Erich Wiedemann / 12.04.2016 / 11:00 / 20 / Seite ausdrucken

Das ist keine Satire. Das ist Sudelei.

Am Sonntag habe ich Anne Will erstmals nach der halben Sendezeit ausgeknipst. Ich konnte es nicht ertragen, wie ein halbes Dutzend elitäre No-Name-Sinnsucher die Frage erörterten, ob Böhmermanns Ferkeleien schützenswerte Kunst seien. Ich glaube nicht, dass die einfältigen Talkarbeiter das Werk, um das es ging, alle gelesen hatten. Sonst hätte auch nicht einer von ihnen erklärt, was Kunst sei, müsse ausschließlich der Künstler entscheiden. Um den Trend der Sendung nicht zu verwässern, trug Anne Will das Opus auch nicht vor. Damit der Vorgang deutlich wird, soll das hier nachgeholt werden.

Sackdoof, feige und verklemmt, ist Erdogan, der Präsident

Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner, selbst ein Schweinefurz riecht schöner.

Er ist der Mann, der Mädchen schlägt und dabei Gummimasken trägt.

Am liebsten mag er Ziegen ficken und Minderheiten unterdrücken. 

Kurden treten, Christen hauen und dabei Kinderpornos schauen.

Und selbst abends heißt‘s statt schlafen Fellatio mit 100 Schafen.

Ja, Erdogan ist voll und ganz ein Präsident mit kleinem Schwanz.

Jeden Türken hört man flöten, die dumme Sau hat Schrumpelklöten.

Von Ankara bis Istanbul weiß jedermann,

dieser Mann ist schwul, pervers, verlaust und zoophil, Recep, Fritzl, Priklopil.

Sein Kopf so leer wie seine Eier, der Star auf jeder Gangbangfeier,

bis der Schwanz beim Pinkeln brennt.

Das ist Recep Erdogan, der türkische Präsident.

Über Schurken soll man Satiren schreiben, auch bösartige. Aber das  ist keine Satire. Das ist Sudelei. Dass Böhmermann den Erdogan beleidigt hat, dass ist entschuldbar, dass er die Kunst beleidigt hat, das ist unentschuldbar.

Axel Springer würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüßte, daß sein Vorstandsvorsitzender, Mathias Doepfner, die „Welt am Sonntag“ dazu benutzen würde, per Offenen Brief eine Sympathieerklärung an diesen Sauigel zu richten. Doch der mächtigste Verlagsboß der Republik bekam auch noch Szenenapplaus. Unter anderem vom Branchendienst "Meedia". Und zwar dafür, dass er sich für die "Freiheit der Kunst" eingesetzt hatte. Den Böhmermann-Mist für Kunst zu erklären, das schlägt dem Faß den Boden mitten ins Gesicht. Das ist blanke Blasphemie.

„Spiegel online“ rief sogar den Meisterspötter Kurt Tucholsky in den Zeugenstand. Er zitierte Tucho mit dem Satz, den der über das Wesen der Satire geschrieben hatte: „Wenn einer bei uns einen guten Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel“. Aber Böhmermann, den Anti-Simplicissimus, mit dem ehrenwerten Tucholsky zu vergleichen, das ist, als würde man einen Mann, der sich öffentlich an der Ecke einen runterholt, mit Ovid vergleichen, dem Römer, der die "Ars amandi" geschrieben hat.

Und wenn Böhmermann erklärt, er habe bewußt beleidigt, um klarzustellen, dass sowas in Deutschland nicht erlaubt sei, ist das so, als wenn einer einem anderen in den Hintern tritt und ihm dann erklärt, er habe das nur getan, um klarzustellen, daß Arschtritte verboten seien.

