Danke! Ohne das Buch gelesen zu haben, gibt mir ihre Besprechung zum ersten Mal eine Vorstellung davon, in welche Richtung das Ganze geht. Ich weiß noch nicht, ob ich es schließlich lesen soll, ober ob mir das am Ende alles intellektuell “zu hoch” ist - ganz ehrlich. Die empörten Reaktionen und die Schmähungen aus der eingebildeten geistigen Elite unseres Landes aber sind das eigentlich Erschreckende. Es gibt sie wieder, die gefährlichen Gedanken, die man den Menschen unbedingt vorenthalten muss und die Bücher, die man am liebsten verbrennen würde. Wo sind wir nur angekommen?
Vielen Dank, eine sehr interessante und anregende, sachliche Rezension. Eine Ihrer Schlussfolgerungen finde ich jedoch fragwürdig: “Dem Autor hingegen ist vorzuwerfen, dass er mit „Finis Germania“ nur ein Fragment abgeliefert hat, mit dessen Ausarbeitung und Interpretation die Nachwelt offensichtlich vollkommen überfordert ist.” Ist das wirklich dem Autor vorzuwerfen und nicht vielmehr den heutigen “Intellektuellen”, die es sich in ihrer Unreflektiertheit, Verbohrtheit und Überheblichkeit allzu bequem gemacht haben? Der Satz “Die Gedanken sind frei.” ist heute zu einer Lachnummer verkommen. Freie Denker findet man lediglich im Außen. Die ganz offensichtlichen Denkverbote, die das Umdenken und Infragestellen der eigenen Überzeugungen unmöglich machen, haben sich unsere “Intellektuellen” selber auferlegt, sind für ihre Überforderung selber verantwortlich: “Selbstverschuldete Unmündigkeit”, so würde Kant das wohl bezeichnen. Sieferle ist hier offenbar lediglich der Katalysator, der genau diese Problematik an’s Licht bringt, jedoch nicht Urheber des Problems.
Schauen wir uns die Deutschen einmal an: Seit dem verlorenen Krieg dauernd, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, sozialdemokratisiert und daher bereits seit geraumer Zeit ohne Religion, ohne Stolz, ohne Orientierung, ohne eigene Wissenschaft, ohne eigene Sprache, ohne Philosophie. Die einzige Kostante der letzten Jahre diejenige Geisteshaltung, zu der sie zudem auch einen Herrn aus Braunau importieren mussten. Es tzut da nichts zur Sache, dass die faschistische Geisteshaltung sich nun Antifaschismus zumeist unwidersprochen nennen darf. Was war denn die DDR ohne den Antifaschismus, was sind den die Linken und die Linke nebst angeschlossenem Medialen Komplex ohne ihren Antifaschismus?
“Der Deutsche ähnelt daher nicht dem Menschen, dessen Schuld durch die Liebe Gottes zwar nicht revidiert, aber kompensiert wird, sondern dem Teufel, dem gestürzten Engel, dessen Schuld niemals vergeben und der für alle Zeiten in der Finsternis verharren wird.” Wie kommt Roger Letsch darauf, dass Sieferle das Nichtvergeben auf die “Generationen von Juden, die im Deutschland von heute längst nicht mehr dasselbe sehen, wie ihre Eltern und Großeltern” bezieht? Ich haben Sieferle anders interpretiert. Nicht die Nachfahren der ermordeten Juden, sondern diejenigen, die aus der Verteufelung ihren ganz eigenen handfesten Nutzen ziehen, sind gemeint. Man denke nur an ehemalige Kolonialvölker, die von den Deutschen jetzt, nach Hundert Jahren, plötzlich Wiedergutmachung fordern. Fordern sie dies auch von Engländern, Spaniern, Franzosen, Portugiesen, Holländern, Belgiern, Japanern? Aussichtslos! Sind Forderungen der Schwarzafrikaner an Arabische Völker bekannt, deren Vorfahren tausend Jahre lang Sklavenhandel in Schwarzafrika getrieben haben? Aussichtslos! Entschädigen die US-Amerikaner ihre schwarzen Mitbürger für das Unrecht, das deren versklavten Vorfahren geschah? Aussichtslos! Geben die Bewohner des amerikanischen Doppelkontinents den Ureinwohnern ihr Land zurück? Bizarre Idee! Zu den Nutznießern dieser Art “Moral” gehören aber auch und vor allem die sogenannten Freunde der Deutschen, in der EU und anderswo. Haben diese doch unausgesprochen, aber in allen Verhandlungen und Vereinbarungen allgegenwärtig diesen Joker in der Hand. Und der sticht immer. Auch Herr Erdogan spielt diese Karte immer wieder gerne und offen aus. Aber nicht zuletzt hat der Sündenstolz der Deutschen selbst die Einmaligkeit und Unvergänglichkeit der Deutschen Verbrechen zur unabdingbaren Voraussetzung. Er entschuldigt, nein begründet die Gewaltorgien der Antifa gegen “die ewigen Nazis”, erkennbar an dem Schwefelgestank, der von diesen ausgeht.
