Henryk M. Broder / 22.11.2013 / 01:56 / 5 / Seite ausdrucken

Der brave Mann denkt an sich selbst - bis zuletzt

Falls Sie wissen möchten, wofür die Begriffe “Narziss” und “Narzissmus” stehen, können Sie bei Wikipedia nachsehen oder die FB-Seite von Jürgen Todenhöfer besuchen. Er ist nicht nur eine “Person des öffentlichen Lebens”, die die Öffentlichkeit an ihrem Leben teilnehmen lässt, er ist auch die Verkörperung des Gutmenschen, der mit dem Elend und der Not Anderer so umgeht wie Anlageberater mit dem Geld anderer Leute. Sie wollen für ihre Kunden nur das Beste. Auf Provisionsbasis.

Sogar dann, wenn Sie täglich “explosiv” und “exclusiv” auf RTL schauen und sich über nichts mehr wundern - weder Micaela Schäfers Exhibitionismus noch Boris Beckers aggressive Dummheit-, wenn Sie alles über Claudia Effenberg und Lolita Matthäus wissen, wenn Sie nichts mehr erschüttern kann, was Sylvie van der Vaart von sich gibt und Natascha Ochsenknecht twittert, Todenhöfers Auftritt wird Sie sprachlos machen. Diese Mischung aus kalkulierter Demut, fröhlichem Größenwahn, verdruckster Schamlosigkeit und hemdsärmeliger Leutseligkeit ist nicht gespielt, sie ist echt. Ginge es nach Todenhöfer, gäbe es in der Welt keine Armut und keinen Hunger, keine Kriege und keine Ungerechtigkeit. Die Taliban würden Tulpen züchten und die Hamas Patenschaften für Kinder in Sderot übernehmen.- Aber sehen Sie selbst. Hier eine kleine Auswahl von O-Tönen, made by Todenhöfer:

„Lasst Christian Wulff endlich in Ruhe!“ Den Politikern, die ihn gejagt haben, rufe ich zu: „Zeigt wenigstens jetzt Anstand und entschuldigt Euch bei ihm!“ Es sei denn, Ihr seid selbst ohne Fehl und Tadel. Aber das glaube ich niemandem. Jeder hat Fehler. Nur Heuchler behaupten, sieh hätten keine Fehler.

Frieden mit Iran ist endlich greifbar nahe. Er wäre gut für die weltweite nukleare Nichtverbreitungspolitik, für die Stabilisierung des Mittleren Ostens – und für Israel… Deshalb: Bitte schweigen, Herr Netanjahu! Auch im Interesse Israels, dessen Existenzrecht ich ausdrücklich bejahe. Wie das anderer Länder und Völker.

Nie werde ich die rauschartig glücklichen Augenblicke der ägyptischen Revolution im Februar 2011 vergessen, die ich mitten unter den friedlichen Demonstranten miterleben durfte. Den orkanartigen Jubel der Hunderttausende auf dem Tahrir-Platz: „Hurriya – Freiheit, Freiheit, Freiheit.“ Alle hatten Tränen in den Augen. Ich auch.

Ich bin kein Fan der Muslimbrüder. Und Mursi war kein sehr geschickter Präsident. Aber das kann kein legitimer Grund für einen Militärputsch sein. Sonst müssten viele westliche Staatschefs ständig mit einem Eingreifen ihrer Militärs rechnen. Der französische Präsident zum Beispiel. Demokratie ist kein Wunschkonzert.

Ich liebe Syrien, seine Menschen, seine Kultur, seine Landschaft. Ich leide mit jedem, der dort sinnlos verwundet oder ermordet wird. Egal ob syrischer Zivilist, syrischer Soldat oder syrischer Rebell. Wir sollten mithelfen, diese Tragödie zu beenden. Aber nicht mit Waffen.

Ich trete seit Beginn der schweren Unruhen für Verhandlungen der US-Führung mit beiden Seiten ein. Auch mit Diktator Baschar al-Assad. So wie Willy Brandt, J. F. Kennedy, Richard Nixon, Ronald Reagan mit verfeindeten Diktatoren verhandelt haben.

