Der Fall Weidel: Überall beleidigte Leberwürste

Der Moderator Christian Ehring hat in der NDR-Satiresendung "extra 3" in einem Beitrag über politische Korrektheit die AfD-Spitzenpolitikerin Alice Weidel als „Nazi-Schlampe“ bezeichnet. Daraufhin kündigt der Pressesprecher der "Alternative für Deutschland", Christian Lüth, via Twitter an, gegen den Beitrag juristisch vorgehen zu wollen. Er sei „beleidigend und verleumderisch“. „Das wird teuer für diesen #GEZ- Primitivling“, drohte er selbst mit wenig freundlicher Wortwahl in einem Tweet und vergaß natürlich auch nicht, einen Wahlappell an den hiesigen Wutbürger nachzuschieben: „#AfD wählen!“.

Der Fall zeigt, dass sich die AfD zwar gern als große Vorkämpferin für Meinungsfreiheit inszeniert, tatsächlich aber nur ein taktisches Verhältnis zu diesem demokratischen Basiswert pflegt. Zwar stilisiert sie sich als Streiter für Wahrheit und gesunden Menschenverstand gegen „Lügenpresse“ und politische Korrektheit, aber mit Meinungsfreiheit meint sie vor allem ihre eigene Meinungsfreiheit.

Wie sah der beanstandete "extra 3"-Beitrag genau aus? Es ging um einen Redebeitrag von Weidel auf dem Kölner AfD-Parteitag vor wenigen Tagen, in dem sie meinte: „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte." „Jawoll, Schluss mit der politischen Korrektheit. Lasst uns alle unkorrekt sein", kommentierte daraufhin der Satiriker Ehring in der am vergangenen Donnerstag ausgestrahlten "extra 3"-Episode. Und: „Da hat die Nazi-Schlampe doch recht." Anschließend schob er hinterher: „War das unkorrekt genug? Ich hoffe!“

Klar, über Humor lässt sich trefflich streiten. Es gibt keine klare Grenze, wann ein satirischer Beitrag als Beleidigung aufgefasst wird. Letztlich liegt es im Ermessen derjenigen, die sich betroffen fühlen, eine Klage einzureichen oder es zu lassen. Auch deshalb liegt im Vorgehen der AfD eine gewisse Ironie. Denn gerade von den selbsternannten Anti-PC-Kämpfern von der AfD hätte man eigentlich ein dickeres Fell erwartet.

So ist es noch gar nicht so lange her, dass sich die AfD im Fall des „Schmähgedichts“ von Jan Böhmermann gegen den türkischen Autokraten Recep Tayip Erdogan als entschiedene Verfechterin der Satirefreiheit aufspielte. Parteichef Jörg Meuthen hatte Kanzlerin Angela Merkel damals einen Kniefall vor dem türkischen Präsidenten vorgeworfen.

Das Dauer-Beleidigt-Sein zum Programm erhoben

Laut AfD seien beide Fälle aber nicht miteinander vergleichbar, im Fall Böhmermann ging es ja schließlich nicht um Meinungsfreiheit, sondern gegen den Islam;, pardon - um die politisch-korrekte AfD-Formel zu nutzen - gegen „eine ausländische Macht“. Wohingegen heute zwei deutsche Staatsbürger miteinander streiten, was nach der verqueren Alternativlogik der Partei selbstverständlich nichts mit Meinungs- oder Kunstfreiheit zu tun hat. Wir lernen: Die freie Rede hat also nur dann einen Wert, wenn man sie als Instrument im Kampf gegen einen äußeren Feind nutzen kann. Aber unter Deutschen behalten wir uns, ganz Vorväter Sitte, den Klageweg vor.

Diese schiefe Logik ist für sich genommen schon unfreiwillig komisch. Wenn man dann noch bedenkt, dass sich die dünnhäutige AfD-Doppelmoral ausgerechnet an einen Beitrag über das Thema politische Korrektheit beweist, wird die Sache zur Farce. Scheinbar ist es das politische Kalkül der AfD, sich in Wahlkampfzeiten durch öffentlich inszeniertes Beleidigtsein und Ziehen der Opferkarte in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu punkten. Schaut mal, was diese GEZ-finanzierte Lügenpresse hier wieder gegen uns ins Feld führt. Dass Ehring im selben Beitrag am Anfang etwa auch die Antifa dafür kritisierte, den Bundesparteitag der AfD unlängst in Köln behindert und damit die Meinungsfreiheit eingeschränkt zu haben, war für die "Alternative" kein Thema bei ihrer Empörungsinszenierung.

