Gastautor / 20.09.2016 / 13:01 / Foto: Dirk Maxeiner / 0 / Seite ausdrucken

Der Gartenzwerg ist auch nur ein Opfer

Von Ralf Ostner.

Der deutsche Gartenzwerg gilt als Inbegriff und Verkörperung von deutscher Spießigkeit, Kleingärtnerei und Provinziallität. Bei der Kulturpolitik des Goethe-Instituts war auch immer eine Frage, ob man den deutschen Gartenzwerg als identitätsstiftendes Symbol deutscher Kultur erwähnen sollte und ob er  zum Image von Goethe, Schiller, deutscher Weltoffenheit des Exportweltmeisters und der Nation der Dichter und Denker passe, worüber vortrefflich gestritten wurde. Mal gab es Plakate des Goethe-Instituts mit Gartenzwergen, die für Deutschland warben, mal wieder welche ohne Gartenzwerge. So eindeutig festlegen wollte man sich scheinbar nicht. Kann denn der deutsche Gartenzwerg Hegelschen Weltgeist und die Ideale der Aufklärung, vielleicht aber ja der Romantik verkörpern? Den skeptischen Vertretern eines hochgeistigen Kulturbegriffs wurden von Gartenzwergbefürwortern die geradezu magische Sogwirkung auf klischee- und kitschversessene Ausländer entgegengehalten und wenn man Neuschwanstein als Magnet und Kulturinstitution hat, warum dann nicht auch den deutschen Gartenzwerg?
 
Der deutsche Gartenzwerg hat inzwischen schon eine eigene Lobby: Der dritte Zwergenkongress im thüringischen Trusetal hat sich jetzt für die Rechte der Gartenzwerge stark gemacht. Nach Meinung des Kongresses werden die Gartenzwerge für sexistische und rassistische Zwecke instrumentalisiert und missbraucht und in der Werbung entwürdigt. In einer Resolution an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurde nun ein Ende dieser entwürdigenden Praxis gefordert. Ob darunter nun auch die Schöpfungen moderner Gartenzwergdesigner fallen, die die biederen Gartenzwerge zu modernen und hippen Popfiguren umwandeln und vielleicht auch zum Teil einer neuen Jugendkultur machen wollen, bleibt dabei noch ungeklärt. Wie also der deutsche Gartenzwerg beschaffen sein soll–zwischen Tradition und Moderne-und welchen Stellenwert er in der Identitätssymbolik haben soll, bleibt weiter heftig umstritten.

Ralf Ostner, 51, Diplompolitologe, Open-Source-Analyst, arbeitet als Übersetzer für Englisch und Chinesisch. Mehr vom Autor finden Sie hier

Foto: Dirk Maxeiner

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