Gunnar Heinsohn / 19.05.2018 / 11:00 / 10 / Seite ausdrucken

Das Hamas-Israel Paradox

Die Hamas weiß, dass keine Armee des Nahen Ostens so sanft mit ihr umgehen würde wie die israelische. An jeder anderen Grenze würde die Organisation nicht zwei-, sondern fünfstellige Opferzahlen erleiden. Es ginge ihr wie Syrien, Irak oder Jemen mit ihren Dauerkriegen. Das einzig Ungewöhnliche am Nahen Osten besteht im Verzicht der Israelis, mit der Terrorgruppe zu verfahren, wie diese gegen Juden vorgehen will. Hamas will ausrotten, kann es aber noch nicht richtig. Es kann an diesem Projekt aber weiterarbeiten, weil Israel unterlässt, was es tun könnte, nämlich den Gazastreifen in ein Aleppo oder ein – vor kurzem noch paradiesisches – Ghuta zu verwandeln. 

Israel – so paradox es klingt – ermöglich durch seine Zurückhaltung den Ökoterror mit brennenden Drachen in seine eigenen Felder. Hamas schickt durchaus vorsichtige Frauen mit der Beruhigung an die Front, dass die Israelis nicht auf Frauen schießen. Kinder werden mit derselben Aussicht auf ungefährliches Heldentum in die Feuerlinie gelockt. Einige trifft es dann doch, weil sich hinter ihnen versteckende Bombenleger ausgeschaltet werden müssen. Hamas ruft dann „Kindermörder“ in die Welt, und die islamistischen Hauptstädte von Ankara bis Teheran stimmen begeistert ein, obwohl diesmal sogar ihr russischer Bündnispartner Gazas „extremistische“ Taktik kritisiert. Erst als Ägypten ein Ende der Aktionen verlangt, knickt Hamas ein. Seine Führer wissen, dass Kairo mit ihnen nicht lange fackeln würde. 

Israel hat in dem Entsetzen allenfalls die Chance, den Umgang mit immer größeren feindlichen Massen zu erlernen. 1950 lebten in Gaza nur eine Viertelmillion Menschen. Heute sind es zwei, 2030 aber werden es über 2,5 Millionen sein. Sie können nur zorniger und kriegslistiger werden. Dabei wird ihre Kapazität zur Absorption von Verlusten stetig größer. Sie sind auf ihre Weise Kinder des Westens. Er garantiert über die UNRWA, dass auch noch das vierte Kind der dritten Ehefrau rundum finanziert wird. Weil Amerika dabei jetzt nicht mehr mitmacht, haben westeuropäische Länder ihre Beiträge vorgezogen oder gar erhöht. 2017 überweist Berlin knapp 80 Millionen. Dazu kommt der Anteil am EU-Geschenk von mehr als 140 Millionen €. Relativ noch viel mehr gibt mit 27 Millionen die Schweiz. Auch dadurch kann Gaza seit 1950 seine Bevölkerung um den Faktor 8 erhöhen, während das benachbarte Ägypten nur knapp über den Faktor 4 vorankommt.

Obwohl es wohl niemand ausdrücklich will, geht es indirekt auch um einen Krieg von Ländern und stillschweigenden Beobachtern des Holocaust gegen Nachkommen seiner Überlebenden. Er ist noch lange nicht vorüber.

