Das arte-ZK gibt bekannt

Straßburg ist nicht nur für seine vielen Spezialitäten (Flammekueche, Kougelhopf, Presskopf) bekannt, sondern auch für seine Komiker. Die besten von ihnen sitzen in der arte-Pressestelle. Die wiederum hat heute ein Pressestatement zur Dokumentation "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa", veröffentlicht, das so saukomisch ist, dass wir es Ihnen nicht vorenthalten wollen:

ARTE hat zur Kenntnis genommen, dass Bild.de die Dokumentation "Auserwählt und Ausgegrenzt. Der Hass auf Juden in Europa" in eigener Verantwortung online gestellt hat. Auch wenn diese Vorgehensweise befremdlich ist, hat ARTE keinen Einwand, dass die Öffentlichkeit sich ein eigenes Urteil über den Film bilden kann. 

ARTE kann und will den Film jedoch nicht durch eine eigene Ausstrahlung nachträglich legitimieren, da er, ohne dass ARTE darüber informiert wurde, gravierend von dem verabredeten Sendungskonzept abweicht. Eine solche Vorgehensweise kann ARTE in diesem wie in jedem anderen Fall nicht akzeptieren. 

Die Unterstellung, der Film passe aus politischen Gründen nicht ins Programm ist schlichtweg absurd: Der ursprünglich von der Programmkonferenz genehmigte Programmvorschlag sah ausdrücklich das Thema des unter dem Deckmantel der Israelkritik versteckten Antisemitismus vor - entsprechend der editorialen Linie von ARTE als europäischer Sender aber nicht im Nahen Osten, sondern in Europa.

Großartig, nicht wahr? Wenn es einen Grimme-Preis für das blödeste Pressestatement einer ö-r Anstalt gäbe, würde er nach Straßburg gehen. arte hat also "keinen Einwand", dass Bild.de die arte-Doku online gestellt hat, im Gegenteil, so kann sich die Öffentlichkeit ein eigenes Urteil über den Film bilden. 

Da war wohl ein Elsässer Gewürztraminer zu viel im Spiel. Damit sich die Öffentlichkeit ein eigenes Urteil über den Film bilden kann, hätte arte den Film ja selber ins Programm heben oder online stellen können. Und wie soll es jetzt weiter gehen? Werden die Bild.de-Leser jetzt abstimmen, ob der Film ausgestrahlt werden soll oder nicht? Wird sich arte dem Votum fügen?

Mir kommt das vor, als würde ein Mann zu einem Nachbarn sagen: "Ich habe keinen Einwand, dass du es meiner Frau besorgst, aber lass bitte die Türen weit auf, damit unsere Nachbarn sich ein eigenes Urteil bilden können, wer von uns beiden es besser kann."

Witziger ist nur der Schlussatz: Entsprechend der editorialen Linie von ARTE als europäischer Sender  sollte es in der Doku um Antisemitismus gehen, aber nicht im Nahen Osten, sondern in Europa.

Applaus, Applaus, Applaus! Und wenn arte demnächst einen Film über Rinderwahn (BSE) in Auftrag gibt, sollten die Produzenten darauf achten, dass nur Allgäuer Bauern und Kühe zu Wort kommen, aber keine aus England, wo die Seuche ausgebrochen ist. Man soll es mit dem Blick über den Tellerrand nicht zu weit treiben. Deswegen berichtet arte als europäischer Sender nur über europäische Themen, heute zum Beispiel über den Saguaro-Nationalpark in Arizona, stellt auf den Dächern der japanischen Metropole Tokio alte Traditionen und neue Trends vor und zeigt einen Roadmovie über einen jungen Mann, der in Kolumbien verschollen ist.

Ich freue mich ganz besonders auf eine Doku, die nach Mitternacht läuft. arte begleitet den Geografen Géraud Leroux in die türkisfarbenen Küstengewässer der Barren-Inseln vor Madagaskar, wo er Forschungen zu den dort beheimateten Meeresschildkröten anstellt.

Ich hoffe sehr, dass der Film ausgewogen ist und die Schildkröten angemessen zu Wort kommen.

