Gastautor / 23.12.2014 / 18:29 / 6 / Seite ausdrucken

Der doppelte Schröder

Frank Günther

Ein kleiner Treppenwitz in der derzeitigen hitzigen Pegida-Debatte nebst Bevölkerungsbeschimpfung durch Politiker ist bis jetzt kaum jemand aufgefallen:

Altbundeskanzler Schröder hat in diesen Pegida-Tage zu einem “Aufstand der Anständigen” aufgerufen, unter ausdrücklichem Verweis auf seinen Aufruf “Protest gegen Rechts” nebst Protestmarsch im Jahr 2000 nach dem Brandanschlag auf eine Synagoge in Düsseldorf:

2014:  “(Schröder) fordert nicht weniger als einen “Aufstand der Anständigen”, den es während seiner Kanzlerschaft schon einmal gegeben hatte. Im Jahr 2000 war es, als Schröder unter diesem Schlagwort nach einem Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge zum Protest gegen Rechts aufgerufen hatte. “In Berlin haben damals 200.000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus protestiert, und selbstverständlich sind Bundespräsident und Bundeskanzler vorneweg marschiert”, sagte Schröder im Gespräch mit dem Magazin “Couragiert”. “So eine öffentliche Reaktion brauchen wir auch jetzt.”(*)

Damals sagte Schröder:

2000: ” „Wir brauchen einen Aufstand der Anständigen, wegschauen ist nicht mehr erlaubt“, und ergänzte, dass man ein Maß an Zivilcourage entwickeln müsse, damit Täter nicht nur kriminalisiert, sondern auch gesellschaftlich isoliert würden. ... Die Bundesregierung werde alles tun, die Täter zu bestrafen und die politischen Strukturen, die sie schützten, zu zerschlagen. Es müsse klar gemacht werden, dass diese Organisationen in Deutschland keine Chance hätten.” (**)

“Als Folge des Appells wurden in Bund, Ländern und Kommunen sowie bei zahlreichen Nichtregierungsorganisationen und Bürgerinitiativen „Aktionspläne“ entworfen, Lichterketten und Demonstrationen wurden organisiert. Die rot-grüne Bundesregierung initiierte ein Programm zur organisatorischen und finanziellen Unterstützung von Initiativen gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus.”(***)

Es hat einige Ironie, daß Schröder sich heute auf diesen seinen Appell beruft, in dem er Kriminalisierung und Isolierung der Täter forderte, deren politische Strukturen er zerschlagen und denen er in Deutschland keine Chance geben wollte. Wie sich nämlich wenige Tage danach herausstellte, wurde der Brandanschlag gar nicht von Rechtsradikalen verübt:

“Düsseldorfer Synagoge: Der Brandanschlag ist aufgeklärt

Der Brandanschlag auf die Düsseldorfer Synagoge war nicht das Werk deutscher Rechtsextremisten, sondern die Tat zweier gebürtiger Araber. Die 19 und 20 Jahre alten in Düsseldorf lebenden Männer legten bei ihrer Vernehmung ein umfassendes Geständnis ab, wie Generalbundesanwalt Kay Nehm mitteilte. Sie hätten mit ihrer Tat ein Zeichen gegen die israelische Politik in den besetzten Gebieten setzen wollen. In ihren Wohnungen wurde aber auch antisemitisches und rechtsextremistisches Material sichergestellt.

Gegen beide Männer, einen gebürtigen Marokkaner und einen aus Jordanien stammenden Palästinenser, sei Haftbefehl erlassen worden, berichtete Nehm. ... Als Tatmotiv geben sie Hass auf den Staat Israel und die Juden an. ....”(****)

(*) http://www.tagesspiegel.de/politik/gegen-pegida-gerhard-schroeder-fordert-aufstand-der-anstaendigen/11151464.html
(**) http://www.handelsblatt.com/archiv/mehr-zivilcourage-schroeder-fordert-aufstand-gegen-rechts/2008364.html
(***)http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_der_Anst%C3%A4ndigen#cite_note-5
(****) http://www.tagesspiegel.de/politik/duesseldorfer-synagoge-der-brandanschlag-ist-aufgeklaert/184750.html

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Leserpost

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Heinz Thomas / 23.12.2014

Es ist nicht zwingend, dass man sich als Politiker lächerlich machen muss, aber Schaden nimmt man dadurch auch nicht. Und außerdem, Maschmeyer ist ja auch noch da…

