Gastautor / 04.06.2018 / 16:00 / Foto: Lukasz Katlewa / 6 / Seite ausdrucken

Der G-Punkt beim Goldpreis 

Von Horst Szentiks.

Frauen bevorzugen Goldschmuck, Männer schnöde Goldbarren. Sie trägt das edle Metall am Körper, er streichelt es. Je höher der Goldpreis, umso größer das Glücksgefühl. Quasi der metallische G-Punkt. Bei beiden. Dann gibt es noch Zeitgenossen, die das Papiergeld verteufeln und für völlig wertlos halten. Für diese Leute ist nur Gold echtes Geld. Sie warten auf die Zeiten, in denen man für eine Unze einen ganzen Straßenzug kaufen kann. 

Ich gehöre zu den Typen, die versuchen, der zukünftigen Preisentwicklung an den Börsen mittels sogenannter technischer Analyse beizukommen. Die ureigenste Grundlage dieser Methode ist die Massenpsychologie. In den Fieberkurven von Aktien lassen sich nämlich verschiedene Handlungsmuster der Marktteilnehmer erkennen. Halten Sie sich einen riesigen Schwarm von kleinen Fischen vor Augen, der ständig seine Form – und Richtung - wechselt. Manchmal abrupt und beeindruckend schnell. (Die Japaner machten sich das übrigens schon vor 300 Jahren zu Nutze.) Bei Edelmetallen, anderen Rohstoffen und Währungen kann man dieses „Schwarmverhalten“ genauso erkennen.

Von 1970 bis 1980 kletterte der Goldpreis von 35 bis auf 850 Dollar. In den letzten dreieinhalb Jahren in Form einer sogenannten „Fahnenstange“: Steil nach oben. Geradezu explosiv. An deren Spitze dürfte der berüchtigte G-Punkt bei den Anlegern erreicht worden sein. Sittsam ausgedrückt, überschwengliche Euphorie. Also bei den Unbedarften. Wobei wir wieder beim ureigensten Thema der technischen Analyse sind: der Massenpsychologie.

What goes up, must come down

Der (verlust)erfahrene Profi aber weiß, was meistens danach kommt. Denken Sie einfach nur an den biologischen Punkt, der Ihr persönliches berauschendes Glücksgefühl auslöst. Besonders lange hält sich dieser Zustand nicht. An der Börse ist das in solchen Situationen auch so. Der Preis fällt wieder in sich zusammen. Schnöde formuliert: es folgt eine Korrektur. Nichts in diesem Leben und auf dieser Welt ist von Dauer. Bis auf das edle Metall Gold, heißt es unter dessen Liebhabern. Aber leider unterliegt auch seine Marktbewertung und Preisgestaltung zyklischen Abläufen.

10 Jahre brauchte es damals für die Aufrichtung der „Fahnenstange“. Aber die anschließende Korrektur quälte die Besitzer geschlagene 21 Jahre lang. Erst bei 253 Dollar war Schluß. Quasi die Erlösung. Ordnen wir es als zyklisches Zwischenergebnis ein.

Dann ging es endlich wieder hoch. Von 2001 bis 2011 setzte der Goldpreis zur nächsten Preisrallye an. Abermals 10 Jahre lang. Der Höhepunkt lag bei 1.920 Dollar. Ist doch faszinierend, oder? Mindestens aber bemerkenswert. Die krassesten Jubelschreie im Topbereich lauteten sinngemäß: „Gold steigt mindestens auf 50.000, wenn nicht 200.000 Dollar!“  Ich denke, man darf diese textlichen Ausbrüche getrost mit dem biologischen Freudentaumel am G-Punkt vergleichen. Zumal der Preisanstieg abermals einer „Fahnenstange“ glich. Den üblicherweise verwendeten Ausdruck für dieses Gebilde im Intimbereich möchte ich mir in meinem Aufklärungstext ersparen.

Fakt ist jedenfalls, daß das Ende der Fahnenstange bei 1.920 Dollar lag. Danach stellten sich die üblichen Ermüdungserscheinungen ein. Um es aristokratisch korrekt zu formulieren. Diese ziehen sich mittlerweile über 6 Jahre dahin. Der Kurs notiert in den letzten Tagen im Bereich von 1.300 Dollar.

