Henryk M. Broder / 09.02.2018 / 15:03 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 28 / Seite ausdrucken

Der nackte Wahnsinn!

Eine der schönsten (und brutalsten) Komödien, die je geschrieben wurden, ist "Der nackte Wahnsinn" von Michael Frayn aus dem Jahre 1982. Eine vollkommen durchgeknallte Schauspielertruppe probt ein Theaterstück. Im ersten und im dritten Akt agieren sie auf der Bühne, im zweiten hinter den Kulissen. Und was da passiert, ist das wahre Theater.

"Auf der Bühne müht sich ein verschworenes Ensemble, hinter der Bühne aber tummeln sich Amokläufer, welche kaum der Versuchung widerstehen, das Theater anzuzünden", schrieb die Zeit über die deutsche Inszenierung des „nackten Wahnsinns" am Thalia-Theater in Hamburg. „Das Stück ist das Turnier von sorgfältig als Menschen verkleideten Robotern, die sich im Lauf des Abends die Gesichter vom Stahlgerippe schlagen..."

Und genau das ist es, was derzeit auf der großen Bühne des Berliner Staatstheaters gespielt wird: der nackte Wahnsinn, aufgeführt von Amokläufern, die im Begriffe sind, das Theater abzufackeln, um hinterher Schadenersatzansprüche in Form von Renten und Pensionen an an die Versicherung zu stellen.

Der Oberirre in diesem Stück trägt den Namen Martin Schulz, er ist ein „hohler Selbstbespiegler", der „an einer Ich-Trunkenheit leidet". Er befördert sich selbst zum Außenminister und ernennt Andrea Nahles zu seiner Nachfolgerin als SPD-Vorsitzende, handstreichartig, an allen staatlichen und parteilichen Instititionen vorbei. So geht das im real existierenden Stalinismus, auf die Spitze getrieben von einem enthemmten Streber, einer Mischung aus Caligula, Herostrat und Houdini. Zwei Tage später „verzichtet" der Kandidat von eigenen Gnaden generös auf das Amt des Außenministers, worauf ihm Andrea Nahles „menschliche Größe" bescheinigt: "Die Entscheidung von Martin Schulz verdient höchsten Respekt und Anerkennung."

Wenn das so weitergeht, wird Martin Schulz noch zu Lebzeiten heilig gesprochen, weil er darauf verzichtet hat, sich als Nachfolger von Papst Franzisus anzubieten.

Zwei Zombies im heute-journal

Aber das ist noch nicht alles. In den Kulissen tummeln sich „als Menschen verkleidete Roboter", die uns, die Zuschauer, davon überzeugen wollen, dass alles, was auf der Bühne vor unseren Augen passiert, ganz normal und das Ergebnis einer vernunftgeleiteten Politik ist. Für wie blöd halten die uns? Und wie blöd müssen sie sein, um zu glauben, dass wir ihnen das abnehmen, was sie uns einreden wollen?

Zwei dieser Zombies, die im Hintergrund die Strippen ziehen, wurden am Mittwoch von Marietta Slomka im heute-journal interviewt. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Christine Lambrecht, und der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, Thomas Strobl. Frau Lambrecht sprach von einem „klasse Koalitionsvertrag, über den wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr zufrieden sind", Herr Strobl verwies „auf die Wirtschaft", die in den letzten Jahren immer wieder „den Wunsch" äußerte, „dass die CDU den Wirtschaftsminister stellen soll", der Fall sei nun eingetreten, „jetzt machen wir aus der Konstellation das Beste".

Schauen Sie sich diese beiden Interviews bitte an. Es sind Lehrbeispiele für Volksverachtung, Volksverdummung, Schamlosigkeit und Wegelagerei. Kurzum: Wahre Lügen im Dienst des Macherhalts.

Btw: Marietta Slomka hat sich sehr tapfer geschlagen. Hut ab vor so viel Geduld und Gelassenheit.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Frank Ebner / 09.02.2018

Ich komme vor Freude über die “neue” GroKo kaum in den Schlaf! Ist es nicht fantastisch, wie Demokratie heutzutage in Deutschland funktioniert? Die Lügner und Betrüger feiern sich gegenseitig als die großen Macher! Ich hoffe inständig, daß dieses Kartenhaus aus Intrigen und Speichelleckerei bald in sich zusammen fällt! Dann bin ich mal auf die (noch) regimetreuen Staatsmedien gespannt. Nach dem großen Knall hört sich dann alles garantiert ganz anders an.

