Vera Lengsfeld / 18.10.2017 / 17:23 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 13 / Seite ausdrucken

Das Märchen von den harten Jamaika-Verhandlungen

Heute beginnen die Sondierungsgespräche für ein so genanntes Jamaika-Bündnis. Es werden in den Medien „harte Verhandlungen“ vorausgesagt. Dieser Botschaft sollte man keinen Glauben schenken. Es hat zu viele Kungelrunden im Vorfeld gegeben, in denen sogar schon über Ministerposten geredet wurde.

Man ist sich bereits weitgehend einig, weiß aber noch nicht, wie man das der Öffentlichkeit beibringen soll. Kanzlerin Merkel hat vor Beginn des Treffens schon mal zur „Kompromissbereitschaft“ aufgerufen. Welche Kompromisse soll ein inhaltlich entkernter Kanzlerwahlverein noch eingehen?

Gemeint ist natürlich die Schein-Obergrenze, auf die sich CDU und CSU „geeinigt“ haben. Obwohl es sich um einen durchsichtigen, windelweichen Scheinkompromiss handelt, wollen besonders die Grünen diese Vorlage unbedingt zu Fall bringen. Die Chancen stehen gut. Merkel ist ohnehin voll auf der grünen Linie und Horst „Drehhofer“ hat am Vorabend der Gespräche den Grünen einen Freundschaftsbesuch zum besseren „Kennenlernen“ abgestattet. Er wird sich verhalten, wie man es von ihm gewohnt ist: als vermeintlicher bayrischer Löwe laut brüllen, um anschließend um so weicher als Bettvorleger von Kanzlerin und Grünen zu landen. Vielleicht sind die Grünen ja gnädig und schieben das Verbot des Verbrennungsmotors um fünf Jahre hinaus, damit die Union einen „Erfolg“ vermelden kann.

Wer auf die FDP hofft, tut das vergebens. Zwar hat sich Christian Lindner im Wahlkampf in Bezug auf die ungesteuerte Masseneinwanderung fast wie ein AfDler angehört. In den Verhandlungen wird das keine Rolle spielen. Sein Parteifreund Wolfgang Kubicki hat bereits öffentlichkeitswirksam „Verhandlungshürden“ vorgegeben, die keine sind. Rainer Zitelmann hat das im Wallstreet Journal richtig analysiert.

Nebelkerzen, genannt „rote Linien“

Kubicki, der als Landespolitiker alt, grau und grantig geworden ist, fühlt sich offensichtlich unterschätzt und möchte seine politische Karriere unbedingt mit einem Bundesministerposten krönen. Das wird er notfalls auch gegen Christian Lindner durchzusetzen versuchen. Das Schicksal seiner FDP scheint ihm ebenso egal zu sein wie Merkel das der CDU. Er wirft Nebelkerzen, genannt „rote Linien“, für die Jamaika-Verhandlungen. Ohne ein Einwanderungsgesetz und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags gehe es nicht. Allerdings wollen inzwischen alle Verhandlungspartner ein Einwanderungsgesetz. Ein solches anzustreben, ist also gar kein Problem.

Die strittige Frage ist dagegen, wie mit der chaotischen Einwanderung via Asylgesetz verfahren werden soll. Bleibt die neben dem Einwanderungsgesetz bestehen oder wird sie endlich eingedämmt? Wie soll mit den bereits Eingewanderten verfahren werden? Sollen die weiter im sozialen Netz verharren müssen oder wird ihnen endlich erlaubt, jenseits fast unüberwindlicher bürokratischer Hürden, die ein freies Unternehmertum in Deutschland inzwischen fast unmöglich machen, kleine handwerkliche Betriebe zu gründen, mit denen sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen und die Gesellschaft wirklich bereichern könnten? Dazu hört man nichts.

Auch wie mit dem Familiennachzug umgegangen werden soll, wird von den Verhandlungspartnern verschwiegen. Will die Politik tatsächlich in einer Situation, in der die Masseneinwanderung 2015/2016 noch nicht verkraftet ist, neue Millionen von Einwanderern nachholen? Die Öffentlichkeit soll mit dem Hinweis ruhig gestellt werden, dass nur ein Ehepartner und ein Kind nachziehen dürfen. Das ist Volksverdummung, denn die Nachzügler kommen aus Gegenden, wo keineswegs die Ein-Kind-Familie vorherrscht, sondern Großfamilien üblich sind.

Unter den FDP-Wählern herrscht Ösi-Stimmung

Kubicki glaubte, die CSU vor falschen Schlüssen aus der Österreich-Wahl warnen zu müssen. Tatsächlich ist diese Wahl ein klares Votum gegen eine weitere Masseneinwanderung. In Deutschland ist die Stimmung im überwiegenden Teil der Bevölkerung ähnlich, besonders unter den FDP-Wählern.

Auch Kubickis zweite „rote Linie“ ist ein Fake. Auf die Abschaffung des Soli werden sich alle mühelos verständigen können. Notfalls wird er für die kommende Legislaturperiode festgelegt. Tatsächlich wird es bei der Fortsetzung der ungebremsten Masseneinwanderung zu Steuer- und Abgabenerhöhungen kommen müssen, zumal die Kosten der verfehlten Eurorettungspolitik in dieser Legislaturperiode durchschlagen könnten.

