Mir ist nicht ganz klar, warum Kindesmisshandlung als Anti-Depressivum wirken soll. Es ist tatsächlich ein Wunder, dass der Autor mit diesen traumatisierenden Erlebnissen nicht kriminell geworden ist. Was hätte nicht alles sein können, hätten die Erziehungsberechtigten nicht einfach nur auf Dominanz gesetzt! Ich bin größer und stärker als du, also hast du zur gehorchen. Wie soll sich da ein schutzbedürftiges Kind entwickeln. Hätte der Autor den Respekt vor Eigentum und die Möglichkeiten mit Menschen friedlich und einvernehmlich zu verhandeln durch vorleben gelernt, er wäre zu dem Professor gegangen und hätte mit ihm geredet. Der Prof hätte ihm aller Wahrscheinlichkeit nach die Steine geschenkt und die Eltern hätten stolz auf ihren Sohn sein können.
Herr Bechlenberg, ich habe schon lange nicht mehr so gelacht, die Geschichte mit dem zerkleinerten Kochlöffel kommt mir sehr bekannt vor, bei uns landete er hauptsächlich in den Kniekehlen (Sommer). Auch ein Rohrstock wurde häufig verwendet, der Mittelstab aus dem Stiel eines Teppichklopfer. Unsere Hosen für derartige Einsätze waren lang und aus Stoff und an den Fußgelenken geschlossen (Skihosen der 40iger und 50iger Jahre) und waren bestens zum Obst klauen geeignet, sie hießen bei uns allgemein ganzjährig “Äppelklauhosen”. Als wir einmal bei einer größeren Pfirsich-Aktion erwischt wurden gab es natürlich Theater in der Schule und die Polizei zu Hause, das Ergebnis waren NAW-Stunden (Nationales Aufbauwerk). Ich suchte mir dazu das Tropenhaus im Muskauer Park aus. Das war die schönste und interessanteste Strafarbeit, die mir je unterkam. Danke für ihre Geschichte!
Ach Herr Bechlenberg, wenn das alle Ihre Verfehlungen waren/sind, dürfen Sie sich ungeniert einer weißen Weste rühmen. Im Gegenteil zu einer bestimmten Klasse.
Solchen Pioniergeist wird man heute und in Zukunft eher selten finden, da zwischen Laptopnutzung und Handyüberwachungs-APP ansonsten alles mögliche Konfliktpotential nur noch ausdiskutiert wird. Schöne neue Zeit.
Lieber Herr Müller, Ihre Schilderungen will ich keinesfalls bezweifeln; wäre es immer und überall derart rigide zugegangen wie in meinem familiären Umfeld, wäre der Katholizismus gewiss nicht so alt geworden, wie er inzwischen ist. Meine persönlichen Erfahrungen sind natürlich vor allem aus eigenem Erleben geprägt, aber nicht nur. In dem (linksrheinischen) Dorf, aus dem mein Vater stammte, lebte eine nicht geringe Zahl von etwa gleichaltrigen Cousinen und Vettern, denen ebenso, wenn nicht noch übler mitgespielt wurde wie mir. Sie konnten sich nur noch weniger als ich von diesem Leben frei machen, da sie in diesem Dorf aufwuchsen und ihr Lebens- und Erfahrungshorizont kleiner war als meiner, der ich in einer mittelgroßen Stadt 70 km entfernt aufwuchs. Wenn wir die Verwandschaft alle vier Wochen besuchten, wusste ich bereits vorher, was für ein Tag in einem durch und durch bigotten Umfeld auf mich wartete, und ich konnte die Heimfahrt nie erwarten. Mir taten meine Cousinen und Cousins von Herzen leid; nicht nur, dass sie unwürdig aufwuchsen; nein, die “Erziehungsmethoden” mit Stock und Lederriemen wurden auch von den Eltern gepriesen und als vorbildlich dargestellt. Und dass bei den Androhungen von besonders harten Erziehungsmaßnahmen Kleriker und religiöse Begründungen eine besondere Rolle spielten, kam ja nicht von ungefähr. Wären in eben diesem Umfeld keine “Fachkräfte” tätig gewesen, hätten die Eltern gewiss nicht mit Patres und Priestern gedroht, sondern vielleicht mit Rheinschiffern, Dachdeckern oder Schaustellern. Seit einigen Jahren ist es aktenkundig, dass in Ettal “ein Ritual der Disziplinierung geherrscht hat, das den Anspruch auf Zucht und Ordnung mit außergewöhnlicher Härte exekutierte”, so ein Untersuchungsbericht von 2012, dem die Aufdeckung von sexueller und nicht-sexueller Gewalt vorausgegangen war. Mag sein, dass mir seitens meiner Eltern auf übertriebene Weise die “Erziehungsgewalt” kirchlicher Einrichtungen geschildert wurden, aber das knüpfte ja an einem realen Kern an. Dass es unter dem Deckmantel der christlichen Nächstenliebe furchtbare Misshandlungen an Kindern gab, kann wohl niemand bestreiten. Es mag dabei in Deutschland nicht so gnadenlos zugegangen sein wie in Irland, wo in katholischen Heimen und Schulen jahrzehntelang Tausende Minderjährige gequält, geschlagen, gedemütigt und vergewaltigt wurden. Aber ich kenne persönlich mehr als genug Menschen, denen es in christlichen Erziehungsstätten entsetzlich ergangen ist. Mir persönlich wurde es zum Glück immer nur angedroht, Und letzten Endes hatte das auch etwas Gutes. Ich wusste so schon im jugendlichen Alter, was ich von Religion und deren Vertretern zu erwarten hatte.
