Henryk M. Broder / 13.01.2016 / 13:46 / 30 / Seite ausdrucken

Der kleine Denunziant vom Süddeutschen Beobachter

Gestern, kurz nach 17 Uhr, setzte ich eine “Presseschau” online, in der es um zwei Frauen ging, “die mit dem Schwanz denken”, Dagmar Dehmer und Andrea Bernbach. Sie hatten im Berliner Tagesspiegel einen Beitrag über die “Übergriffe” während der Silvesternacht in Köln veröffentlicht und dabei eine sehr schräge These aufgestellt, für die es nicht den geringsten Beleg gibt.

Womöglich sind aber auch Frauen dabei, die gar nicht Opfer geworden sind, sondern aus politischer Überzeugung der Meinung waren, dass die Täter mit Migrationshintergrund oder die Flüchtlinge, die das Chaos auf der Domplatte für sexuelle Übergriffe ausgenutzt haben, abgeschoben gehören. Das hoffen sie womöglich mit einer Anzeige zu beschleunigen. Die Rape Culture, so die beiden Tagesspiegel-Frauen weiter, die offenbar die Kölner Silvesternacht geprägt hat, ist auch Teil der deutschen Kultur.

Diese Sätze, geschrieben von zwei Frauen, waren das Ekelhafteste, Mieseste, Widerlichste, was über die große Sause in Köln geschrieben wurde. Eine angedeutete Täter-Opfer-Umkehr.

Mir kam diese Art der “Argumentation” bekannt vor. In Kreisen der Holocaust-Leugner und Relativierer war es durchaus üblich, in aller Unschuld die Frage zu stellen, ob die “Zionisten” womöglich sechs Millionen Juden “geopfert” haben, um ihr Ziel, die Gründung einer jüdischen Kolonie, eines jüdischen Staates, in Palästina zu erreichen. Die Nazis wären nur in die Falle der Zionisten getappt, weil sie deren Absichten nicht erkannt hätten. Wie man inzwischen weiß, war dieses fiese Manöver der Zionisten von Erfolg gekrönt.

Ob die Frauen, die gar nicht Opfer geworden sind, sondern aus politischer Überzeugung der Meinung waren, dass die Täter mit Migrationshintergrund oder die Flüchtlinge, die das Chaos auf der Domplatte für sexuelle Übergriffe ausgenutzt haben, abgeschoben gehören, es ebenfalls schaffen, ihren teuflischen Plan in die Tat umzusetzen, bleibt abzuwarten. Ich würde es mir und ihnen jedenfalls wünschen, schrieb ich gestern, dass sie “vom IS nach Rakka eingeladen werden, um zu erfahren, was Rape Culture bedeutet”.

Dieser Satz wiederum brachte den SZ-Reporter und früheren Israel-Korresponenten Thorsten Schmitz dermaßen in Rage, dass er sich heute früh gleich hinsetzte und einen Brief an DIE WELT schrieb:

Sehr geehrter Herr Peters,
Ihr Autor und Reporter Henryk M. Broder hat auf seiner Internetseite „Achse des Guten“ am gestrigen Dienstag einen menschenverachtenden Kommentar gepostet. Darin wünscht er zwei Redakteurinnen des TAGESSPIEGEL, die sich in einem Artikel mit der Silvesternacht von Köln beschäftigt hatten, dass diese von IS-Männern vergewaltigt werden sollten.
Wörtlich schreibt Ihr WELT-Autor Broder:
„Und den beiden Frauen vom Tagesspiegel wünsche ich, dass sie vom IS nach Rakka eingeladen werden, um zu erfahren, was Rape Culture bedeutet.“
Ich bitte Sie um eine Stellungnahme zum Vergewaltigungsaufruf eines Ihrer Autoren.
Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Schmitz
Süddeutsche Zeitung GmbH
Reporter Seite 3

Man könnte meinen, Schmitz sei ein Mann, der meinen Text nur deswegen missverstanden hat, weil er ihn mit den Augen eines bekennenden Feministen gelesen hat. Dem ist aber nicht so. Schmitz sind die beiden Tagesspiegel-Frauen Wurscht. Schmitz geht es nur um Schmitz. Er hat noch eine Rechnung mit mir offen.

Der verehrte Kollege hat im September 2014 in der SZ geschrieben, es gebe in Deutschland Zehntausende Israelis, die vor der Politik des israelischen Premierministers nach Deutschland geflohen sind. Nicht etwa ausgereist oder ausgewandert, weil der Jogurt in Deutschland billiger und das Leben einfacher ist, sondern geflohen und zwar vor der Politik des israelischen Premierministers.

Ich fragte daraufhin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach, wie viele Flüchtlinge aus Israel in den letzten Jahren Asyl in Deutschland beantragt hatten. Es waren, teilte man mir mit, von 2011 bis September 2014 genau 104 Israelis. Keiner der Anträge wurde positiv beschieden. Schmitz hatte sich seine Zehntausende Israelis, die vor der Politik des israelischen Premierministers nach Deutschland geflohen sind, buchstäblich aus dem Finger gesogen.