Und dann sind da noch die EU-Reformpläne von Emmanuel Macron, denen Kanzlerin Merkel bereits zugestimmt hat und die Deutschland weitere finanzielle Lasten aufbürden werden. Jamaika wird kein Projekt des Aufbruchs, es wird nicht mal der Versuch, wenigstens die dringendsten Probleme anzupacken. Jamaika wird ein Postenbeschaffungsprogramm. Die Minister und Staatssekretäre werden sich vermehren. Die Dienstwagen-Koalition wird Merkel weitere vier Jahre die Macht sichern und eine Politik betreiben, die unser Land tiefer in die Bredouille treibt.

Foto: Bildarchiv Pieterman

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Leserpost

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Thomas Schmid / 18.10.2017

Richtig Frau Lengsfeld. Und wer DAS alles nicht will, hat dann nur noch eine Alternative, die AfD.

Wirsam, Dietmar / 18.10.2017

Möglicherweise wird dieses sogenannte Einwanderungsgesetz zur Legalisierung der unrechtmäßig über “Asyl” eingewanderten Migranten gebraucht.

Andreas Keppel / 18.10.2017

In der Tat: Die Forderung nach Abschaffung des Solis als Vorbedingung gleicht -an den drängendsten Problemen gewichtet- eher einer Forderung, dass das Gras grün zu bleiben habe. Lindner hat im Prinzip schon auf den ersten Pressekonferenzen das wirklich sehr drängende Migrationsthema durch Ausschweigen bereits quasi genullt, während er sich im Wahlkampf hier noch als AfD-Trittbrettfahrer betätigt hat. Stattdessen kam dann sowas wie “Bildung”, - auch wichtig, aber vor dem Hintergrund von Migrations- und Eurokrise eher ein Thema, dass sozusagen im Vorbeilaufen mit zu erledigen ist, zumal bei sehr wirksamen Maßnahmen bei den Hauptproblemen die nötigen Mittel dafür frei würden. Lindner soll 2015 angeblich mit einem >>Refugee welcome<<-Button gesichtet worden sein. Es gibt bei den Koalitionären offenbar mehr als nur einen “Drehofer”... Bei Ihrem Artikel fällt mir der Ausspruch ein, wonach jedes Volk die Regierung habe, die es auch verdiene. Ganz abwegig ist es nicht: Denn das Wahlergebnis in Niedersachsen zeigt, wie wenig der Wähler gewillt ist,  ein derartiges Schmierentheater ernsthaft zu quittieren. Ob jemand so tief über diese Hintergründe von Jamaika nachdenkt oder nicht: Es zeigt sich zumindest offensichtlich, dass die Politiker keine ernsthaften Anstalten machen, Konsequenzen aus dem Bundestagsergebnis zu ziehen. Niedersachsen relativiert erheblich und ist bestens geeignet, zaghafte Debatten u. a. in der Union im Keim zu ersticken. Es ist eine missverstandene Einladung, weiterzuwursteln wie bisher.

Michael Lorenz / 18.10.2017

Ich hatte schon länger argumentiert: die entscheidende Wahl für unser Land ist nicht die von 2017, sondern von 2021. Das ist nun noch deutrlicher geworden. Denn: zähle ich die Stimmen von AfD und FDP als Anti-Merkel-Stimmen zusammen, liegen wir schon knapp in der Größenordnung der ‘Blauen’ Österreichs. Und was werden wohl die FDP-Wähler machen, die feststellen, sie wurden nun ein zweites Mal dreist hinters Licht geführt? Und wieviele Nichtwähler und noch-treue Unionswähler werden wohl zusätzlich aktiviert, wenn die Schussfahrt in den Abgrund munter weiterläuft?

Günter Springer / 18.10.2017

Die Gespräche zur Bildung einer Jamaikakoalition werden eine Umfallerorgie ersten Ranges sein. Lobenswert dagegen der Rücktritt von MP Tillich, der Mann weiß was sich gehöhrt, Bravo!

Oliver Hoch / 18.10.2017

Merkel III war sicherlich die schlechteste Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik, und Merkel IV wird vermutlich noch schlimmer. Aber vier Jahre lang? Möglich, jedoch nur, wenn die Regierung wie in Frankreich den Ausnahmezustand ausrufen würde. Aber ist das realistisch? Glaube ich nicht. Bis in einem Jahr hat die Merkel-Regierung bei der Bundeswehr wie auch bei der Bevölkerung jeglichen Rückhalt verloren. Bei Neuwahlen wird die Union dann genauso pulverisiert wie ihre Koalitionäre. Kann sich die SPD bis dahin erneuern und zurückfinden zu den Fundamenten des Grundgesetzes?

Gisela Tiedt / 18.10.2017

Wozu eigentlich jetzt noch ein Einwanderungsgesetz? Die Steuern in Deutschland sind hoch und werden durch massenhafte Zuwanderung Unqualifizierter weiter steigen. Gleichzeitig steigen aus diesem Grund die Vorbehalte der einheimischen Bevölkerung gegenüber Fremden (bei Sieferle nachzulesen: Das Migrationsproblem). Potentielle qualifizierte Zuwanderer werden sich lieber ein anderes Land aussuchen als ausgerechnet dieses Deutschland.

Dietrich Herrmann / 18.10.2017

Da haben Sie ganz sicher Recht, Frau Lengsfeld! Das Kungel-Regime in Berlin tritt in eine neue, breiter angelegte Phase ein. Volksverdummung wird zum obersten Prinzip der sogenannten Regierungstätigkeit. Hoffentlich gelingt es dann der AfD diese sich selbstversorgende Clique zu jagen. Wohin ist erst mal egal, Hauptsache dass. Aber das Ziel muss im Sinne des deutschen Volkes sein, diese ignoranten, hochnäsigen Figuren der Alt-Parteien endgültig aus den Ämtern zu jagen.

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