Rainer Bonhorst / 01.02.2018 / 14:00 / Foto: Tim Maxeiner / 28 / Seite ausdrucken

Der Ozean, der Donald und Angela trennt

Donald Trump hat sich selbst und seine Arbeit gelobt. Donnerwetter. Über diese erstaunliche Tatsache bin ich jetzt schon zum zweiten Mal informiert worden. Erst hat er sich in Davos gelobt, dann in Washington bei seiner ersten „Rede an die Nation“.

Dieser bemerkenswerten Darstellung entnehme ich, dass Donald Trump der erste und einzige Politiker sein muss, der sich und seine Arbeit lobt. Im Umkehrschluss heißt das: Im politisch anständigen Europa und im politisch hochanständigen Deutschland ist es offenbar unüblich, dass Politiker sich selber loben. Sie gehen mit Aschekreuzen auf der Stirn durchs Land und bitten die Leute und den lieben Gott um Vergebung dafür, dass sie mal wieder Mist gebaut haben. Eigenlob deutscher Politiker? Niemals! Das bringt nur Trump fertig, dieser Amerikaner.

Soweit die unfreiwillige Selbstsatire führender Medien zu den beiden Trump-Auftritten. Sie ist auf krankhafte Einäugigkeit zurückzuführen, sobald der Name Trump fällt. Dabei gibt es tatsächlich einen auffallenden Unterschied zwischen den beiden Trump-Reden und den Ausführungen deutscher Politiker in Davos und im Koalitionsverhandlungsberlin. Es ist der Unterschied zwischen einem Messer und einem nassen Schwamm. Zwischen klarer Kante und Geschwurbel. Es ist der Unterschied zwischen Amerika und Europa.

Ein Schwafler ist er nicht

Ich erlaube mir mal, etwas zu verallgemeinern und zu behaupten: Donald Trump, auch wenn er nur knapp die Hälfte der Stimmen bekommen hat, verkörpert das durch und durch amerikanische Amerika. Angela Merkel, auch wenn sie gerade in einem politischen Tief sitzt, verkörpert das durch und durch europäische Deutschland.

Ich erlaube mir auch, daran zu erinnern, dass man Donald Trump durchaus als einen Deutsch-Amerikaner bezeichnen kann. Nur zwei Generationen trennen ihn von der Pfalz. Aber einen amerikanischeren Amerikaner als Trump kann man sich kaum vorstellen. Und das ist durchaus typisch für die sogenannten Deutsch-Amerikaner. Viele von ihnen leben im mittleren Westen, also in der Prärie und ihren Städten, sie sind amerikanisch bis ins Mark und – tut mir leid – sie sind Trump-Wähler.

So peinlich mir der rüpelhafte, selbstverliebte, Frauen grabschende, twitterstammelnde, wahrheitsferne Donald Trump ist: Ein Schwafler ist er nicht. Was ihn in Davos und Washington von Angela Merkel abhob, war nicht das Eigenlob, sondern die konkrete Sprache. Und die war nur möglich, weil sie durch konkrete Taten abgesichert war.

Seine Steuersenkungen und Deregulierungen holen im Ausland gebunkerte Milliarden zurück ins Land; sie heizen die Wirtschaft an und schaffen dadurch Arbeitsplätze, und zwar nicht nur bei McDonalds, sondern gut bezahlte; und sie machen die Energie noch preisgünstiger als sie ohnehin schon ist, weil Trump grüne Verbote kippt. Die billige Energie wiederum macht die Wirtschaft noch wettbewerbsfähiger. Niedrige Steuern und billige Energie. Dieses Doppelpaket wird mehr Europäer in die Flucht nach Amerika locken, als uns Daheimgebliebenen lieb sein kann. Es wird die Flucht aus einem übersteuerten, überregulierten und energetisch grün überteuerten Deutschland.

Trump, der Fiese, der Leute aus „Shithole Countries“ nicht haben will, lockt unverhohlen die kostengeplagten europäischen Unternehmen an, und er lockt sie nicht in ein Billiglohnland, sondern in ein hoch entwickeltes Land, in dem den Unternehmen einfach viel weniger Steine in den Weg gelegt werden als im durchregulierten Europa. (Es sei denn, sie heißen VW und Deutsche Bank und glauben, die Amerikaner betrügen zu können.)

Philosophie ist seine Stärke nicht

Während Angela Merkel lieber herumphilosophiert, (womit ich die professionellen Philosophen nicht beleidigen möchte,) trägt Trump konkret und knallhart seine verlockenden Angebote vor. Während sich die Koalitionäre von Knackpunkt zu Knackpunkt und dann zu lauter für alle akzeptablen Kompromisse hangeln, sagt Trump, was Sache ist. Die Philosophie ist seine Stärke nicht, Twitter lässt das auch gar nicht zu. Aber das griffige kaufmännische Angebot mit Preisschild hat er drauf.