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Stephan Mauer / 19.05.2018

DANKE!!! Für diesen Text. Jetzt muss ich doch noch kurz einen Kommentar schreiben um diesen Text zu würdigen. Genau diesen Gedankengang hatte ich auch schon Mal. Ich bin ein absolut friedliebender Mensch und möchte über sowas eigentlich gar nicht nachdenken. Aber ja, die israelische Armee ist im Vergleich absolut human. Soll sie noch “weniger” machen? Jeder andere Spieler, der Truppen in diesem Gebiet hat, würde in einer vergleichbaren andauernden Situation bei Weitem nicht so zimperlich vorgehmen und hätte es schon längst als Vorwand genommen, dass Gebiet, aus dem die Bedrohung kommt, in Schutt und Asche zu legen. Über die Schrecken des IS braucht man hier wohl kaum reden. Aber auch was die “richtigen” Armeen dort anrichten ist normalerweise erschreckend. Danke auch, dass sie hier die Russen erwähnen, was gerade auf einem konservativen Portal im Moment nicht so leicht ist, da es hier viele Fans gibt. Aber ja, Islamisten bekämpfen ok, aber die Bündnisse mit Diktaturen der Judenhassen aus dem Iran und Syrien, das muss man Russland ankreiden. Auch wenn man Bilder sieht, wenn gerade diese Armeen Städte zurück erobert haben in Syrien… Da steht wirklich fast nichts mehr. Trotzdem gibt es hier kein vergleichbares Echo. Und die Türkei braucht ja nicht mal einen wirklichen Grund um die Kurden zu vertreiben. Der Maßstab in der Beurteilung ist hier leider überhaupt nicht vorhanden!!! Eigentlich hätte die israelische Armee dieses Gebiet räumen müssen, schon längst. Paradoxerweise kommen sie gerade durch dieses doch recht vorsichtige Vorgehen dauernd unter die Räder. Vielleicht, weil es Juden sind, vielleicht weil es westlicher Staat ist, vielleicht weil gerade in Deutschland Diktaturen und Despoten irgendwie eine andere Bewertung erfahren (siehe Aussagen USA unter Trump vs. Norkorea, Russland, Türkei).

Wiebke Lenz / 19.05.2018

Es mag sich seltsam anhören: Aber für mich ist Israel nicht mehr und nicht weniger als ein Staat unter vielen anderen. Ich darf ihn kritisieren und ich darf befürworten, was der Staat Israel gegen die Feindlichkeiten unternimmt. (Und der Sechs-Tage-Krieg war nun wahrlich eine Glanzleistung.) Ich denke auch nicht, dass ein Israeli qua Staatsbürgerschaft eine Sonderstellung einnehmen möchte. Ich zumindest würde es nicht wollen - ich bin dann wieder etwas “anderes.” Aber diese Frage kann ggf. Herr Broder beantworten. Ich möchte nicht, dass es jetzt in die falsche Kehle gerät. Ich bin ein Befürworter des israelischen Staates. Mit allem Für und Wider. Ich möchte jedoch auch noch anmerken, dass nicht alle Staatsbürger Israels Juden sind. Dieses wird meines Erachtens zu oft durcheinander geworfen.

Ralf Pöhling / 19.05.2018

Israels Zurückhaltung ist kontraproduktiv. Man will sich keine Blöße geben um dem stetigen Vorwurf die Palestinenser “abzuschlachten” keinen Vorschub zu leisten. Man erzielt dadurch aber keinen Gewinn, da es sich hierbei ja nicht um einen wahrheitsgemäßen Vorwurf, sondern um eine bewusste Strategie handelt, um Israel vor der Weltgemeinschaft zu diskreditieren. Wenn Israel also militärische Zurückhaltung übt und nicht oder nur moderat gegen Hamas & co. vorgeht, wird das “barbarische” Vorgehen Israels gegen die Palestinenser vorgetäuscht oder bewusst provoziert, um Israel in ein schlechtes Licht zu rücken. Den Ruf Israels zu ruinieren ist das Ziel und man ist dabei trotz (oder eher wegen) Israels Zurückhaltung bereits weit fortgeschritten. Wer sich in seinem “Turf” behaupten will, muss Stärke zeigen und nicht Nachsicht üben! Was das heutige Europa dazu sagt, darf dabei nicht interessieren, denn das heutige Europa hat von existenziellen Problemen nicht den Hauch einer Ahnung. Der letzte große Krieg auf europäischem Boden ist nun 73 Jahre her und den jetzigen Machtinhabern sind existenzbedrohende Zustände deshalb völlig fremd. Es ist aber davon auszugehen, dass dieser Zustand pseudo-elitärer Dekadenz in naher Zukunft ein Ende finden wird, da der massenhafte Import nach Europa von genau der Klientel, mit der Israel seit Jahrzehnten im Clinch liegt, der hiesigen Bevölkerung die Augen öffnen wird. Ein Macht- und Politikwechsel in Europa ist deshalb nur eine Frage der Zeit und die ersten Anzeichen dafür sind bereits überdeutlich zu erkennen.

