Als ich mir am 11.9. aufgrund der ersten Kairoer Protestberichte den YouTube-Trailer für “Innocence of Muslims” anschaute und noch über den irrwitzigen Dilettantismus des Filmchens lachte (das war vor der Ermordung amerikanischer Diplomaten in Benghazi, wonach mir das Lachen verging), kam mir, der eigentlich nicht zu spekulativen Verschwörungstheorien neigt, klammheimlich der Verdacht, das Machwerk sei vielleicht von Islamisten produziert worden, um am 11. Jahrestag der Al Qaida-Massenmorde demonstrative antiamerikanische Hysterie in islamisch dominierten Gesellschaften zu provozieren und weitere terrorbereite Aktivisten zu rekrutieren. Mein Verdacht bewahrheitete sich anscheinend nicht; stattdessen erschien hinter der falschen Identitätsmaske eines frei erfundenen israelischen Islamhassers namens Sam Bacile der ehemalige Rauschgiftproduzent und Bankbetrüger Nakoula Basseley Nakoula, ein vorbestrafter, nun mit einem Handtuch vermummter Krimineller koptisch-ägyptischer Herkunft.
Dieser kalifornische Knallchargenhäuptling und seine Trittbrettfahrer wie der koranzündelnde Haßprediger Terry Jones aus Gainesville, Florida haben die amerikanische Verfassung auf ihrer Seite, denn in den USA ist Ausdrucksfreiheit ein absolutes Bürgerrecht, solange sie nicht zu konkreten Gewaltaufrufen oder zu nachweislicher Verleumdung lebender Personen degeneriert. Daran ändert auch nichts, wenn in Schariadiktaturen die Kugeln und Molotowcocktails fliegen und in europäischen Gutmenschendemokratien von einer Verantwortung gefaselt wird, die angeblichen Auswüchsen der Meinungsfreiheit gesetzlichen Einhalt gebieten müsse. Bei diesem heiligen konstitutionellen Gut lassen sich die Amerikaner von niemandem reinreden, schon gar nicht von deutschen Besserwissern, und das ist richtig so.
Über Geschmack läßt sich bekanntlich streiten. Zwar wurden über “Innocence of Muslims” fast einhellig von allen Seiten vernichtende ästhetische Urteile gefällt, und es ist bezeichnend, daß eigentlich nur Talibane und ähnlich gesinnte Kopf-ab-Kanaillen den Schwachsinn überhaupt ernst nehmen; andererseits läßt sich nicht übersehen, daß die Ideologen eines Weltkalifats mit ihren hetzenden Mullahs und kreischendem Fußvolk mit Kunst und Ästhetik nichts am Hut haben, wie u.a. die Fatwa gegen Salman Rushdie, die Verteufelung dänischer Karikaturisten, die Ermordung des Theo van Gogh uns humanistisch gesinnten Abendländlern glasklar machten. Also frage ich mich, wie der absolutistische Islamismus reagiert hätte, wäre anstelle dieses Blödlings an Amateurfilm ein gut geschriebenes, professionell produziertes Bio-Pic über Mohammeds menschliche Verfehlungen auf YouTube erschienen – etwas, was selbst Geert Wilders in seinem vor ein paar Jahren ach so “umstrittenen”, mittlerweile ebenfalls auf YouTube anzuschauenden Koran-kritischen Film “Fitna” vermied. Genauso gewalttätig, befürchte ich, hätte es ein paar Demagogen so gefallen, die populistische Zündschnur anzufackeln; nur: Welche Gründe hätten westliche Apologeten dann für ihre Zensurforderungen ins Feld geführt?
Gestern abend brachten im amerikanischen Fernsehen, unter dem Titel “Democalypse 2012”, Jon Stewart und sein Sidekick John Oliver in der “Daily Show” die ganze leidige Angelegenheit auf den vorläufigen satirischen Schlußpunkt, der ihr gebührt – absolut sehenswert! Ich weiß nicht, ob diese Links außerhalb der USA funktionieren, hoffe es aber sehr:
http://www.thedailyshow.com/watch/mon-september-17-2012/actual-democalypse-2012
http://www.thedailyshow.com/watch/mon-september-17-2012/actual-democalypse-2012—-islam-s-growing-pains