Lieber Herr Bechlenberg, mein streng-katholisches Gewissen klagt mich der leichten Flunkerei bei meiner 1. Mail an Sie an: Ja, auch in meiner frühen Kindheit gab es Prügel, freilich nicht aus konfessionell-religiösen Gründen (und das sagen Sie ja auch gar nicht). Mein Bruder wurde gerne Priester, und das gegen mütterliche Karrierepläne. Ich kenne zahllose gute Priester von früher und seit Neuestem in den jung gegründeten traditionalistischen Orden. Ihr “Anti”-Depressivum hat mich gegen Ihre Absicht traurig gemacht. Denn katholisch sein heißt doch: unter einer heiteren Sonne leben! So war es und so bleibt es!
Köstlich!! Ich meine, natürlich extrem unpädagogisch und autoritär, aber dennoch: köstlich!! Ähnliches habe ich auch beizusteuern: Aufgewachsen in den 70ern/80ern in der DDR, war Schokolade für uns kein so ganz alltäglicher Genuss. Man musste sie entweder sehr teuer kaufen oder aus dem Westen bekommen. Mein Vater war damals im Kundendienst (Service an elektronischen Anlagen) im Ausland tätig, allerdings nur im sozialistischen (er war kein sog. “NSW-Kader”). So brachte er aus Polen, Bulgarien oder der CSSR immer etwas Schönes für seine drei Töchter mit. In der Tschechoslowakei gab es immer tolle Süßigkeiten und einmal waren es etliche Schachteln mit Schokolinsen, ähnlich den bekannten Smarties. Die stellte er aufgereiht wie die Orgelpfeifen nebeneinander im Wohnzimmer auf die (allseits beliebte) Schrankwand. Und nun ging ich ähnlich vor wie der Autor. Ich aß zunächst aus jeder Schachtel EINE Linse, Sie wissen schon, wegen des gleichen Füllstandes (ich war schon immer ordentlich bis pedantisch). Leider standen die Schachteln sehr lange dort oben und ich konnte einfach nicht an mich halten… Na, jedenfalls, als sie dann gebraucht wurden, waren sie alle halbleer - aber immerhin hatte ich den Füllstand gleichmäßig gehalten, sie waren wirklich ALLE HALBleer!! An die Strafe erinnere ich mich nicht mehr so genau, sie wird aber erheblich gewesen sein… Verhandlung gab es auch keine! Trotzdem ist das immer eine meiner Lieblingsanekdoten aus meiner Kindheit. Grüße an Herrn Bechlenberg von einer Schwester im Geiste!
Sehr geehrter Herr Bechlenberg! Wie Sie Rheinländer und 1952 geboren, kenne ich in meiner Kindheit sehr vereinzelt einmal eine Ohrfeige, kenne aber keine sadistischen Patres (Ihnen ja offensichtlich auch nur eingeredet). Wenn mich zu Hause eine Duftwolke aus väterlichem Cognac und orientalischen filterlosen Zigaretten empfing, wusste ich: Der Herr Pastor ist zu Gast, ein Ordenspriester, der gerne rauchte. Den am Ort ansässigen Orden der “Heiligsten Herzen” nannten wir mit Recht “die fröhlichen Herzen”. Mit Begeisterung dienten wir Kinder die hl. Messe und kamen befreit aus dem Beichtstuhl. Eine glückliche Zeit! Ich bin Linksrheiner. Kann es sein, dass Sie auf der deutsch-sturen, rechten Rheinseite oder gar als Niederrheiner groß werden mussten?
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