Ich habe es gelesen und bin froh darüber. Zu all dem oberflächlichen Propaganda- und Desinformationsgeschreibsel in unseren teuer zu bezahlenden Qualitätsmedien und ÖR-Medien verhält sich das Buch wie Gott zum Teufel. Die Gedankendichte und Gedankentiefe, das redliche Argumentieren, das fehlen jeglicher Propaganda, ach wie sehr vermisst man dies alles. Ich wünsche mir mehr solcher Büchlein und weniger teuflische Propaganda- und Desinformationsmedien.
Oh Herr Letsch - das ist schonmal sehr gut, alles in allem. Jetzt auf zur Lektüre von Sieferles Aufsatzsammlung “Natur” bei Beck über das Historischwerden der Naturerfahrung (ein heiteres Buch!), dann “Das Migrationsproblem” (134 S. , 16 Euro) - über die Unvereinbarkeit von Massenimmigration und Sozialstaat. Hier finden sich die Konkretisierungen, die sie in “Finis Germania” vermissen. Zum systematischen Teil. Sie schreiben: “Das angebliche Nichtvergeben der Nazigräuel kontrastiert nämlich stark mit dem Verhalten der nachgekommenen Generationen von Juden, die im Deutschland von heute längst nicht mehr dasselbe sehen, wie ihre Eltern und Großeltern – oft sogar zurecht”. Dieser Einwand aber trifft Sieferles Punkt nicht, weil er an dieser Stelle das von den Deutschen auf Dauer gestellte absolute (= der Gnade entzogene) Büßerbewusstsein kritisert. - Ihr Einwand trifft also nicht Sieferle, sondern alle Deutschen, die diese Position vertreten. Ihre Rezension ist hervorragend, grazie!
Man kann und soll eine so differenzierte Rezension nicht rezensieren. Sie erfüllt aber meinen Drang nach Gedankenaustausch über “Finis Germania”. Sieferles Messsonde liefert den Befund eines kollektiven deutschen Schuldstolzes, von dem abzuweichen zur Ächtung führen kann. Wer sich vorbehaltlos damit kritisch auseinandersetzt, erkennt Fehlentwicklungen der Gegenwart besser und wird sensibel für die Ideologismen, die unser Denken behindern. “Kälte” habe ich an keiner Stelle festgestellt, eher die Klarheit des Gedanken, mit der Sieferle allgemeine Denkgrenzen übertrat und zum Weiterdenken anregte. Insofern ein Schritt GEGEN Angst und Pessimismus.
Eine hervorragende Besprechung, jenseits von PC. Danke dafür. Ich empfehle allerdings, zuerst “Das Migrationsproblem” zu lesen. Dort werden viele der erratischen Thesen näher ausgeführt und begründet, zum Beispiel unter dem Titel “Auschwitz ist kein Text”.
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