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Leserpost

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Bärbel Schneider / 14.06.2017

Ich verstehe die Begründung von Arte nicht: Es geht im Film doch zu einem großen Teil um den Antisemitismus von Einheimischen und Zugewanderten in Frankreich und Deutschland und anderen europäischen Ländern. Liegen diese beiden Länder nicht mehr in Europa? Oder wollen sie etwa - Gott behüte - damit den Deutschen und Franzosen diverser Herkunft absprechen, Franzosen bzw. Deutsche zu sein, auch wenn sie dort leben und vermutlich auch oft eine europäische Staatsbürgerschaft haben? Selbst wenn man akzeptiert, dass sich Arte in diesem Fall (entgegen seinen sonstigen Gepflogenheiten) nur für Europa zuständig fühlt (was man übrigens als üblen “Europazentrismus” und fehlende Weltoffenheit geißeln sollte), bleibt die Begründung widersprüchlich.

Georg Dobler / 14.06.2017

Die Doku beginnt damit dass im Europaparlament eine Rede gehalten wird über Brunnenvergiftung durch Juden wie man es im Reichstag von 1942 durch Hitler oder Göhring erwartet hätte. Dazu geben die Abgeordneten standing Ovation. Dass eine solche niederschmetternde Darstellung des Parlamentes der EU, die dauernd über Werte und Populismus lamentiert,  politisch höchst unerwünscht ist, ist so klar wie es klarer nicht sein kann.

Brinkmann, Klaus / 14.06.2017

Eine der der besten und infomativsten Dokumentationen, die ich je gesehen habe - warum verbergen? Sollte die Meinung der Pressestelle die Meinung der Arte-Führung darstellen: Die Führung austauschen,sonst die Pressestelle. Besser beide, denn die “Blockade” kam wohl nicht aus der Pressestelle, die müssen nur “den Kopf hinhalten”. Man sollte aber sogar überlegen, ob arte und sogar der wdr noch eine Daseinsberechtigung haben, als “Sklaven der politcal correctnes” Danke, daß Sie das aufgegriffen haben.

Martin Wessner / 13.06.2017

Den Machern der Dokumentation fehlte es offensichtlich an interpolitischer Sensibilität. Der Film “Auserwählt und ausgegrenzt” sollte wohl vorallem ein deutsch-französischer Beitrag im Kampf gegen Rechts und nicht aber gegen Links sein. C’est la vie. Kann ja mal passieren.

Christoph Jung / 13.06.2017

Arte und die anderen ÖR-Anstalten sollten demnächst ihre Produktionsaufträge exakter definieren. Es wäre wahrscheinlich am effektivsten, sie würden den Filmemachern eine genaue Liste der Ergebnisse, Meinungen, Bilder mitgeben, die sich aus der Recherche ergeben sollen, wie auch eine entsprechende Negativliste. Zumindest könnte man so die immer wieder “notwendig” werdende Erhöhung des “Rundfunkbeitrags” (was für ein schönes Wort) ein wenig strecken. (Herr Broder, Sie sind ein erfreuliches Licht im trüben Sumpf des Medienwalds.)

Karl Renz / 13.06.2017

Ja blöd. Wobei ich aber schon erwartet hatte dass es auch um den aktuellen Antisemitismus in Europa geht. Das wäre ja das noch heißere Eisen, da unsere lieben muslimischen Mitbürger ins Spiel kämen, und unser linker Moral-Mob, die Medien, usw… Da sollte man unbedingt und schleunigst auch eine Doku produzieren. Ob die Begründung von Arte sachlich zutrifft, oder ob es zu Palästinenser-kritisch war bleibt mir bisher unklar.

Anna Barbara Zahn / 13.06.2017

Sie schaffen es immer wieder Herr Broder, dass ich lachen muss, trotz der trüben Zeit. “ZK” das war grossartig!

Elisabeth Lahusen / 13.06.2017

danke, liege hier gerade vor Lachen auf der Tastatur! Herrlich! Vielleicht ist ja bei Arte der Rinderwahn ausgebrochen…

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