Zum Thema der Wirtschaftswissenschaften gehört ein sogenannter „Schweinezyklus“. Die Anbeter des heiligen Metalls mögen mir verzeihen, daß ich es wage, mit derlei geschmacklosen Begrifflichkeiten den immerwährenden Glanz des Edelmetalls zu beschmutzen. Aber die Regelmäßigkeiten im Auf und Ab von Preisentwicklungen sind eindeutig auffällig. Die menschlichen Verhaltensweisen an den Tops und Tiefpunkten ebenfalls.

Ich überlasse es dem geneigten Leser, derlei zyklische Auffälligkeiten in großen wie in kleinen Zeiträumen auf die bisherigen Erkenntnisse zum Goldpreis zu übertragen. 

Horst Szentiks ist Börsenspezialist und gibt einen Börsenbrief heraus.

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Leserpost

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Martin Schau / 04.06.2018

Es geht bei Gold - genauso wie bei Geld - nicht um Erotik oder Religion. Sondern idealerweise um nüchterne Kalkulation und Risiko-Vorsorge. Oft hilft ein prüfender Blick über den Tellerrand: Was passiert wirtschaftlich in anderen Ländern? Was machen die Menschen dort, wo die Inflation steigt und der Wechselkurs fällt? Der Hochmut der Politiker kommt stets vor dem Fall und dann wird guter Rat teuer. Wohl dem Bürger, der bereits Gold- und Silbermünzen sein Eigen nennt - und darüber schweigt.

Engelbert Gartner / 04.06.2018

Liebe achgut Leser denkt nach:  Schon seit über 5000 Jahren, in allen Kulturen und auf allen Kontinenten hatte Gold einen besondere Bedeutung. In Krisenzeiten konnte man mit Gold aber auch mit Silber lebenswichtige Gegenstände eintauschen. Momentan laufen wir auf eine größer Krise zu.

Michael Oertel / 04.06.2018

Wenn Sie den US Dollar als Numerator (Messlatte) für den Goldpreis wählen, sollten Sie bedenken, daß der US Dollar über 200 Jahre lang ein spezielles Gewicht (1/20oz bzw. 1/35oz) an Gold repräsentierte. Wenn Sie sagen: “What goes up, must come down”, dann kann ich Ihnen mit Verlaub nur sagen: “You are lost”, Sie wissen nicht wo oben oder unten ist. Seit 1971 LEBEN wir ein globales Experiment. Hat es in dieser Form noch nie gegeben. Keiner weiß, wie es enden wird.

T. Kloft / 04.06.2018

Alles schön und gut Herr Szentiks, möglicherweise haben Sie vollkommen recht. Möglicherweise stehen wir aber auch vor der nächsten Bankenkrise, da diese bis heute nicht überwunden ist, ganz im Gegenteil. Die EU steht an einem Scheideweg und wahrscheinlich an keinem Guten. Die Politik der EZB mag noch einige Zeit funktionieren, aber nicht ewig, um nur einige Beispiele zu nennen, die Sie natürlich auch kennen. Politische Börsen hatten in der Vergangenheit immer kurze Beine. Da die Politik mit Eingriffen u. Vorgaben aber mehr und mehr das Handeln an den Märkten dieser Welt bestimmt, wird das nicht so bleiben. Insbesondere da die überwiegende, unwissende Masse dies unterstützt. Da helfen dann die alten Charts wenig. Also ich würde Ihnen wiedersprechen u. langfristig wenigstens einige Euro in Gold investieren.

Ulla Smielowski / 04.06.2018

Wenn ich daran denke, wie Gold gewonnen wird… Welche Chemikalien genutzt werden, um es herauszulösen und welche Vergiftungen der Umwelt zugemutet werden, dann verzichte ich.. Als ich noch jung und unwissend war, habe ich mir einige Stücke gekauft, die ich aber auch schon an die jüngere Generation weitergegeben habe mit dem Hinweis auf die Umwelt…  Verwandte haben Gewinne gemacht, als der Goldpreis noch bei 850€ lag, das war so ungefähr 2007, um es dann fünf Jahre später mit Gewinn zu verkaufen… Es hatte sich gelohnt….  Dieser Trend ist aber vorbei…

Thomas Weidner / 04.06.2018

Und jetzt sollten Sie, Herr Szentiks, noch parallel dazu die Verschuldung der Länder und ihrer Bewohner anführen. Das aber - Goldpreis vs. Verschuldung - zeigen Sie nicht auf. Infolgedessen erscheint mir dieser Artikel wenig hilfreich…

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