Archi W. Bechlenberg / 17.04.2016 / 06:30 / 3 / Seite ausdrucken

Das Anti-Depressivum zum Sonntag: Heute als abgeschlossener Krimi

Totort

Hoogstede griff zum Telefon und wählte Knüvers Nummer. Es meldete sich Espel. „Knüver ist mit Limbergen, Hilgensand und Bexten bei Otze”, sagte er. Hoogstede legte auf und ließ es bei Otze klingeln.

„Ich möchte Sie alle in zehn Minuten bei mir im Büro sehen”, sagte er.

„Tut mir leid, Chef“, bedauerte Otze, „wir müssen auf Wiepke, Velpke, Müden, Hohne und Wahrenholz-Wendeburg warten, es kann ein paar Minuten länger dauern.“

Hoogstede wurde sauer. „Wo stecken die denn alle? Wieder bei Wolbeck etwa?”

„Ich glaube, bei Pieskow”, antwortete Otze. „Jedenfalls sagte Frau Erkner vorhin so etwas, aber die wusste es auch nicht genau, weil sie mit Brockkötter und Birkenkamp beschäftigt gewesen war.”

„Wer bitte ist Birkenkamp?”, fragte Hoogstede Otze.

„Der neue Fahrer, seitdem Hakeborn auf dem Weg nach Guben…”

„Ja, stimmt,” fiel es Hoogstede wieder ein.

„Und wie geht es Hakeborn?” Otze zuckte mit den Schultern. „Kobbelin sagt besser, Worbis sagt schlechter. Soll ich mal Nieste…?”

 „Nein, lassen Sie nur.” Hoogstede legte auf. Genau in diesem Moment traten Knüver, Wiepke, Limbergen, Müden und Hilgensand ein, gefolgt von Velpke, Hohne und Bexten.

„Wahrenholz-Wendeburg kommt nach”, sagte Wiepke, „er traf auf dem Weg im Flur Staatsanwalt Birkle und ging mit ihm zusammen in Stöckeys Büro.”

„Wenn bloß Ralbitz nicht dort ist”, murmelte Müden, „das kann dann…”

Doch da trat Wahrenholz-Wendeburg ein. „Meine Herren”, sagte Hoogstede mit ernstem Blick in die Runde. „Heute ist es soweit, heute werden wir Bröll, Hohenwart, Morschen und den Brüdern Tabarz das Handwerk legen. Und natürlich Gösebrecht. Diese feine Gesellschaft…”

„Was ist mit Bürgel?“, unterbrach Bexten. Hoogstede lächelte gequält.

„Bürgel! Bürgel! Hören Sie mir mit dem auf!” Bexten zuckte zusammen, Knüver, Wiepke, Limbergen, Müden und Hilgensand sowie Velpke, Hohne und Wahrenholz-Wendeburg ebenfalls. „Bürgel hat wochenlang mit Seelow, Lanz, Lesko und Maczków in Hakenborg Calaus und Grubbenvorst beschattet. Und? Entwischt sind sie ihnen, Calaus nach Calais und Grubbenvorst entweder nach Rittmarshausen, Schwepnitz oder Düsseldorf-Oberkassel; Malschwitz und Oßling versuchen gerade, das herauszufinden, hängen aber momentan in Aldenhoven fest, irgendwas mit dem Dienstwagen.”

„Ein Opel halt”, warf Wiepke spöttisch ein.

„Ford”, korrigierte Wahrenholz-Wendeburg, was Hoogstede mit einem grimmigen „...oder so” quittierte.

„Also, vergessen wir Bürgel, denn Bröll, Hohenwart, Morschen und die Brüder Tabarz sind endgültig fällig. Und natürlich Gösebrecht.”

„Sind die denn immer noch in Kirchherten?”, fragte Velpke.

„Rositz hat sie gestern noch dort beobachtet, und Pölzig ebenfalls, nur Nobitz ist sich nicht ganz sicher, aber der hat auch vor drei Jahren in der Affaire Schwarzbach kläglich versagt.”