Hier zeigt sich, wie die Opfer-Methode der AfDler funktioniert: Die AfD ist die Partei, die das Dauer-Beleidigt-Sein zum Programm erhoben hat. Eigene Meinungsäußerungen werden als heroischer Kampf für die Redefreiheit stilisiert, wohingegen Kritik und Angriffe auf einen selbst als Beweis dafür gelten, ein Kartell aus „Altparteien“ und „Lügenpresse“ wolle die Partei mundtot machen.

Gemäß dem Verschwörungstheoretikerspruch „Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht trotzdem hinter dir her sind“, enthält diese Haltung auch ein Fünkchen Wahrheit. Es gibt bei vielen Themen tatsächlich einen Hang zum Konformismus und falsch verstandener politischer Korrektheit innerhalb der politisch-medialen Eliten und der meinungsbildenden Zivilgesellschaft – und diesen kann man nun wirklich nicht als AfD-freundlich bezeichnen.

Ein instrumentelles Verhältniss zur Meinungsfreiheit

Nicht wenige Meinungsführer der Republik sind der Auffassung, auf die empfundene Bedrohung durch die Rechtspopulisten reagiere man am besten durch Ausgrenzung und Stigmatisierung. So gibt es immer mehr „zivilgesellschaftliche“ Initiativen, die faktisch eng mit dem Staat verbandelt und häufig auch von ihm finanziert sind, die vor allem die Verengung des öffentlichen Diskussionsraums zum Ziel haben – von Anti-Hate-Speech-Kampagnen bis „Kein Geld für Rechts“. In der Regel richten sich diese Kampagnen vor allem gegen die AfD und ihre Vorfeldorganisationen wie Pegida oder die „Identitären“. Auch Heiko Maas‘ Angriff auf die Meinungsfreiheit im Internet unter dem sperrigen Namen Netzwerkdurchsetzungsgesetz richtet sich vor allem „gegen rechts“.

So hat die AfD eine larmoyante Opferhaltung gepaart mit einer eigenen rechten Variante der politischen Korrektheit kultiviert. Man reagiert auf Kritik schnell beleidigt und beklagt sich als Dauergast in öffentlich-rechtlichen Talk-Show-Runden darüber, wie sehr man ausgegrenzt wird. Gleichzeitig ist man selbst darum bemüht, bestimmte Meinungen zu tabuisieren, wenn sich die Gelegenheit bietet, etwa wenn es um eines der Lieblingsthemen der Angstpartei geht: Law & Order. Man denke etwa an den Shitstorm gegen die Grünen-Politikerin Simone Peter, die es wagte, Kritik am unverhältnismäßigen Einsatz der Kölner Polizei dieses Silvester zu äußern. Wissen die Rechten den Zeitgeist bei einem Thema auf ihrer Seite (mehr Polizei!), zögern sie nicht, die gleichen, säuerlich-moralisierenden Diskussionseindämmungsmechanismen zu gebrauchen wie ihre Gegner.

Wenn man sich den "extra 3"-Beitrag mit dem humorkritischen Mikroskop anschaut, kann man sicher zu der Auffassung gelangen, dass mit der Bezeichnung der AfD-Spitzenpolitikerin als „Schlampe“ die Grenzen des Anstands überschritten wurden, keine Frage. Allerdings ist es auch nicht die Aufgabe von Satirikern, diese Grenzen zu wahren. Auch kann sich der öffentlich-rechtlichen Satiriker ruhig mal fragen, wieso ihm auf die AfD-Kritik an der politischen Korrektheit nichts Klügeres (und Witzigeres) eingefallen ist als eine üble persönliche Beschimpfung. So, als wäre das Gegenteil der kleingeistigen verhaltensregulatorischen Kodizes der politischen Korrektheit das Fallenlassen jeglicher zwischenmenschlicher Anstandsformen.