Niemand redet seit Jahren mehr Unsinn über Iran als Benjamin Netanjahu. Iran ist jedoch friedliebender als die meisten Länder der Welt. Seit 200 Jahren hat Iran kein Land angegriffen. Sein System kritisiere ich. Aber sein Volk liebe ich. Auch im Irankonflikt sind Verhandlungen besser als Kriege. Selbst wenn Netanjahu das anders sieht.

Sind die Schiffsuntergänge vor Lampedusa wirklich nur tragische Unglücksfälle? Es ist seltsam, dass die Schiffe immer wieder in der Nähe der Insel untergehen, explodieren oder verbrennen. Oft sogar wenn italienische Rettungsschiffe in der Nähe sind! Unfähigkeit, unterlassene Hilfeleistung oder bewusste Gleichgültigkeit zur Abschreckung? Sollte die EU das nicht genauer untersuchen? Und Wege finden, wie wir menschlicher und hilfsbereiter mit Flüchtlingen umgehen? So wie bisher kann es nicht weitergehen.

Das ist der erste der versprochenen Kurzfilme zum Buch. Zusammengestellt von Julia Leeb. Der Film gibt Euch einen kleinen Einblick in meine Erlebnisse in Afghanistan. Genaueres dazu könnt Ihr natürlich in ‚Du sollst nicht töten’ nachlesen.

Am nächsten Montag stehen wir (!) auf Platz 6 der Bestsellerliste des „Spiegel“. Deutschland beginnt, sich mit den Thesen des Buches auseinanderzusetzen.

Es gibt eine Strategie, wie wir die Ideen von ” Du sollst nicht töten” in ganz Deutschland verbreiten können. Wenn jeder von Euch 10 seiner besten Freunde in einer Kurz-Mail, bittet, das Buch zu kaufen, werdet Ihr staunen, wie viel positive Rückmeldungen Ihr bekommt.

Hier ist ein Video-Trailer zu “Du sollst nicht töten”. Mehr Videos zu diesen und anderen Reisen von JT folgen in den nächsten Tagen und Wochen.

Bitte nehmt Euch die Zeit und schaut diese Kurz-Videos an! Sie geben einen Einblick in JT’s Erlebnisse in Afghanistan, Irak, Ägypten, Libyen, Syrien, Iran und Gaza. Manche der Aufnahmen entstanden unter Lebensgefahr. Die Tragödien dieser Länder sind plötzlich ganz nah. Und vieles ist anders, als in den meisten Medien gezeigt wird.

Ich habe viele Freunde in Israel. Von den meisten würde ich einen Gebrauchtwagen kaufen. Bei Premierminister Benjamin Netanjahu würde ich zögern. Weil er ein anderes, seltsames Verhältnis zur Wahrheit hat.

Liebe Freunde,
ich möchte möglichst viele von Euch persönlich kennenlernen. In der nächsten Woche werde ich daher jeweils eine Stunde in München, Köln und Berlin sein. Unter meinem Großplakat, mit dem ich mich in 8 Großstädten Deutschlands für friedliche Lösungen statt Kriege einsetze. Und für mein Buch „Du sollst nicht töten“.

Helft mit, den Krieg zu ächten als das, was er immer ist und sein wird: Mord, Zerstörung, Plünderung und Vergewaltigung. “Bombing for peace is like fucking for virginity”.

Liebe Freunde,
wie einige von Euch wissen, war ich auch in Gaza. Dem Land der Verdammten dieser Erde. Die Welt hat Gaza vergessen, sie lässt die Menschen dort allein. Gaza ist ein Schandfleck westlicher Politik. Ein Symbol der Missachtung der primitivsten Rechte der Palästinenser.
Angeblich war meine „Einreise“ durch einen kleinen, dunklen Erdtunnel illegal. Darauf stehen mehrere Jahre Gefängnis. Aber wirklich illegal ist nur die Art und Weise, wie in Gaza zwei Millionen Menschen in einem großen Käfig eingesperrt sind.

Wir Deutsche haben unsere Vergangenheit gegenüber den Juden so gut es ging bewältigt. Aber vor dem Unrecht der Gegenwart versagen wir kläglich. Wir lassen zu, dass die Bevölkerung von Gaza wie Untermenschen behandelt wird. Wir sollten das nicht hinnehmen. Der jüdische Politologe Alfred Grosser hat Recht, wenn er sagt: „Wer Hitler abschütteln will, muss heute die Palästinenser verteidigen.“

Am 26. April 2010 hatte ich der US-Administration persönlich ein konkretes Verhandlungs- und Friedensangebot der iranischen Führung überbracht. Die Politiker beider Seiten sprachen ja nicht miteinander. „Glauben Sie denen nichts, das sind Lügner!“ hatten die Amerikaner mir damals gesagt. Wir hatten ein dickes Brett zu bohren. Jetzt versuchen sie es endlich. Verhandlungen sind nun halt besser (und billiger) als Kriege.

