänger, die sich zur AfD geschlichen haben, wird die Zeit ausmerzen. Die AfD ist die einzige wählbare Alternative.

Marcus Junge / 17.09.2016

“PS: Kampagnen, egal welcher Ausrichtung, gehen meistens in die Hose.” Folgendes Beispiel ist garantiert von den Lügenmedien getürkt, dürfte aber nicht völlig an der Wahrheit vorbei inszeniert sein. Gestern abend die Nachrichten um 18:45Uhr bei RTL. “Repräsentative” Umfrage im Auftrag von RTL, nur 23% meinen die AfD sei eine normale Partei (Demokraturisches Spektrum und Tralla), 67% meinen es sei eine Partei am rechtsextremen Rand, ein deutlicher Anstieg von den 48% vor einem Jahr (war das wohl), über die fehlenden 10% wurde keine Angabe gemacht. Wenn also die Kampagne nicht wirken würde, warum wählen so wenige die AfD und warum paßt das mit den 23% so gut? Warum glauben fast alle “Erneuerbare Energie funktioniert und ist bezahlbar”, glauben an den Klimaschwindel oder an den Euro / EUdSSR?

Hein Tiede / 17.09.2016

Warum “AfD-Gestalten”? Schreiben Sie auch von SPDLinkeCDUCSUGRÜNE-Gestalten? Den Schaden, den die Mainstream-Medien mit ihrer Einseitigkeit und Lügenhaftigkeit zu bewirken gedenken, richten sie nicht an. Aber wie wäre es um eine Demokratie bestellt, in der man mit den politischen Akteuren fair umginge? Ich vermute, besser!

Wolfgang Defer / 17.09.2016

Sehr geehrter Herr Röhl, ich kann ihren Ansatz verstehen, bei aufgeklärten, selbstdenkenden und recherchierenden Menschen führen diese Konzertierten Diffamierungen tatsächlich eher dazu, sich dem Opfer zuzuwenden. Bei einem Gross der Wähler ist dies aber eindeutig nicht so. Wie oft liest man in Foren sätze wie “ich bin mit der Politik der Einheitsparteien absolut nicht einverstanden, aber die Rassisten von der AFD kann man ja nicht wählen” usw. Auch im politisch weniger informierten Bekanntenkreis steht eigentlich schon vor jeder Diskussion fest, dass es sich bei der AfD um verkappte Nazis handelt und wenn keiner dafür einen Beweis liefern kann, dann liegt das eben daran, dass die AfD das geschickt vertuscht. Viele trauen sich auch in der Öffentlichkeit nicht, auch nur einzelnen Punkten der AfD zuzustimmen um eine Stigmatisierung zu vermeiden. Unter vorgehaltener Hand (der Ton wird tatsächlich leiser, selbst bei Leuten wo ich mir das kaum vorstellen konnte) werden dann eigene Erfahrungen mit Flüchtlingen genannt, die “ja schon” das bezeugen würden, was man oft von Seiten der “Rechten” hört, aber sich auf die Seite des offiziellen Bösen zu stellen, das wagt eben doch nicht jeder. Ich befürchte dass dieses Verhalten grösstenteils unbewusst abläuft und deshalb das Kreuz bei der geheimen Wahl wieder bei den Blockparteien landet. Man ist ja schliesslich kein Nazi…

Uwe Dolling / 17.09.2016

Toller Text, allerdings mit Aufänger aus der “Lügenpresse”. Ich jedenfalls kann keinen AfD Verantwortlichen finden, der so einen Preis und dann auch noch mit altsozialistischem Namen in die Welt setzen will.

Hubert Bauer / 16.09.2016

Zumindest sollte ein Preis (egal ob positiv oder negativ) nicht von einer Partei vergeben werden. Bei einer wirklich neutralen und kompetenten Organisation hätte ich kein größeres Problem mit einem “Lügen-Presse-Award”. Aber wenn es den Preis tatsächlich geben sollte und nicht nur Journalisten, sondern Medienvertreter allgemein “ausgezeichnet” werden sollen, würde ich mit Oliver Welke beginnen. Er hat ihn sich wirklich verdient.

Karla Kuhn / 16.09.2016

Der Preis ist wirklich Scheiß. Die AfD sollte doch froh sein, dass sie so viel Aufmerksamkeit bekommt. Außerdem, je mehr von der Presse aber auch von Seiten der Politik gegen die AfD “geschossen” wird, um so mehr Menschen werden neugierig und möchten wissen, wer und was hinter der Partei steckt. Eine bessere Werbung, dazu noch kostenlos, kann die AfD gar nicht bekommen.  Kästner bringt es auf den Punkt:  “Was immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.”

Martin Wessner / 16.09.2016

Ich befürchte, Sie haben absolut Recht. Die AfD sollte daher besser einen Preis für den besten unbezahlten, unfreiwilligen Wahlkampfhelfer ausloben. Sudel Klebi und Sudel Stegi hätten da gewiss große Chancen auf die Trophäe aus Massivgold.

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