Letztlich wirkt auch der Begriff „Nazi“ im Zusammenhang mit der Person Weidel deplatziert. Sie vertritt Auffassungen, die man wohl am ehesten als nationalliberal und konservativ umschreiben könnte; sicher in vielerlei Hinsicht rückwärtsgewandt und vorurteilsbehaftet, aber es handelt sich gewiß nicht um Nazidenken. Für öffentliches Rumgejammere und Empörungsgetue über den Nazi-Gag gibt es allerdings auch keinen Grund. Denn völlig abwegig sind solcherlei Assoziationen im Zusammenhang mit dieser Partei nicht. Schließlich beheimatet die AfD auch sehr abstoßende völkische Elemente um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke, denen man mit Sicherheit eine fehlende Distanz zur Neonazi-Szene vorwerfen kann. Weidel ist ein erwachsener Mensch. Man kann sie also dafür verantwortlich machen, mit welchen Leuten sie gemeinsam in einer Partei Politik macht. Solange keine Distanzierung vom braunen Sumpf erfolgt, muss man sich über Polemik und bittere Satire nicht beschweren.

Man fühlt sich heute gern als Opfer – auf der ‚rechten‘ und ‚linken‘ Seite

Das soll nicht heißen, dass die Inflation der Nazivergleiche gegenüber AfD-Politikern und anderen Rechten eine gute und noble Sache sei. Im Gegenteil. Sie sind meistens reichlich abgeschmackt und ahistorisch. Bei manchen links oder linksliberal tickenden Zeitgenossen scheint das Schwingen der „Nazikeule“ gegen alles und jeden, den sie irgendwie auf der rechten Seite des politischen Spektrums verorten, fast schon obsessive Züge zu tragen. Häufig verbirgt sich dahinter nicht viel mehr als billiger Moralismus. Durch die Gegnerschaft gegenüber dem ‚absoluten Bösen‘ des Nationalsozialismus wird signalisiert, selbst auf der richtigen Seite zu stehen. Man mag zwar selbst nicht so genau wissen, wofür man steht – aber immerhin ist man selbst kein Nazi, das sind immer „die Anderen“. Zur Klärung dessen, was die neuen Rechten und den Rechtspopulismus ausmacht, tragen solcherlei selbstgefälligen Etikettierungen für gewöhnlich nur wenig bei.

Aber gerade das muss Satire, bei allen kritischen Anmerkungen zu Ehrings leichtfertigem Spruch, ja auch nicht leisten. Es geht bei Satire gerade nicht darum, Sachverhalte zu klären. Sie soll vielmehr den Finger in die Wunde legen, sie soll verspotten und anprangern, Ambivalenzen offenlegen, diese aushalten und spielerisch mit ihnen umgehen und letztlich vor allem auch unterhalten – zum Lachen anregen. Die Motive und Beweggründe, wieso Menschen lachen, sind sehr subjektiv– und häufig, wenn man ehrlich ist, auch alles andere als politisch korrekt. Weil das so ist, wird die Satire auch ganz besonders durch die Kunst- und Meinungsfreiheit geschützt.

Selbstverständlich ist es Weidels gutes Recht, öffentlich die Beleidigte zu spielen und in diesem Staat juristisch gegen Ehrings Satirebeitrag vorzugehen. Damit beweist sie aber vor allem, dass sie weder von der Freiheit der Kunst noch von der Freiheit der Rede viel versteht. Sie ist damit heute leider in guter Gesellschaft. Neben allerlei Politikern, die das Einklagen ihres Persönlichkeitsrechts wohl vor allem als Instrument im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit, Stimmen und Stimmungen begreifen, wird auch im Netz von normalen Bürgern geklagt, was das Zeug hält. So sehr, dass sich inzwischen mit Memen über den Trend lustig gemacht wird: Wie, du hast in einer Diskussion etwas Unüberlegtes in deine Tastatur getippt? Anzeige ist raus!

Viel wird heute von der Verrohung der Diskussionskultur gesprochen. Das Anwachsen der Larmoyanz, des schnellen Eingeschnappt-seins und Sich-beleidigt-fühlens ist die andere, letztlich viel bedenklichere Seite des Verfalls unserer öffentlichen Diskussionskultur. Persönliche Befindlichkeiten ersetzen das politische Argument; statt zu diskutieren, wird erst geschimpft und dann geklagt. Man fühlt sich heute gern als Opfer – auf der ‚rechten‘ und ‚linken‘ Seite des Meinungsspektrums. Für die Demokratie ist es aber unerlässlich, dass sie von Bürgern gelebt wird, die in der Lage und willens sind, auf robuste Art und Weise zu streiten. Das gilt insbesondere für Politiker. Wer sich ins öffentliche Leben begibt, muss auch mit rauem Gegenwind klarkommen – unabhängig davon, ob man Spaß versteht oder nicht.