PS: Ich bin morgen um 16 Uhr in Berlin in der Prinzenstr. 35 und am Donnerstag um 16 Uhr in Köln in der Friedrich-Karlstr. gegenüber von DuMont, jeweils vor einem meiner Großplakate. Ich hoffe einige von Euch dort zu treffen.

Ich würde mich riesig freuen wenn ihr vorbeischaut, um über Ägypten, Libyen, Syrien, Afghanistan, Irak oder Iran zu diskutieren. Natürlich werde ich auch Bücher signieren.

Marcel Reich-Ranicki muss an JT gedacht haben, als er mal sagte: “Die anständigen Menschen arbeiten um des Ruhmes und des Geldes wegen. Die unanständigen wollen die Welt verändern und die Menschen erlösen.”

Fortsetzung folgt.

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Maria Leuschner / 22.11.2013

Könnte sich JT nicht vielleicht mit Irena Wachendorff zusammentun?

Thomas Schlosser / 22.11.2013

...unfassbar, wie komplett daneben ein Mensch sein kann und gleichzeitig auch noch Leute findet, die seinen Irrsinn goutieren…..

Peter Bereit / 22.11.2013

Marcel Reich-Ranicki muss an JT gedacht haben, als er mal sagte: “Die anständigen Menschen arbeiten um des Ruhmes und des Geldes wegen. Die unanständigen wollen die Welt verändern und die Menschen erlösen.” (Zitat Ende) Mit Verlaub. Auch wenn MRR diesen Satz gesagt haben sollte. Ich halte ihn für egoistisch und dumm. Da MRR keinesfalls im Verdacht stand, dumm zu sein, kann ich mir nicht recht vorstellen, dass er einen solch dummen Satz prägte. Ich kenne die Quelle nicht und ich kenne den ursprünglichen Zusammenhang nicht. Der Schreiber hat uns beides leider vorenthalten Egal. Wenn Todenhöfer dafür kritisiert wird, dass er neben seiner Anteilnahme, für das Elend dieser Welt, auch noch Bücher verkaufen möchte, dann kann ich dem Autor dieses Beitrages, wie so oft, nicht ganz folgen. Wird oder ist Todenhöfer unglaubwürdig deshalb, weil er sich neben seinem gesellschaftlichen Engagement, auch noch um solch profane Dinge, wie seinen Lebensunterhalt zu kümmern hat? Nun gehen die einen in einen Buchladen oder zu einem Verlag, um ihre mehr oder weniger interessanten, mehr oder weniger intelligenten geistigen Ergüsse vorzustellen, oder sie gehen zu Kurt Krömer, um das eigene Werk zu präsentieren. Mithin geht es jedem, und das ist durchaus verständlich, darum, auf sich aufmerksam zu machen, seine Ideen und Ansichten zu propagieren, und darum, Geld zu machen. Jeder Teilnehmer einer Benefizveranstaltung, kommt nicht schlechterdings deshalb, weil ihn das Geld drückt, sondern, um seine Person in der Öffentlichkeit und sich selbst als „guten Menschen“ zu präsentieren. Es geht ihm um Aufmerksamkeit und Ruhm. INSOFERN trifft der Satz von MRR durchaus zu. Kommt dann jemand wie Todenhöfer daher, der neben dem Anspruch Geld zu verdienen, auch noch darauf verweist oder gar daran glaubt, man müsse diese, ausschließlich auf Profit und Machtgier basierende Welt, endlich verändern, um den jetzt lebenden Menschen und nachfolgenden Generationen, ein halbwegs erträgliches Lebens zu ermöglichen, dann wird die Welt der Ewiggestrigen und die der Heuchler, plötzlich hellhörig. Wie kann er nur?! Wie kann er es wagen, diese gottgewollte Ordnung, der nach Ruhm und Reichtum Gierenden, in der es ihnen doch so unendlich gut geht, anzugreifen? Wer ist er, dieser Todenhöfer, dass er glaubt, die Welt könnte besser werden, würde man nicht nur auf Gutes für sich selbst hoffen, sondern es, auch für andere, tun. Todenhöfer mag ein Träumer sein. Das aber waren oder sind andere auch. Man könnte bei Jesus anfangen und bei Martin L. King oder John Lennon aufhören. Letzterer sang die schöne Strophe, „… ich bin ein Träumer, aber ich bin nicht allein“. Zugegeben. Träumer allein können diese Welt nicht verändern. Sie zeigen uns jedoch, dass es auf diesem Planeten noch etwas anderes gibt, als Neid, Gier und Hass. Sie zeigen uns, dass der Mensch mehr vermag, als Flächenbombardements zu legen und Menschen zu unterdrücken. So lange die Gegner dieser Ansichten und Ideen laut aufschreien und ihre verbalen Geschütze in Stellung bringen, kann sich einer wie Todenhöfer auf der richtigen Seite wähnen. Sie können nicht anders. Sie müssen die Welt, ihre Welt, die ihnen die materiellen und politischen Pfründe sichert, schützen. Denn das ist alles was sie, neben einer tiefen geistigen Leere, vorzuweisen haben.