Der Satiriker Kurt Tucholsky entwarf für seinen Grabstein diesen Spruch: „Hier ruht ein goldenes Herz und ein eiserne Schnauze.“ Ein goldenes Herz hat der Satiriker Böhmermann nicht, dafür hat er eine perverse Phantasie. Kurt Tucholsky war Spross einer Kulturnation. Er hätte selbst gegen Hitler kein Gedicht geschrieben des Inhalts, dass dessen Kopf so leer sei wie seine Eier. Und Hitler war ein anderes Kaliber als Erdogan.Tucholsky hätte auch die Schwulen nicht beleidigt, wie Böhmermann das in seinem Gedicht getan hat. „Dieser Mann ist schwul, pervers, verlaust und zoophil“, heißt es dort. Man hat von den Grünen und Linken noch keinen Protest dagegen vernommen, dass hier Homosexuelle in eine Reihe mit Sittenstrolchen und Lumpenpack gestellt werden.

Warum aus gegebenem Anlass nicht mal eine Konspirationsthese? Woher kommt die Begeisterung vieler Medien für den ZDF-Schund? Sie kommt aus denselben Kreisen, die seit Wochen an Merkels Flüchtlingsabkommen mit der Türkei herumsägen. Die Kanzlerin kann es sich natürlich nicht leisten, Böhmermann zur Anklage freizugeben. Also muß sie Erdogan tüchtig verärgern. Wenn das gelingt, könnte der ganze EU-Türkei-Deal kollabieren. Das hieße: Für die Flüchtlinge wäre der Weg dann wieder frei nach Griechenland.

Das ist auch keine Satire.

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Leserpost

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Marina Hipp / 12.04.2016

Das ist ein genial guter Kommentar von Herrn Wiedemann, ich habe mich schiefgelacht, trotz allem Ernst der Geschichte, Sehe alles exakt wie er.

Georg Gifhorn / 12.04.2016

Ich kann die Schlussfolgerungen des Verfassers nachvollziehen, wenn man das Gedicht losgelöst vom Kontext betrachtet. In dem Fall wären auch all die Beteuerungen auf die Meinungsfreiheit obsolet, die ja ihre Schranken im “Recht der persönlichen Ehre” (Art. 5, Abs. 2 GG) findet. Zudem könnte man so manchem SPD-Vertreter Heuchelei vorwerfen, der sich als Gralshüter der FDGO aufspielt. Wo war das prinzipientreue Engagement für die Kunstfreiheit, als Kurt Beck die TITANIC eine einstwillige Verfügung erstritt, nachdem er sich mit dem gleichnamigen “Problembären” verwechselt sah? Weswegen soll ein türkischer Ministerpräsident - trotz seines autoritären Führungsstils - nicht die gleichen Rechte genießen? Doch ich sehe ein Missverständnis, wenn man - rein textimmanent betrachtet - die Stimme des Gedichts mit Jan Böhmermann gleichsetzt. In seiner ZDF-Show zitiert er jene Verse, um die Grenzen der Strafbarkeit zu verdeutlichen. Gewissermaßen handelt es sich bei seiner “Schmähkritik” um eine zeitgenössische Variante der romantischen Ironie. Im künstlerischen Akt spiegelt sich das künstlerische Schaffen wider, das damit als scheinhaft enttarnt. Das Gedicht stellt doch nur den Teil eines Spiels mit dem Publikum dar, das mit Sendebeginn begonnen hat. Böhmermann inszeniert seine Schelte. Er gibt keinen Autor des Gedichts an, sondern zitiert es lediglich - mit dem Wissen,, dass die Zuhörerschft die Anspielungen auch versteht. Und hierin sehe ich die Ironie, die als Teil der Satire im Sinne Tucholskys “alles darf”.

Ute Arndt-Hering / 12.04.2016

Danke, ich sehe es auch so.

