Sie haben eine gute Beobachtungsgabe, Herr Rietzschel. Danke, dass Sie Ihre Gedanken veröffentlichen. Was man gerade zur Agenda macht, ist oft nur gut kalkulierte Strategie. Die gegenwärtige Nummer mit der Homoehe ist dafür ein sehr anschauliches Beispiel. Diese “Diskussion” wurde bewußt jetzt losgetreten - ein Pseudo-Aufregerthema, das die Leute beschäftigen soll. Man kann sich prima profilieren, ohne etwas zu riskieren. Man “setzt ein Zeichen der Toleranz” - mal wieder. Es gibt gerade wichtigere Themen als die “Homoehe” - ja. Die ständig beschworene Toleranz wird nur selektiv propagiert - ja. Einer Mehrheit im Volk ist Politik eh egal, wenn sie sich nicht direkt auf das eigene Leben, das eigene Bankkonto auswirkt. Da hält man dann auch gern “mutig” und “tolerant” das eigene Fähnchen mal in den Wind, wenn die Sau “Homoehe” durch´s Dorf getrieben wird und am eigenen Haus vorbeirennt - man kann danach bequem die Türe wieder schließen, muß sich nicht mit den Bessermenschen herumärgern und hat wieder seine Ruhe.
“Während das Lumpengesindel des IS sich rühmte, gefangene Frauen, bevorzugt Christinen, für ein Handgeld als Lustobjekte zu verscherbeln, und bei den Saudis die Tradition auflebt, Ehebrecher zu steinigen, legten sich linke, soziale, liberale und grüne Demokraten hierzulande für die rechtliche Anerkennung der Homo-Ehe mutig ins Zeug.” Ich kapiere diese “Logik” nicht. Nur weil anderenorts noch viel schlimmere Sachen passieren, darf man die deutsche Politik nicht kritisieren? Ansonsten schaut in dieser Hinsicht die eigene Bilanz auch nicht sonderlich gut aus. Wo waren denn die Artikel über Boko Haram auf der Achse? Wo waren die Artikel über die Massaker an Muslimen in der WELT? Wo wurde in konservativen Medien überhaupt mal Kritik an Saudi-Arabien geübt? In meiner Lebenszeit jedenfalls nicht. Für Konservative und Ex-Liberale scheinen auch die GEZ und der Mindestlohn größere Probleme zu sein als ISIS. “Weil sie der Regierung nicht mehr über den Weg trauen, nennt Wolfgang Schäuble Tausende friedlicher Demonstranten „eine Schande für Deutschland“. Eine Partei, die volkswirtschaftlich begründete Zweifel an der Euro-Politik hegt, wird des „Rechtsradikalismus” geziehen; ihre Vertreter werden als „Nationalisten“ ausgegrenzt. Juden müssen sich als öffentlich „feige Sau“ anpöbeln lassen und fürchten, auf offener Straße angerempelt zu werden. Unter den Intellektuellen, der linken Elite des Landes grassiert ein Antisemitismus, der sogar die Frankfurter Rundschau veranlasste, vor einem ideologischen Rückfall in die Vergangenheit zu warnen.” Es ist armselig, Progressive und verschiedene Minderheiten untereinander auszuspielen. Außerdem erscheint mir die neu entdeckte Judenfreundlichkeit der Konservativen extrem heuchlerisch. Die christliche Rechte in den USA macht immer auf Pro-Israel, verschweigt aber gerne, was ihrem Weltbild zufolge nach der Apokalypse mit den Juden passieren soll. Ebenso spielen nun deutsche Konservative die Juden sehr gerne gegen Moslems aus, werfen sich aber in anderen Fragen den Antisemiten aus dem *gida-Umfeld, äh, pardon, den “Tausenden friedlichen Demonstranten”, an den Hals. Ob Letztere intellektuell oder links sind oder zur Elite gehören, sei dahingestellt. In Sachen Judenhass sind die Parolen, die man jüngst auf Thüringer *gida-Demos hörte, allerdings eindeutig.
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