Johannes Richardt ist Novo-Chefredakteur und Gründungsmitglied des humanistischen Think-Tanks Freiblickinstitut e.V.. Er lebt in Berlin.Dieser Beitrag erschien zuerst auf Novo-Argumente.

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Leserpost

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Rainer Küper / 08.05.2017

Satire endet, wo Beleidigungen beginnen. Diese Grenze hat Herr Ehring überschritten. Beleidigungen dürfen nicht Standard werden. Eine richterliche Bewertung der Ehring-Aussage halte ich deshalb für erforderlich.

Bärbel Schneider / 08.05.2017

Die AfD kämpft gegen die Auswüchse eine hypertrophierte PC, die beispielsweise beinhaltet, dass Weiße keine Indianerkostüme mehr tragen sollen, da das kultureller Diebstahl oder „Kulturrassismus“ wäre, oder dass es nicht erwähnt werden soll, wenn Verbrechen durch Migranten verübt werden. Keinesfalls will sie eine Kultur der hemmungslosen Beleidigung einführen. Die Meinungs- und Kunstfreiheit findet bekanntlich ihre Grenzen an strafrechtlich relevanten Beleidigungen und Verleumdungen. Wenn Herr Ehring der AfD mit seiner Äußerung zu Weidel unterstellt, sie wolle Beschimfungen möglich machen, reiht er sich in die Reihe der antidemokratischen Verleumder und Hetzer ein. Als Nazi beschimpft zu werden, ist kein Gag und auch nicht nur abgeschmackt, leichtfertig oder witzig. Wer so bezeichnet wird, ist heute quasi vogelfrei und jeder Attacke preisgegeben. Darüber zu diskutieren, ist nicht möglich. Eben das ist ja der Sinn dieser Beschimpfung: jemandes Positionen als von vornherein indiskutabel vom Diskurs auszuschließen - wer will schon mit Nazis reden! In diesen beiden Punkten unterscheiden sich u. a. die (peinlichen und geschmacklosen) Äußerungen Böhmermanns von Ehrings Aussage. Durch die Bezeichnung Weidels als Nazi wird auch die Verleumdung, die AfD wäre rechtsextrem, wieder einmal ins die Öffentlichkeit getragen. Der Verfassungsschutz beobachtet die AfD aber nicht - im Unterschied dazu wurden beispielsweise Teile der Linken beobachtet, ohne dass das jemanden zu stören scheint. Die Äußerungen Höckes (die ich auch für missverständlich halte) zu interpretieren, ist hier kein Platz. Nur so viel: Selbst die „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann, die bekanntlich keine AfD-Anhängerin ist, attestiert Höcke, dass er weder „Nazi“ noch Antisemit und auch kein Hitler-Fan sei. Der AfD Überempfindlichkeit und Larmoyanz vorzuwerfen - obwohl es immer häufiger vorkommt, dass Mitglieder diffamiert, sozial isoliert, entlassen und körperlich attackiert werden, dass deren Kinder in der Schule von ihren Mitschülern zusammengeschlagen, dass deren Frauen bedroht werden, dass deren Häuser und Autos beschmiert und angezündet werden, dass man ihnen Versammlungsräume verweigert, dass deren Positionen in den meisten Medien falsch dargestellt werden und dass gegen sie als angebliche Nazis gehetzt wird - dieser AfD Larmoyanz vorzuwerfen, wenn sie diese antidemokratischen Vorfälle wenigstens öffentlich macht, macht mich geradezu sprachlos. Solche Äußerungen diskreditieren sich selbst.

Frank Schneider / 08.05.2017

Der Autor dieses Artikels missversteht wie jener GEZ-alimentierte Clown, was “politisch korrekt/inkorrekt” bedeutet. Es geht um Sprech- und Denkverbote und nicht um das Vermeiden plumper Beleidigung.

Dieter Hitzek / 08.05.2017

“Extra 3” ist sicher kein tiefgründig-analytisches Format. Und, unabhängig vom persönlichen politischen Standpunkt des Herrn Ehring, “Nazischlampe”  nur so als akustischen “Click Bait” zu verwenden, ist stillos.  Einen unüberlegten, jugendlich-flapsigen Faux-Pas nehme ich ihm angesichts seiner “Reife” nicht ab.