Andreas Rochow / 12.04.2016

Verehrter Erich Wiedemann, ich möchte Ihnen von Herzen danken, dass Sie den Mut haben, sich so dezidiert kritisch zu der Böhmermann-Lobhudelei zu äußern. Freilich ist der agent provocateur nicht naiv in diese Staatsaffäre geraten. Er ist beileibe kein Anfänger im Mediengeschäft und genießt es, eine Plattform bei den öffentlich- Rechtlichen zu haben. Der Affront richtet sich doch eindeutig gegen die Bundeskanzlerin. Sie direkt zu schmähen, fehlte ihm dann offenbar doch der Mut - oder die Genehmigung…

Winnfried Gardner / 12.04.2016

Vielen Dank für diesen Artikel! Beihnahe hätte ich an meinem Verstand gezweifelt. Andauernd ist die Rede von Kunst, Freiheit des Wortes und Satire. Auf öffenlichen Toiletten habe ich schon bessere Wand “Gedichte” lesen können. Für meine Generation war Satire intelligent mit hintergrüdigem, augenzwinkerndem Charm der unbequeme Wahrheiten thematisierte. Der eigentlich Schuldige ist bei der Redaktion der Sendung zu suchen. Während man alle Sendungen auf mainstream und political correctness trimmt, ist es scheinbar erlaubt einen Kübel persönlicher, beleidigener Jauche auf einen fremden, demokratisch gewählten Staatschef zu schütten. Infantiler, analfixierter Müll ist keine Satire und Erdogan ist kein Demokrat!

Andreas Horn / 12.04.2016

Lieber Herr Wiedemann, zu Ihrer These :-). Ich glaube, da überbewerten Sie den Sachverstand und Politikfähigkeit unserer Medien. Falls nicht müßte man dann ja davon ausgehen, daß Merkel Böhmermann angestieftet hat, damit ihre geliebten “Schutzsuchenden und Reisende” wieder ungehindert einreisen können und sie quasi den ungeliebten Deal mit Erdogan beerdigen kann. Außerdem würde es dann auch die Solidaritätsnoten der Merkel Medien erklären. Liebe Grüsse

Frank Stricker / 12.04.2016

Das Problem ist in dieser Causa eindeutig, man verweigert dem Un-Sympath Erdogan jegliche Rechte, die man einem “Normalbürger” selbstverständlich gewähren würde. Daß sich Herr Erdogan gegen diese primitiven Diffamierungen des Herrn Böhmermann wehrt, finde ich völlig o.k. Des Pudels Kern ist ja, dass hier überhaupt keine Satire vorliegt. Es geht hier ja überhaupt nicht um die Einschränkung der Meinungsfreiheit, es geht schlicht um eine massive Beleidigung, die entsprechend gerichtlich geahndet werden kann und sollte. Ich verstehe auch nicht, warum Herr Bellut (ZDF Programmdirektor) diese Sache so eskalieren läßt. Ein Anruf bzw. eine Entschuldigung bei der türkischen Botschaft, eine mittlere Spende für eine gemeinnützige, türkische Einrichtung ( z.B. Kindergarten) und die “Kuh wäre vom Eis”.

Harald Schmitz / 12.04.2016

Sehr sehr schön, dass dieses “Gedicht” noch mal von Ihnen zur Anschauung abgebildet wird. Ich habe hier an anderer Stelle schon mal geschrieben, dass man sich auf Grundrechte nicht schrankenlos berufen kann, da auch andere - man höre und staune - schützenswerte Rechtsgüter ihr eigen nennen dürfen. Und die Sudelei nun als Kunst zu bezeichnen schlägt dem Fass in der Tat den Boden raus. Ihr Vergleich mit dem “Onanisten” und Ovid - einfach nur klasse! Es trifft den Nagel auf den Kopf! Also bleibt die Frage nach dem warum ? Warum schiebt man Jan Böhmermann in diese Märtyrerrolle? Sind es wirklich politische Interessen? Der Flüchtlings-Deal mit Erdogan? Oder geht es gewissen Teilen von Politik und Medien (“Lügenpresse”, “Staatsfunk”) vielleicht doch darum, ihr reichlich ramponiertes Image wieder aufzupolieren, sich zum Retter der Grundrechte aufzuschwingen und/oder vielleicht auch von anderen Schauplätzen abzulenken?

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