Sabine Schönfelder / 09.02.2018

Nun wollen wir aber mal nicht den Schulz zum alleinigen Buhmann deklarieren! Pop- Beauftagter Gabriel und Langeweiler Steinmayer zusammen mit anderen Pöstcheninhabern drängten den Martin aus der Oppositionsrolle hinein in einen eventuelle Regierungsbildung. ER mußte sich in der Öffentlichkeit winden und die neue Nummer verkaufen und die selbstlosen Drängler blieben zum Kommentieren schön im Hintergrund. Letztendlich hat er am Schluß nicht anders agiert als andere Kollegen im Politgeschäft. Den besten Posten für sich in Anspruch genommen, ohne große Rücksicht auf Land, Leute oder Partei.

Michael Witzany / 09.02.2018

Sehr geehrter Her Broder, schon seit Tagen warte ich auf einen Beitrag von Ihrer Seite zu den ‘erfolgreich’ abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen. Nun scheint auch lhnen dieses Schmierentheater über die berühmte Hutschnur zu gehen. Sehr schön und pointiert kommentiert, aber ihre rhetorische Frage für wie blöd diese Bagage, zu der unsre derzeitigen Volksvertreter verkommen sind, das Wahlvolk hält, kann ich nur sagen: Für so ‘blöd’, wie dieses im September 2017 gewählt hat, trotz aller zuvor von den Regierenden gezeigter Inkompetenz. Es muß noch schlimmer kommen, um ein Umdenken einzuleiten. Aber wird sind auf dem besten Wege dahin, siehe derzeitige Situation. Deshalb bin ich guter Hoffnung, dass Frau Merkel und Co. vom nächsten Wahl-Tsunami hinweg gespült werden. In diesem Sinne, erfreuen Sie uns weiterhin mit Ihren erfrischenden Artikeln Ihr Fan M

Andreas Rudolph / 09.02.2018

Glauben Sie wirklich, dass es für MS vorbei ist? Ich kann mir bei dieser Clique gut vorstellen, dass extra für ihn ein neuer Ministerposten aus dem Boden gestampft wird. Zum Beispiel ein Europa-Ministerium. Viele neue hoch-bezahlte Pöstchen für unsere Europa-Bonzen, null positive Effekte für uns.

Helmut Steinig / 09.02.2018

Für mich trägt der Irrsinn im Politikbetrieb einen Namen: Angela Merkel!  Für den eigenen Machterhalt werden der SPD deren Forderungen -sowie inhaltlich als auch personell- auf Kosten der CDU erfüllt;  Grundsatzpositionen der eigenen Partei werden völlig willkürlich aufgegeben;  Widerspruch in der Partei wird nicht geduldet. Dafür sorgen solche Gestalten wie Altmaier und Kauder. Deren Funktion besteht nach meiner Einschätzung vorrangig darin, abweichende Meinungen glattzubügeln und mögliche Kokurrenz von der Kanzlerin fernzuhalten. Aber die Unruhe innerhalb der CDU nach den “Koalitionsverhandlungen” gibt mir etwas Hoffnung, dass die unumschränkte Herrschaft dieser Dame vielleicht bald ein Ende hat.

Dirk Jungnickel / 09.02.2018

Treffend wie immer ! - Ich hätte es ‘ne Nummer kleiner.  Ich erinnere mich dunkel an meine Kindergartenzeit. (Damals hieß es noch Kindergarten, Kindertagesstätte kam erst auf, als die Kinder tageweise verwahrt wurden.)  Da lief das etwa so:  Wenn du nicht mit mir spielst, dann spiele ich mit dem. Dann verkloppen wird deinen Freund, und wenn der heult und du dann doch mit mir spielen willst, kannst du dir einen anderen suchen. Du kannst aber auch zu uns kommen, wenn ich der Bestimmer bleiben kann. . . Von Politik hatten wir natürlich keine Ahnung. Und von der Beliebigkeit derselben erst recht nicht.

Helge-Rainer Decke / 09.02.2018

Herrn Broders Philippika, die er insbesondere Herrn Schulz „widmete“, ist den Grunde nach zuzustimmen. Cum grano salis! Wer ist die Gewinnerin der „Was ihr wollt“ Dramaturgie? Frau Merkel! Aufgrund des Rückzugs Herrn Schulz vom Parteivorsitz der SPD und seiner Einsicht in das Notwendige, nämlich nun doch auf ein Ministeramt unter Merkel zu verzichten, (obeying the necessity but the own impulse), steigen die Chancen, dass die SPD Mitglieder dem dem Koalitionsvertrag mehrheitlich zustimmen werden. Aus meinem bescheidenen Horizont geurteilt, ein recht guter Koalitionsvertrag für unser Land. Deo volente.☝️

Richard Loewe / 09.02.2018

Treffender Zynismus. Insbesondere der Kommentar zu Slomka! Die hat ganz viel Geduld beim Interviewen ihrer beiden Chefs…

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