Hans Meyer / 08.05.2017

Lieber Herr Richardt. Ich kann mit Ihrem Text wenig anfangen. Sie schreiben “Hier zeigt sich, wie die Opfer-Methode der AfDler funktioniert:” Die AfD IST Opfer. Opfer von unglaublichen Anfeindungen und Ausgrenzungen. Mitglieder werden auf dem Weg zum Parteitag bespuckt und angegriffen. Wieviele Autos von AfD Mitgliedern wurden bereits abgebrannt? Wieviele AfD’ler verprügelt? Wieviele Karrieren bereits zerstört? Das ist kein Gegenwind mit dem man klar kommen muß, Herr Richardt. Das sind Methoden wie sie in Deutschland zuletzt vor 80 Jahren angewandt wurden. Ihr Beitrag versucht sich in einer Relativierung, die es nicht gibt. Einer Relativierung, die es für jeden, dem auch nur etwas an Demokratie und Fairness gelegen ist nicht geben kann.

Andreas Hartig-Tauber / 08.05.2017

Was Höcke vertritt, war noch in den 80ern in der Union durchaus noch erlaubt und en vogue. Von Franz-Josef Strauss erst gar nicht zu reden. Manche Äußerungen über kulturfremde Zuwanderung, etwa von Helmut Schmidt seinerzeit, wären heute kaum möglich. Hieraus einen latenten Rechtfertigungshintergrund für die Beleidigung Frau Weidels einzubauen ist hanebüchen, nach dem Motto: Irgendwie ist was Wahres dran. Hier wurde die Forderung, die Politische Korrektheit im Interesse Deutschlands aufzugeben, mit einer persönlichen Beleidigung in Beziehung gesetzt, um zu behaupten, dass die Aufgabe dieser Mainstream-Fesseln konkret ein Freibrief für persönliche Beleidigungen bedeuten könnte.  Den verschwurbelten Relativierungen des Autors zum Trotz: Wären hier in einem anderen Fall Worte gefallen wie ” ... die alte Islamschlampe” stünde die Justiziabilität auch dann außer Frage, wenn auch hier ” war das unkorrekt genug” nachgeschoben würde. Mag sein, dass man in einem entspannten politischen Umfeld vielleicht darüber hinwegsehen könnte. Aber das AFD-Bashing ist nicht nur verbal von allen Seiten, sondern auch tatkräftig: Von Boykott über Sachbeschädigungen, Bedrohungen, Anschlägen und Behinderungen jedweder Art. Ralf Stegner ruft indirekt zu eben dieser tatkräftigen Bekämpfung von “Rechtspopulisten” auf, womit er nur die AfD gemeint haben kann. In Schleswig-Holstein konnte die Afd faktisch keinen Wahlkampf führen. Die AfD wird, verkleidet als Satire oder nicht, mit braunem Dreck beworfen, um sie aus dem legitimen Diskurs zu halten. An welcher Stelle soll die AfD in so einer Situation ansetzen, um sich zu wehren? Mit “Habt uns doch lieb”-Petitionen?

Arthur Dent / 08.05.2017

Da bin ich ganz anderer Meinung. Eine Beleidigung ist und bleibt eine Beleidigung. Das hat nichts mit Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst oder Freiheit der Rede zu tun. Da sind für mich nur ganz schwache Ausreden. Und das finde ich egal wer wen beleidigt. Allerdings fand ich den Tweet des AfD-Pressesprechers auch nicht gerade viel besser.  Ein Tweet “Anzeige wegen Beleidigung wird erfolgen” hätte genügt.

Jürgen Althoff / 08.05.2017

Der AfD angesichts dessen, was ihren Vertretern seit ihrer Gründung an Gewalt, Sachbeschädigungen, Schmähungen und Diskriminierungen widerfahren ist,  eine “larmoyanten Opferhaltung” zu bescheinigen, ist aus meiner Sicht eine Unverschämtheit. Die Position eines Novo-Chefredakteurs und Gründers eines humanistischen “Think Tanks” (ist die Verwendung dieser sonst in anderem Zusammenhang verwendeten Bezeichnung vielleicht auch schon Programm, etwa als Wiedererstehen der kommunistischen “Humanistischen Union” der 68er Zeiten?) scheint mir so weit von der leider dreckigen Realität der AfD-Mitglieder entfernt, dass es mich gruselt. Ich habe mich immer für einen Humanisten gehalten, aber mit dieser Sorte habe ich nichts gemeinsam. Von der Warte dieses Autors wären wahrscheinlich seinerzeit auch die Juden kritisiert worden, als sie sich über die Aufforderung “Kauft nicht bei Juden” beschwert haben.

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