Bernhard Lassahn / 12.06.2010 / 18:31 / 0 / Seite ausdrucken

Das Glück, die Liebe und die große Zahl

Bei der Liebe, der Altersvorsorge und der Fußballweltmeisterschaft spielt der Zufall eine bedeutende Rolle. Und eben diesen Zufall - diesen kleinen anarchistischen Kobold und Störenfried - will man nun in den Griff zu kriegen, indem man mit möglichst großen Zahlen operiert und so versucht, das Unberechenbare doch noch irgendwie berechenbar zu machen.

So machen es die Partnerbörsen, die mir empfehlen, die Liebe meines Lebens zu finden, wenn ich bei ihnen Mitglied werde - am besten Premium-Mitglied -, um so diesem Zufall, der sich sonst so gerne als Trumpfkarte im Liebesleben aufspielt, ein Schnäppchen zu schlagen. Ich bin dann nicht mehr auf das Glück angewiesen, rein zufällig dem geeigneten Partner über den Weg zu laufen – „might it been another day, I might have looked the other way and I might have never been aware ...“ Es geht auch anders: Die große Zahl der Mitglieder, die schon auf mich warten, schmälert die Bedeutung des Zufalls, macht ihn zu einer kleinen radikalen Minderheit, zu einer quantité négligeable. Denn: Je größer die Zahl, desto kleiner der Spielraum des Zufalls. Deshalb trumpfen die Partnerbörsen gerne mit einer möglichst großen Menge von Mitgliedern auf.

Auch bei der Altersvorsorge. Bei mir im Viertel parken kleine gelbe Autos, die zu einem Pflegedienst gehören und die alle mit der Aufschrift werben: WEIL GUTE PFLEGE KEIN ZUFALL IST. So wird es wohl sein. Dazu muss man sich nur mal die demographische Entwicklung ansehen. Demnach gehen wir stramm einer Rentner-Republik entgegen; bei einer immer größeren Zahl von Pflegebedürftigen spielt dann sicher auch der Zufall nur eine kleine Rolle.

Doch bei der Fußballweltmeisterschaft könnte er wieder eine große spielen, weil da so wenig Tore geschossen werden. Ein Pfostenschuss, ein umstrittener Elfmeter kann ein Spiel entscheiden. Doch zum Glück kann man sich auch hier möglichst große Zahlen ausdenken. Die Qualität der Spieler lässt sich nämlich in einem umfangreichen Punktesystem erfassen. Da fließen Ablösesummen ein, Einsätze bei Länderspielen, geschossene Tore ... Heraus kommen imposante Zahlen im Millionenbereich. Das Team mit dem größten Wert hat rein rechnerisch die besten Spieler - und gewinnt.

Wenn da nicht der Zufall wäre. Der spielt jedoch keine große Rolle, wenn die Differenz in der Punktwertung groß ist – wenn also eine (rechnerisch) gute Mannschaft auf eine (rechnerisch) weniger gute trifft. Haben dagegen zwei Mannschaften etwa den gleichen Wert, kann sich der Zufall in seiner ganzen Unberechenbarkeit entfalten.

Nun kann man rechnen: Man nehme den Wert einer Mannschaft, die möglichen Spielbegegnungen und die jeweilige Bedeutung des Zufalls – Ergebnis: Spanien wird Weltmeister.

Ich gestehe: Bei der großen Liebe habe ich mich bisher so durchgewurschtelt und die Dienste einer Partnerbörse verschmäht. Es ging auch so. Bei der Altersvorsorge will ich noch ein Weilchen abwarten, das schiebe ich noch auf. Ob aber die Zähmung des Zufalls durch die große Zahl im Fall der Fußballweltmeisterschaft etwas taugt - das werden wir schon bald erfahren.

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