Hoogstedes Stimme klang triumphierend wie ein heiseres Achselzucken. Er war müde, das spürte er, sehr müde. Schon oft hatte ihn Dr. Steinbrech gewarnt: „Sie werden früher als Schümmler, Nick und Horrichs unter der Erde liegen, wenn Sie so weiter machen…” Doch Hoogstede wollte davon nie etwas hören. Und nun war die Stunde des Triumphes nahe, die Stunde, für die alle Opfer der letzten Jahre mit einem Schlag entschädigt werden würden.

„Dieses Mal erwischen wir sie alle zusammen, vielleicht sind sogar Brechen, Mückeln, Lohr-Birkenfeld und Körperich vor Ort, wenn wir zuschlagen, denn zumindest die Brüder Tabarz und Lohr-Birkenfeld haben das Ding in Schmitz zusammen gedreht.”

Knüver, Wiepke, Limbergen, Müden, Bexten, Hilgensand, Hohne und Wahrenholz-Wendeburg nickten zustimmend.

„Nicht zu vergessen der nie aufgeklärte Fall von Bad Bertrich”, ergänzte Hoogstede.

„War das nicht der Überfall auf den Kiosk der Schwestern Vittersbourg?”, fragte Hilgensand.

„Richtig”, bestätigte Hoogstede, „die Damen hießen allerdings Schopp, und es war ein Pudelsalon in Pünderich.”

In diesem Moment sprang die Tür von Hoogstedes Büro auf, und Heydenreych stürmte herein.

„Kowalski liegt in Alpers Büro ausgestreckt auf der Auslegeware!”, rief er atemlos.

„Tot?“, fragte Hohne.

„Zumindest steif“, antwortete Heydenreych.

„Sie wollen uns jetzt nicht behumsen?”, Hoogstede geriet außer sich. „Das könnte ich nicht verknusen, Kowalski war gestern Morgen noch völlig agil!”

„Das war Preymer, nicht Kowal…”, wollte Limbergen korrigieren, aber der eisige Blick Knüvers ließ ihn verstummen. Hoogstede sah auf einmal sehr gealtert aus.

„Ohne Kowalski können wir alles abblasen, nur er und De Kottwinkel wissen, wie man den Navi…”

Doch da hellte sich seine Miene wieder auf. „Natürlich!”, rief er. „Hutzler! Hutzler weiß auch Bescheid!”

„Der liegt auf der Auslegeware in Leskos Büro…”, vernahm man Wahrenholz-Wendeburgs leise Stimme.

„Was? Auch tot?”

„Breit. Sehr breit. Ich habe schon mit Frau Hamers und Praktikant Blechschmidt versucht, ihn wieder…”

Hoogstede beendete mit einer Geste Wahrenholz-Wendeburgs Worte, ergriff einen Sessel und sah erschöpft in die Runde.

„Soll so die seit Monaten vorbereitete Aktion scheitern?”, fragte er mit zitternder Stimme in die Runde. Alle blickten betroffen. Seit dem Unfall von Haselünne, bei dem Hoogstede acht Kollegen verloren hatte – die Namen stehen auf dem Gedenkstein an der Kreuzung Heidelohweg/Lampenallee – hatte ihn niemand mehr so verzweifelt gesehen, außer Krüger einmal.

„Chef! Chef!” Heydenreychs fränkisches Idiom gellte durch die Stille. „Ich hab’s!” Vor Aufregung war er rot angelaufen. „Sie kennen doch Chriske, Reinberg, Lindberg-Sallitz und Nüske? Die haben Zeit, weil Lohberg…”

Hoogstedes Miene klarte auf. Genau. Das war die Rettung.

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Leserpost

netiquette:

Ronald M. Hahn / 18.04.2016

Ich hab’s gestern Abend mit dem Tablet in der Badewanne gelesen und wäre vor Lachen beinahe abgesoffen.

Dr. Maria T. Groepper / 17.04.2016

Wirklich ein echtes Antidepressivum! Ich habe Tränen gelacht! Und mal wieder inneren Abstand von all dem Polit-Müll gewonnen, der uns umgibt.

Gerhard Wellner / 17.04.2016

Der Zustand der deutschen Sicherheitsorgane ist trefflich dargestellt. Daraus hätte man eine veritable Satire machen können ...

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