Wenn Sie die Geschichte nachlesen wollen, schauen Sie bitte hier und hier.

Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Auf eine Anregung von “Honestly Concerned” hat sich auch der Presserat mit einer Beschwerde gegen Schmitz beschäftigt und ihm einen “Hinweis” verpasst, eine milde Form der Rüge. Davon geht die SZ nicht unter, aber Schmitzens Ehre ist angekratzt.

Und das nimmt er mir übel, der kleine Denunziant vom Süddeutschen Beobachter.

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Leserpost

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Ed Piper / 15.01.2016

Wenn man mir eines nicht vorwerfen kann, dann dass ich nicht schon oft genug über politische Kommentare Herrn Broders geschimpft hätte. Dies hält mich freilich nicht davon ab, immer mal wieder seine Beiträge zu lesen, wobei ich mich zugegebenermaßen nicht selten seiner herzerfrischenden Schreibe erfreue. Hier jedoch ist es nun auch der Inhalt, über den ich schmunzeln muss. Denn ja, zugegeben, angesichts der geschilderten Begebenheiten müßte man eigentlich weinen. Doch dazu ist es wieder einmal viel zu pointiert geschrieben. So läßt sich selbst tragischen Begebenheiten etwas Komik abgewinnen. Deshalb nun auch an dieser Stelle - erstmalig, und auch wenn ich sicherlich weiterhin nicht alle Meinungen teilen werde - ein herzliches “weiter so!” von meiner Seite. LOL ^^

Albrecht Höhn / 15.01.2016

Hallo Herr Broder, in einer Zeit, in welcher die Wirklichkeit der Satire stets davonzueilen droht, lese ich immer wieder gerne Ihre pointierten Beiträge. Ohne eine gewisse Prise Humor ist das, was hier zur Zeit in Deutschland vom herrschenden politisch-medialen Komplex so alles ausgeheckt wird, praktisch nicht mehr auszuhalten. In diese Kategorie gehören auch die schrägen Stellungnahmen der beiden Tagesspiegel-Aktivistinnen. Bitte machen Sie weiter so ! Danke und mit besten Grüssen Albrecht Höhn

Jörg Scheibe / 15.01.2016

Lieber Herr Broder, beim Lesen Ihres Textes erfuhr ich erstens - von den Auslassungen der beiden TP-Redakteurinnen und Ihren Reisetipps an die Damen; zweitens - dass Sie Herrn Schmitz von der SZ wahrscheinlich vorsätzlich missverstanden haben und er Ihnen darob noch immer stinksauer ist. Das heißt, hier werden leider die erschütternden Ereignisse von Köln und anderen Orten als Kulisse für einen klassischen Hahnenkampf missbraucht, von Schmitz und von Ihnen. Und wir Leser hier sollen Ihnen dafür bitte noch Beifall spenden…

Robert Bond / 15.01.2016

Veto! den Vogel schießt immer noch dieser Herr ab http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-01/sexmob-koeln-kriminalitaet-strafrecht-fischer-im-recht/komplettansicht

Pavel Hoffmann / 15.01.2016

Wie immer Herr Broder, den Nagel auf den Kopf getroffen. Es bleibt noch die Frage offen wie viele der 104 israelischen Asylbewerber jüdischer und wie viele arabischen Herkunft waren. Ich nehme an, dass man Ihnen es nicht gesagt hat?

Beatrice Mayer / 14.01.2016

Gut gebrüllt, Löwe Henryk. Wie immer. schliesse mich den Wünschen für ein langes und gesundes Leben an.

Helga Beck / 14.01.2016

Sehr geehrter Herr Broder, bevor ich mir eine Meinung über eine Sache bilde schaue ich sie mir genau an. Eine Empfehlung diesbezüglich, sich die Rape-Kultur des IS in Raka genau anzuschauen dient also der Wahrheitsfindung und ist deshalb sehr zu begrüßen. Gewisse machtpolitisch orientierte Parteileute und Journalisten haben offensichtlich an der Wahrheit sehr wenig oder gar kein Interesse. Man weiß nicht, woran das liegt. Womöglich am Testosteron, das nach Wikipedia Kampf, Konkurrenz und Begattung auslöst. Bei manchen vielleicht etwas zu viel. Sollten keine Führungspositionen einnehmen. Liebe Grüße Eine Verehrerin Ihres klaren Verstandes und ihres Mutes

Inra von Wangenheim / 14.01.2016

Lieber Herr Broder, wie immer, ist ein Vergnügen, Ihre wundervollen Schmankerln zu lesen. Bitte gehen Sie nie in Rente, sonst sind wir ganz allein und müssen nur noch dröges demagogisches Geschwafel lesen. Mein Mann liegt mir im Übrigen ständig in den Ohren, endlich mal mit ihm nach Israel zu reisen um endlich mal einen authentischen Eindruck von zu bekommen und mich meinen jüdischen Wurzeln zu stellen. Ich bin feige und traue mich nicht. Herzlichst Inra von Wangenheim

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