Leute mit geringem Einblick könnten beim ehemaligen Satireheft der Neuen Frankfurter Schule Titanic ein unangenehmes Gefühl bekommen und sich verkniffene Redakteure vorstellen, die sich dafür feiern, dass auf dem, was sie machen, Titanic steht. Mitunter wird dieser Eindruck sogar gepflegt, wenn etwa in der Humorkritik die Titaniclesung als lustig empfohlen wird oder die heute-Show als die deutsche The Daily Show.
Man könnte sich austauschbare Kuhgesichter vorstellen, die es nicht nötig haben. Aber darin gibt man sich nur als unkundiger Konsument zu erkennen, der nicht weiß, was lustig ist, nämlich das, was in Titanic steht.
Weil das viele sind, sei hier erklärt, worin der Lustiggehalt besteht, zum Beispiel am aufgeklebten Beiheft in Neon-Stil „Knalltüten, die man vergessen kann“, natürlich Sarrazin, Kirsten Heisig und Journalisten, die Deutsche mit türkischem Pass schreiben und deshalb in die Tonne getreten gehören. Ja, das liest sich schulhofig und auf linkskorrekt gebürstet und dabei äußerst unkomisch, aber ein satirischer Gehalt ist in der Art und Weise zu suchen,
abgesehen davon, dass auf den Schulhöfen ein solches sprachliches Niveau mittlerweile wünschenswert wäre. Desgleichen die monatlichen Henscheid-Parodien; nur noch Tonfall und Abfeiern von Schlagwörtern – man stellt sich als Verfasser einen verbiesterten frustrierten Mann vor, der in seiner kleinen Welt gestört wurde und nichts ernst nimmt außer sich selbst.
Die Zielgruppe mag Gefallen daran finden, dass es immer die anderen sind, die dermaßen eins auf die Rübe kriegen, was voraussetzt, dass sie selbst sich so was nicht traut, und mag übergehen, dass es sich bei den Machern um Jungs handeln muss, die deshalb bestimmen wollen, wer in die Tonne getreten gehört, weil sie selbst es dann nicht sind.
Man könnte einen Mangel an künstlerischem Wert beklagen, man könnte die Haltung vermissen, über den ideologischen Kategorien zu stehen und die offiziellen Gewissheiten zur Erzeugung von Komik zu benutzen. Doch die Dienstleistung, die mit all dieser risikolosen Klopprhetorik gereicht wird, steht tatsächlich in der Titanic-Tradition, auf den allenthalben gebotenen Wahnsinn noch einen draufzusetzen; die sprachliche Selbstgefälligkeit und die scheuverklappte Sicht ist die zur absoluten Überspitzung durchgespielte deutsche Konformität mit dem dumpflinken Bescheidwissen. Hier wird gezeigt: So ergeht es allen Ideologen! Folgt nicht denen, die euch ein abgeschlossenes Weltbild verkaufen! Sonst werden ihr selbst so!
Wer die ungerechtfertigte Anmaßung, die in diesen Texten zum Ausdruck kommt, einmal durchschaut hat, ist unanfällig gegen die Kollegen bei Süddeutscher und taz und den anderen.
Schön, wenn Satire so etwas bewirken kann.