Ich bin gerade auf einen Artikel
gestossen, der zum Gegenstand den Antrag einer Frau bei der Hamburger
Staatsanwaltschaft hat, den Koran auf Vereinbarkeit mit dem
Grundgesetz prüfen zu lassen. Dies wurde erwartungsgemäß abgelehnt.
Bemerkenswert aber, was die zuständige Staatsanwältin in ihrer Begründung
schrieb:
“(...) Wer sich in einer konkreten Situation durch seine
Glaubensüberzeugung zu einem Tun oder Unterlassen bestimmen lässt, kann
mit den in der Gesellschaft herrschenden sittlichen Anschauungen und den
auf sie gegründeten Rechtspflichten in Konflikt geraten. Verwirklicht
er durch dieses Verhalten nach herkömmlicher Auslegung einen
Straftatbestand, so ist im Lichte des Artikel 4 Abs. 1 GG zu fragen, ob unter
den besonderen Umständen des Falles eine Bestrafung den Sinn staatlichen
Strafens überhaupt noch erfüllen würde. Ein solcher Täter lehnt
sich nicht aus mangelnder Rechtsgesinnung gegen die staatliche
Rechtsordnung auf. Er sieht sich vielmehr in eine Grenzsituation gestellt, in der
die allgemeine Rechtsordnung mit dem persönlichen Glaubensgebot in
Widerstreit tritt und er fühlt die Verpflichtung, hier dem höheren
Gebot des Glaubens zu folgen.
Die sich aus Artikel 4 Abs. 1 GG ergebende
Pflicht aller öffentlichen Gewalt, die ernste Glaubensüberzeugung in
weitesten Grenzen zu respektieren, muss immer dann zu einem
Zurückweichen des Strafrechts führen, wenn der konkrete Konflikt zwischen einer
nach allgemeinen Anschauungen bestehenden Rechtspflicht und einem
Glaubensgebot den Täter in eine seelische Bedrängnis bringt, der gegenüber
sich die kriminelle Bestrafung als eine übermäßige und daher seine
Menschenwürde verletzende soziale Reaktion darstellen würde (vgl.
BverfG NJW 1972, 327 (328,329)).
Vor dem Hintergrund dieser durch das
Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze und unter
Berücksichtigung der zentralen Bedeutung des KORAN für den islamischen Glauben sowie
seiner Entstehungsgeschichte kommt eine Strafbarkeit wegen
Volksverhetzung und/oder Beschimpfen von Bekenntnissen gemäß §§ 130, 166 StGB
durch Verbreiten des Koran nicht in betracht.
Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob der KORAN nur in der von Ihnen dargestellten Form oder wie
es von vielen Reformern in der islamischen Welt bereits getan wird, in
Übereinstimmung mit den Menschenrechten ausgelegt werden kann. (...)”
So weit die Staatsanwaltschaft.
Heisst das, die RAF-Mitglieder hätten nie so hart bestraft werden
dürfen, schliesslich haben sie ja ihrer Überzeugung gemäß gehandelt?
Und was ist mit Nazis, werden die nicht auch “durch ihre Überzeugung
zu ihrem Handeln bestimmt”? Desgleichen Satanisten? Was meinen Sie?
Mit freundlichen Grüßen
Dr.G.