Katharina Lustgarten / 22.11.2013

Todenhöfer hinterlässt nicht nur eine Schleimspur breit wie eine achtspurige Autobahn, er setzt überhaupt neue Maßstäbe, die 150% Vollverschleimung.

Narses Kalchas / 22.11.2013

[..] Ein Symbol der Missachtung der primitivsten Rechte der Palästinenser. [..] Was sind primitive Rechte? Gibt es auch intelligente Rechte?

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 27.11.2023 / 15:00 / 45

Die Polizei ermittelt

Die Berliner Polizei hat alle Hände voll zu tun. Umso schöner, dass sie die Zeit findet, sich um kleine, aber nicht unwichtige Fälle zu kümmern.…/ mehr

Henryk M. Broder / 05.10.2023 / 14:00 / 18

So könnte aus dem Antisemitismus noch was werden!

In Zeiten wie diesen, da die Tage immer kürzer und die Gesichter der Ampel-Koalitionäre immer länger werden, müssen wir für jede Heiterkeit erzeugende Nachricht dankbar…/ mehr

Henryk M. Broder / 05.06.2023 / 12:00 / 39

Vom Saulus zum Raulus

Die Straßenkleber der Letzten Generation wollen das Klima vor dem Kollaps und die Welt vor dem Untergang retten. Gut so! Irgendjemand muss es ja tun.…/ mehr

Henryk M. Broder / 08.01.2021 / 06:00 / 62

Lieber Wendler als Goethe

Es sei immer ein Problem, sagt Dieter Bohlen, einem Bekloppten klarzumachen, "dass er bekloppt ist". Wie richtig er mit dieser Feststellung lag, muss Bohlen spätestens klargeworden…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.12.2020 / 15:30 / 12

All I Want for Christmas Is… Jews!

Weihnachten ist zwar ein christliches Fest, hat aber einen ausgesprochen jüdischen Hintergrund. Das schönste Weihnachtsgedicht, "Heilige Nacht", wurde von Erich Mühsam geschrieben, das populärste Weihnachtslied,…/ mehr

Henryk M. Broder / 21.06.2020 / 12:45 / 52

Es ist Zeit für eine Auseinandersetzung mit Otto und dem Rassismus!

Wenn der deutsche Spießer tobt und rast, kann er nur durch den Einsatz einer Armee daran gehindert werden, sein Werk zu vollenden. Egal, ob es…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.05.2020 / 13:00 / 16

Ein Schwein für alle! Am Samstag im Literaturcafé in der Fasanenstraße

Nach zwei Monaten Shutdown hat das Café im Literaturhaus in der Fasanenstraße 23 wieder geöffnet. Neben dem Café Buchwald in Moabit eines der letzten richtigen…/ mehr

Henryk M. Broder / 09.02.2020 / 14:30 / 12

Bei Sturm ins Babylon

Sturmtief Sabine ist im Anmarsch. Bundesbahn und Luftansa raten, von Reisen abzusehen und daheim zu bleiben. Allein daheim kann freilich fad sein. Gehen Sie lieber ins…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com