Horst Jungsbluth / 23.12.2014

Schröder, der nicht nur Bundeskanzler war, sondern sogar noch immer Rechtsanwalt ist, kennt ganz offensichtlich wie viele unserer “gebildeten und studierten”  Leute im politischen, juristischen und journalistischen Betrieb weder das Grundgesetz noch das Strafgesetzbuch, denn sonst hätte er damals nicht und heute schon gar nicht so töricht, so durchsichtig und so falsch argumentiert. Unsere Gesetze kennen aus logischen Gründen weder rechte noch linke Verbrechen und sofortige Schuldzuweisungen ohne Kenntnis der Täter, der Abläufe und der Fakten erinnern mich verdammt an Politiker in Diktaturen. Dabei hätte doch gerade Schröder nach seinen falschen Beschuldigungen vor 14 Jahren und nach Kenntnis der Tatsachen, dass viele der sogenannten “rechten” Verbrechen in der Bundesrepublik bis zurück in das Jahr 1959!!! zwecks Vortäuschung von dem “Schild und Schwert” der SED verübt wurden, gewarnt sein müssen. Eine besonders üble Geschichte, für die ich mich als Deutscher besonders schäme war der unselige Lübecker Prozess, als es dort um 10 Menschen ging, die in einem Asylantenheim bei einem Brandanschlag elendlich ums Leben kamen.  Die Medien und unsere Politiker geiferten um die Wette ob der “rechten Verbrechen” und als dann ein Asylbewerber aus diesem Heim, der zweimal gestand, angeklagt wurde, da wurde alles, wirklich alles getan, damit dieser nicht verurteilt wurde. Die “FAZ” titelte nach dem Freispruch “Landgericht des Lächelns” und die 10 verbrannten Menschen spielten plötzlich keine Rolle mehr. Der ehemalige Bundesminister Norbert Blüm hat das übrigerns zutreffend erkannt: Deutsche Juristen sind nicht nur furchtbar, sondern eine Katastrophe für das ganze Land.

Ingbert Bauer / 23.12.2014

Man lese mal den oben verlinkten TSP-Artikel http://www.tagesspiegel.de/politik/duesseldorfer-synagoge-der-brandanschlag-ist-aufgeklaert/184750.html da wird der damalige nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) zitiert: “Das ist keine Entwarnung, die rechte Gefahr ist da.” M.a.W.: Es waren keine Nazis, es waren nicht mal Deutsche. Es hätten aber welche sein können. Ist doch fast dasselbe. Also war doch alles in Ordnung mit dem Aufstand der Anständigen!

Wilhelm Leonhard Schuster / 23.12.2014

Der Herr Schröder sollte bei der Organisation seiner berüchtigten “Chaostage Hannover” bleiben. Dabei hatten “Rechte” sebstverständlich nichts zu suchen und wurden “ausgegrenzt”!

Wolf-Dieter Schleuning / 23.12.2014

Schön! Wenn man Schröder folgt ist PEGIDA ein Aufstand der Anständigen.

Thomas Schlosser / 23.12.2014

Ach Herr Günther, ich kann Ihnen sagen, warum die Tatsache, dass der Anschlag auf die Synagoge in Düsseldorf seinerzeit von einem Marokkaner und einem Jordanier verübt wurde, von den “anständigen Aufständischen” wie Schröder und seinen Fußtruppen im damals schon linken Mainstream unter den Teppich gekehrt wurde: Diese Herrschaften waren schlicht enttäuscht, dass es keine deutschen Rechtsradikalen waren, schliesslich baut sich auf diesem Popanz die rotgrüne Hegemonie in Politik, Medien und Gesellschaft auf. Und auch heute schaffen es die etablierten Parteien und ihre Freunde in den Medien den Eindruck zu erwecken, dass durch die Pegida-Demonstrationen ein zweiter 30. Januar 1933 unmittelbar bevorsteht. Deshalb finden sich bei den Montagsdemonstrationen in Dresden und Bonn ja auch immer noch zahlreiche Leute ein, die, wie gestern geschehen, das Absingen von Weihnachtsliedern durch 20.000 durchweg friedliche Menschen, mit Pfeifen und Brüllen zu stören versuchen. Das sind die Kinder der “anständigen Aufständischen”, gehirngewaschene Zombies, die alles glauben, was man ihnen in den letzten Jahren in Schule und Universität eingetrichtert hat: Für deutsche Interessen einstehen = Nazi, die schleichende Islamisierung Deutschlands = Die Krönung der Schöpfung. Es kann einem Angst und Bange werden, um die Zukunft unseres Landes, und das schreibe ich, als Vater von drei Kindern…...

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