Man kann Trumps Politik für falsch halten. Strohfeuer ist der übliche Vorwurf. Oder Schuldenpolitik. Andererseits sagt er etwas, was auch bei uns ein paar Rufer in der Wüste sagen: „Die beste Sozialpolitik ist ein gut bezahlter Job.“ Bei uns sind das Rufer in der Wüste, weil hier die staatliche Betreuung als das Gute, Schöne und Wahre gilt. Im Amerika der Trump-Wähler heißt das Motto: Selbst ist der Mann und die Frau. Ich komme am besten zurecht, wenn mir der Staat nicht ständig dazwischenfunkt.

Zwei Welten, zwei Denkweisen, zwei Personen, die diesen Abgrund verkörpern: der rabiate Selfmade-Mann Trump, die ruhige, christlichsozialdemokratische Konsenspolitikerin Merkel.

Dass ausgerechnet dieser typische Amerikaner (und nicht nur er) deutsche Wurzeln hat, ist eine nette Ironie. Dass es zwei und mehr Wege zum Glück gibt, vom individualistischen amerikanischen Traum bis hin zu unserem durch staatliche Netze und staatliche Betreuung abgesicherten europäischen Leben, sollte man einfach zur Kenntnis nehmen. So schwer es für manchen zu schlucken ist, dass es auch anders geht als bei uns: Wir müssen es schlucken. Und schlimmer noch: Es ist noch nicht einmal endgültig entschieden, welcher Weg der erfolgreichere ist. Ja, noch schlimmer: Es ist sogar denkbar, dass beide Wege zum Erfolg führen. 

Foto: Tim Maxeiner

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Leserpost

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Detlef Wilke / 01.02.2018

@Isabel Kocsis: volle Unterstützung oder “über die Rumeierei der Autoren”

Ilse Polifka / 01.02.2018

Sehr gut Frau Kocsis, Ihr Leserbrief bringt es auf den Punkt.

Bettina Diehl / 01.02.2018

Frau Merkel ist nicht christlich-sozial. Sie ist eine lupenreine Sozialistin, deren Plan ist, das Land zu destabilisieren, während The Donald America wieder groß machen möchte. Das ist für mich der entscheidende Unterschied.

Wolfgang Richter / 01.02.2018

Und damit die Hiesigen die Werte der materiellen staatlichen Fürsorge auch zu schätzen wissen, werden sie mit dem Geschwurbel des Betreuten Denkens darauf eingestimmt, wobei die hiesigen “Alleskleber” nicht versäumen, die Trump’schen Angebote mit dem, was sie als “Wahrheit” verkaufen, zu überkleben. Und der Hiesige glaube den Verlockungen des “Sale”, wobei sich dem offenbar zunehmend Bürger verweigern, was die Luft für Merkel, Schulz u. Co. zunehmend dünner werden läßt.

Jochen Rempe / 01.02.2018

Es ist nach mentalen und ökonomischen Gesichtspunkte völlig undenkbar, dass beide Wege zum Erfolg führen. Aus meiner Sicht wird das ausschließlich der amerikanische Weg sein. Hier muss man sich, wie überall im Leben, einfach entscheiden können. Das gibt es noch: richtig und falsch, gut und böse.

Sabine Schubert / 01.02.2018

“der Frauen grapschende Trump” So einen Quatsch auf der Achse lesen zu müssen irritiert mich sehr. Mit seinem berühmten Spruch, bei dem heimlich belauschten Männergespräch, in dem Bus hat er nur darauf angespielt, dass Frauen sich von mächtigen Männern antatschen lassen und sich offensichtlich darünber noch freuen. Ich selbst habe diese devote Haltung, gegenüber Alphamännern, von klugen und starken Frauen oft verwundert erleben dürfen. Dass er selbst Frauen begrapscht hat er definitiv nicht gesagt.

Anders Dairie / 01.02.2018

Nachtrag:  Gegen die Clintons sind einige Strafverfahren im Gang.  Zum Beispiel wegen der Erleichterung der Parteikasse der Demo-kraten, bis zur Pleite.  Weiterhin wegen eines Uran-Deals mit Russland, den Obama/Clinton zu genehmigen hatten und einer Russland-abrede zwecks Wahlbeeinflussung.  Unter anderem soll der CIA beauftragt worden sein. Es könnte zu einer Umkehrung von Vorwürfen kommen,  die bislang gegen Trump gerichtet waren.

Judith Hirsch / 01.02.2018

Bei uns sagt man, dass Eigenlob stinkt. In den meisten anderen gilt dagegen: Tue Gutes und rede darüber. Meine Erfahrung ist, dass man tatsächlich mehr erreicht, wenn man mit gutem Beispiel voran geht, eigene Erfolge erwähnt und so andere motiviert und mitreisst.

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