Merkwürdigerweise war auch mein erster Gedanke, dass sich der alte Karikaturist nachts in die Druckerei geschlichen haben muss und die Karikatur direkt auf die Druckplatten eingeritzt haben muss. Gut, es gibt keine Druckplatten mehr, aber die Vorstellung ist schon witzig. Dann aber wunderte mich, dass die gesamte Redaktion so viele Jahre mit dem guten Mann zusammengearbeitet hat und jetzt erst, und dazu noch ganz plötzlich, entdeckt haben will, dass er Antisemit ist. Vorher schien das niemandem aufgefallen zu sein. In einem so tugendhaften Haus hätte das doch eigentlich dazu führen müssen, dass sich die Verantwortlichen wegen erwiesener Unfähigkeit sofort selbst entlassen. Wenn sie denn zur Selbsterkenntnis fähig wären. Oder Rückgrat hätten. Oder auch so etwas wie Intelligenz. Scheint bei der SZ alles nicht vorhanden zu sein, und wenn, dann nur in homöopathischen Dosen.
Bei SPON erscheint fast jeden Tag ein Artikel oder Kommentar, der juden- bzw. israelfeindlich ist. Das musste das andere linke Flagschiff einfach nachziehen. Antisemitismus ist in linken Kreisen gerade chic.
Wer sich von den wirklich Verantwortlichen trennen will, kann das tun — falls man noch Leser der Süddeutschen ist.
SZ-Chefredaktor Kurt Kister schreibt heute selbst: “Die Karikatur gehört intern zu jenen Teilen der Zeitung, über die in der Konferenz immer mal wieder gestritten wird.” Damit ist doch sonnenklar, dass auch die Karikatur, für die jetzt Hanitzsch exmatrikuliert wurde, von einer Vielzahl von Redakteuren gesehen wurde. Es ist also mehr als schäbig, den hochbetagten Hanitzsch, der ansonsten meist wirklich gute Karikaturen abliefert und ein eigenständiger Kopf ist, als Bauernopfer zu präsentieren. Hanitzsch kann (konnte) nur Karikaturen anbieten, ins Blatt gehoben haben diese jedes Mal andere. Diese linken Journalisten sind wirklich unerträglich in ihrer Scheinheiligkeit. Fehlt nur noch ein seifiger Artikel vom Prantl dazu!
Ich tippe auf weltbekannten und gefürchteten Heribert Prandtl, dem Schreck aller Antisemiten und Rechten? Sorry, kann das sein, Karikaturist Hanitzsch und Prandtl sind Genossen und dadurch Freunde der freiheitsliebenden und friedlichen Palästinenser! Es müßen Gedankenfehler im Spiel sein! Nicht bei Hanitzsch, er ist nur ein Bauernopfer. Hoffentlich weiss Markwort am Sonntag etwas mehr darüber!
Die Rakete (“Mordwaffe”) und der Davidstern im Eurovisionslogo sind durchaus fragwürdig, aber der Vorwurf “der hinterlistge Jud’ mit seinen großen Ohren” ist an den Haaren herbeigezogen. Die Ähnlichkeit mit Benjamin Netanjahu ist ja wohl kaum zu leugnen.
Ich möchte inständig hoffen, dass der “Ich-bereue-nichts-Hanitzsch” endlich auch beim Bayerischen Rundfunk aus der Sonntagsrunde gekegelt wird. Weil er so unbedeutend ist, hat ihm wohl niemand zugehört, aber seine Beleidigungen sind mir immer wieder aufgefallen. Helmut Schmidt gegenüber äußerte er sich vor einiger Zeit als einem alten, senilen Sack, der endlich keine Interviews mehr geben solle. Nun hat es ihn als älteren Herrn getroffen. So arbeitet jeder an karmischer Gerechtigkeit.
Was Dieter Hanitzsch in seinem Innersten bewegte, als er Netanyahus Konterfei mit antijüdischen Versatzstücken versah, weiß ich nicht. Die Verantwortung der Veröffentlichung dieser Karikatur liegt aber bei der Süddeutschen, die mit derartigen Zeichnungen kein Problem hat. Diese Alpenprawda hat sich ja schon mit Grass’ unmöglichem Erguss “Mit letzter Tinte” hervorgetan und dieses Pamphlet an prominenter Stelle positioniert. Kündigt Euer Abo und lasst Euch diese Zeitung nur noch auf Flügen der Lufthansa schenken!
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