Das Antidepressivum zum Sonntag – Ja zu deutschem Diesel! Von wegen Sommerpause! Seit Tagen überschlagen sich wieder einmal die Ereignisse, und wir sind, ob wir wollen oder lieber nicht, dabei. Ich sage nur „Eier“. Als würden dem Deutschen nicht ohnehin die Eier fehlen, jetzt bekommt er nicht einmal mehr bei Alidldi welche. Die Hintergründe der Krise sind schwammig wie ein Zwei-Minuten-Ei. Angeblich wurde im Ei („ein System, das in einem frühen Stadium der Entwicklung (Ontogenie) eines eierlegenden Tieres (Ovipars) gebildet wird“, Wikipedia) ein Fremdstoff mit ähnlich kryptischem Namen wie Glyphosat gefunden, aber das ist erwartungsgemäß nur Fake-News. Ich weiß es besser. In Wirklichkeit wurde Ende Juli auf der Reichsautobahn A88 nahe der niederländischen Grenze bei Wilders ein mit Diesel angetriebener LKW entdeckt, der bis unter das Dach mit braunen Eiern beladen penetrant rechts überholte. Und das in der Gegenrichtung.
Klingt dramatisch, hätte die Bevölkerung aber nicht ausreichend beunruhigt, und so wurde zu dem stets probablen Angsterreger „chemische Gefahr“ gegriffen. Fipronil heißt das Teufelszeug und war bisher höchstens Kammerjägern bekannt. Zwar weiß man nichts darüber, ob und wie es auf Menschen wirkt, ja, nicht einmal erbgutschädigend und krebserregend soll es sein, aber je weniger man über etwas weiß, um so erschreckender ist es nun einmal. Dabei ist Fipronil nur die Spitze des Eibergs! Wüssten die Verbraucher, dass bei Untersuchungen auch immer wieder Retinylpalmitat, Tocopherol und sogar bis zu 2,9 µg Cholecalciferol pro 100 Gramm Ei gefunden werden (letzteres ist vor allem für einen eklatanten Mangel an Rachitis verantwortlich), sie würden kein Ei mehr mit noch so spitzen Fingern anfassen, geschweige denn pellen.
Als Ursprungsland der gelben Gefahr wurde Belgien dingfest gemacht, wieder einmal. Von dort kommen auch regelmäßig islamische Gefährder, Biere mit zweifelhaften Zutaten, dickmachende Pralinen, das bekannte „Gammelfleisch“ und cholesterinschädigende Fritten nach Deutschland. Womit wir zwangsläufig zu der Frage kommen: Was macht eigentlich die Kanzlerin? Die Antwort ist erschreckend: während ihr Volk durch Feinstaub und Eier ausgerottet wird, gondelt sie leger gekleidet über das Südtiroler Vintschgau hinweg, schwebt also wieder einmal entrückten Blickes hoch über den Dingen. Dabei, das lässt sich nicht leugnen, sieht sie nicht wirklich erholt aus. Zwar hat sie zwei gleiche Schuhe an, und auch die Socken passen zusammen. Aber schaut sie nicht wie jemand, der ans Jenseits glaubt und weiß, dass er für immer in der Hölle schmoren wird? Mag ja sein, dass eine Gondelfahrt nicht so ihr Ding ist, aber warum macht sie es dann? Gibt es keine werbewirksameren Urlaubsimpressionen zu bieten? Helmut Kohl blieb im Urlaub stets auf dem Boden und tätschelte, picobello gekleidet, mit gütig-väterlichem Blick Rehbock, Fuchs und Hase. Und hätte es zu Hause faule Eier gegeben, wäre der Kanzler der Einheit umgehend in die Heimat geeilt, um sich ihnen entgegen zu werfen.
Dem Kanzlerinnen-Führer ist seit seiner Begegnung mit dem Yeti vor nichts mehr bange
Die Kanzlerin hingegen schweigt und wandert lieber mit Reinhold Messmer – dem seit seiner Begegnung mit dem Yeti vor nichts mehr bange ist – 1900 Meter durchs Gebirge. Mag ja sein, dass sie sich ihrer nächsten Amtsperiode sicher ist, aber ließe sich nicht mal rasch für das Volk ein Statement zwischen Sonnenterrasse, Wellnessbereich, finnischer Sauna und Hallenschwimmbad arrangieren? Anne Will für zwei Tage aus dem nassen Hamburg ins sonnige Südtirol zu fliegen, das kann doch nicht an den Kosten scheitern! Wir wären so dankbar! Wo bleibt ein zutiefst beruhigendes „Diesel fahren unter Freunden geht gar nicht!“? Wo eine Ruckrede mit dem Tenor „Statt Eier essen mal wieder in den Gottesdienst gehen oder bisschen bibelfest sein“? Wo fordert sie, jetzt in diesen schweren Tagen ohne Eier, zum Optimismus auf und ruft nach einem, „der noch Blockflöte spielen kann“, anstatt ein Omelett azurühren? Seilbahn hin oder her, so kann und darf die Kanzlerin nicht weiter gondeln, sonst „geht uns ein Stück Heimat verloren.“ Aber nichts dergleichen geschieht; da kann es auch nicht beruhigen, wenn das Bundespresseamt verkündet „Sie hält sich über die aktuelle Lage auf dem Laufenden und führt Telefonate.“ Ja toll. Das mache ich auch im Urlaub.