Bernhard Freiling / 19.05.2018

Bei uns haben es die Antisemiten, falsch: die Judenhasser, wieder mal, bis auf die Regierungsbank geschafft. Wie kann man Israel gegenüber permanent Freundschaftsbekundungen aussprechen und gleichzeitig deren größten Feind mit hunderten von Millionen € unterstützen, damit der davon den Hinterbliebenen seiner Selbstmordattentäter satte Renten zahlen kann und dadurch dafür sorgt, daß der Strom der potentiellen Selbstmordattentäter nicht abreißt? Wie kann man die Verbindung zu den USA und zu Israel auf’s Spiel setzen um Wirtschaftsabkommen mit dem zweitgrößten Feind Israels zu retten? Das Alles und noch viel mehr läßt mich am Verstand der uns Regierenden zweifeln.  Das wirklich Schlimme ist: Meine Eltern und Großeltern konnten wegschauen, sie konnten so tun, als ob sie nichts sehen würden. Heute sind wir voll informiert. Das Internet bietet jede Möglichkeit, wenn schon die Mainstreammedien nichts Anderes als Lügen und Relativierungen für uns haben. Wir wissen, daß unsere Steuergelder eingesetzt werden, um die Israelvernichter zu unterstützen. Und wir meinen, wir hätten dazugelernt? Ja, was denn? Wir wählen diese Judenhasser ein ums andere Mal wieder. Das ist sowas von pervers, dafür habe ich bald keine Worte mehr. Da bleibt nur noch Wut.  

Michael Lorenz / 19.05.2018

Ruhe im Nahem Osten gäbe es umgehend auf zweierlei Weise: a) wenn die ‘Palästinenser’ könnten wie sie wollten; oder die Israelis wollten, wie sie könnten!

Immo Sennewald / 19.05.2018

Sich die Textbausteine vorzustellen, mit denen Propagandatruppen westlicher Politbürokraten einen blutigen Ausrottungsfeldzug des islamischen Antisemitismus kommentierten: Dazu braucht einer wenig Phantasie. Der Opferstatus der Palästinenser ist ideologisch betoniert, die Finanziers der Hamas waschen ihre Hände in Unschuld. Wer sich heute nicht klar zum Existenzrecht Israels - also zu seinem Recht auf militärischen Schutz seiner Grenzen - bekennt, wer nicht die Terrorattacken der Hamas als solche brandmarkt, ist ein Heuchler.

Wolfgang Richter / 19.05.2018

Spätestens angesichts der Bilder der vergangenen Woche müßte den die Schecks gen Gaza unterschreibenden Wahlperiodendenkern im Westen klar sein, daß sie entweder den Untergang Israels finanzieren, oder -weil die Israelis dies mit militärischen Mitteln zu verhindern wissen- die endgültige Verwüstung Gazas, denn daß die überwiesenen Geldmittel nicht zur Verbesserung der Lebensqualität der dort Lebenden, sondern der besseren militärischen Möglichkeiten der dortigen Militanten zufließen, sollten die Bilder der Vergangenheit zu jedermanns Verständnis nachdrücklich gezeigt haben. Aber bis das Finale in dieser Gegend der Welt eingeläutet wird, hoffen die Verant- wortlichen vermutlich mit ihren satten Pensionen in den Ruhestand abgetaucht zu sein, bei irgend was mit Schirmchen auf einer sonnigen Terrasse sitzend und dem kommentierenden Satz “Das haben wir so nicht kommen sehen und natürlich nicht gewollt.” Und worauf trinken wir jetzt?

Andreas Horn / 19.05.2018

Da man diese Sachlage zum Selbstschutz militärisch betrachten muß, führt jede Verzögerung zur Stärkung der Vernichtungswilligen ! Ab einem bestimmten Zeitpunkt ist auch die militärische Option verspielt und das “Schicksal” nimmt seinen Lauf, wieder !

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