Während Merkel mit dem Gatten durch die Berge schnürt, verschwinden Andere, mal mit Ankündigung, mal ohne, von der Bildfläche. Bei Facebook springen seit Tagen reihenweise kritische Stimmen über die Klinge, nicht bloß für 24 Stunden oder mal ein paar Tage, nein, tutto completto. Das kürzlich von einer Handvoll Parlamentarier durchgewunkene Maas'sche Netzzwerg-Durchsetzungsgesetz manifestiert sich rechtzeitig vor der Wiederwahl der Kanzlerin in Feindstaubreduzierung und tut damit genau das, was kritische Geister vorhergesehen haben. Keine Überraschung also.
Da kam die Ankündigung, Prince Philip werde sich von nun an dem Ruhestand widmen, doch weitaus überraschender. Der Mann ist gerade mal 96, in dem Alter war seine Schwiegermutter Queen Mum noch kregel wie Miss Marple und ließ keinen Gin verkommen, sofern der sich in Reichweite eines Bediensteten befand. Gut, in der Thronfolge des Vereinigten Königreichs steht Philip erst auf Platz 679, da kann man langsam von der Vorstellung Abschied nehmen, es noch zu schaffen. Aber schade ist es schon, dass der Prinzgemahl sich nun aus der Öffentlichkeit zurück ziehen will. Immerhin ist er Schutzherr, Präsident bzw. Mitglied von insgesamt 780 Organisationen. Wie soll es mit denen fortan weitergehen? Und wird jetzt der Prinz-Philip-Gletscher in der Antarktis, kein ganz unbedeutendes Fleckchen Erde, schmilzen? Und was wird nun aus der Bevölkerung des Dorfes Yaohnanen auf der zu Vanuatu gehörenden Insel Tanna? Die ist zwar mit einer Höhe von bis zu 1084 Meter über N.N. nicht unmittelbar von der Gletscherschmelze bedroht, aber die Menschen in Yaohnanen verehren Prince Philip als Gottheit, da er der Enkel des Berggeistes Tanna ist. Für sie jedenfalls. Weshalb sie ihm als Zeichen der Verehrung einst eine Nal-Nal-Keule schenkten. Mit der kann er auf die Schweinejagd gehen.
Von der Verehrung als Gottheit einmal abgesehen habe ich den Kult um Queen Hubbie nicht immer wirklich verstanden. Dieser Kult beruht vor allem auf seinen häufig als flapsig bis respektlos angesehenen Sprüchen, von denen manche durchaus einen gewissen Sinn für pythonesken Humor verraten. Aber bei vielen Zitaten weiß ich wirklich nicht, was an denen so außergewöhnlich sein soll. Auch ich hätte jemanden, der durch Neuguinea gewandert ist, dazu beglückwünscht, unterwegs nicht verspeist worden zu sein. Auch ich hätte australische Ureinwohner gefragt, ob sie sich denn immer noch Speere nachwerfen. Einem kleinen, dicken Jungen zu sagen, wenn er nicht abspecke, könne er sich seinen Wunsch, Astronaut zu werden, zwischen die runden Backen schieben – was wäre motivierender gewesen, um die Ernährung von Porridge und Chips auf Sausages, Baked Beans und Ham and Eggs umzustellen?
So oder so, der alte Haudegen wird uns in den Schlagzeilen fehlen. Vielleicht wird es ihm aber auch zu langweilig in seinem neuen Alltag als Greis, Gärtner oder Gin-Genießer, und er lässt wieder von sich hören. Schön wäre es. Sofern uns Diesel und Fipronil bis dahin nicht von der Erdoberfläche getilgt haben. Von anderen Gefahren ganz abgesehen.
Der Prince Philip Gletscher
Prince Philip – der Gott der Yaohnanis
Als Eier noch schmeckten
Spam and eggs https://www.youtube.com/watch?v=ycKNt0MhTkk