Gastautor / 04.05.2018 / 06:29 / Foto: Fanny Schertze / 21 / Seite ausdrucken

China führt Anständigen-Punktesystem ein

Von Dirk Schmidt.

Schöne neue Welt. Schöner, neuer und vor allem effizienter als Huxley sich das vermutlich vorgestellt hat. In China nimmt diese Welt der Kontrolle und Bevormundung bereits Gestalt an. Moderne Technologie, leistungsfähige Netze, Big Data und Kameraüberwachung machen es möglich. EU-Bürokraten dürften diese Entwicklung mit Spannung verfolgen.

Bereits 2014 wurde von der chinesischen Regierung der Aufbau eines „Social Credits“ Systems beschlossen, dessen landesweite Einführung nun beginnt. Seit 2017 gibt es derartige Systeme in mehreren chinesischen Städten, beispielsweise in der ostchinesischen Stadt Rongcheng. Bis 2020, so die Planungen, sollen alle Bürger, Unternehmen, und weiteren Organisationen wie zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen einen individuellen Score erhalten, der Auskunft über ihre soziale Reputation gibt. Dazu werden beispielsweise Daten über Kreditwürdigkeit, das Strafregister und das soziale und politische Verhalten ausgewertet.

Erklärtes Ziel ist es, die Gesellschaft durch die Überwachung zu mehr „Aufrichtigkeit“ im sozialen Verhalten zu erziehen. Das System nutzt das Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“. In der Stadt Rongcheng erhielten die Teilnehmer zu Beginn einen Score von 1.000 Punkten. Je nach „Verdiensten“ oder „Fehlverhalten“ werden Punkte abgezogen oder hinzuaddiert. 

Die Möglichkeiten, die aus einem solchen System erwachsen, sind kaum vorstellbar. So könnte der individuelle Social Score etwa entscheidend für den Zugang zu Karrieren bei staatlichen und staatsnahen Organisationen sein. Auch Reisebeschränkungen bei negativem Score, der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen oder höhere Steuern sind denkbar.

Bereits 600 Millionen Kameras im Einsatz

Es ist offensichtlich, dass dieses System mit jedem technologischen Fortschritt immer lückenloser wird und mehr Kontrolle ermöglicht. Die Verknüpfung staatlicher und privater Datenbanken auf nationaler und subnationaler Ebene und die (Echtzeit-) Auswertung von Big Data bilden dabei die Grundlage. Mit Hochdruck treiben die Chinesen derzeit den Aufbau eines Mobilfunknetzes der fünften Generation, kurz 5G, voran. Der 5G-Standard macht es möglich, Milliarden Menschen und hunderte Milliarden von Geräten im Internet der Dinge miteinander zu verbinden. Für die Überwachung des öffentlichen Raumes in China sorgen bereits heute geschätzte 600 Millionen Kameras. Wenn diese in Zukunft mit einer leistungsfähigen Gesichtserkennung vernetzt sind, lässt sich Fehlverhalten, etwa die Nichtbeachtung einer Fußgängerampel, erkennen und könnte den Social Score negativ beeinflussen. 

Westliche Politiker und Bürokraten werden die Entwicklung in China sicherlich aufmerksam verfolgen. Ein Social Credits System dürfte der Traum all derer sein, die schon heute Kontrolle und Bevormundung der Bürger auf ihre Fahnen geschrieben haben. Wenn das Bekenntnis zu Freiheit fehlt, gilt der Grundsatz „Alles, was technisch machbar ist, wird irgendwann auch umgesetzt“. Sicherlich wird ein solches System im „Freien Westen“ nicht einfach von einem Staat eingeführt werden können, sondern von der intransparenten und undemokratischen EU-Kommission verordnet werden. Da kann man nichts machen.

In Deutschland würde es vermutlich kaum Proteste geben. Dafür würden schon die öffentlich-rechtlichen Medien sorgen. Man würde mit „Sicherheit“, „sozialer Gerechtigkeit“ und „Umweltschutz“ argumentieren. Persönliche CO2-Bilanzen und der „ökologische Fußabdruck“ des Einzelnen weisen ja schon in diese Denk-Richtung, in Großbritannien gab es bereits Entwürfe für persönliche „Carbon-Cards", die jeder Bürger wie eine Geld- oder Kreditkarte etwa beim Tanken oder beim Buchen eines Fluges vorzeigen muss, um seine Klimabilanz offenzulegen. Bei diesen Begriffen setzt bekanntermaßen bei vielen Menschen das Denken aus und das Abnicken ein. Wird doch auch mal Zeit, dass angepasstes Verhalten belohnt wird und „Asoziale“ endlich mal einen auf den Deckel bekommen, wird es vermutlich heißen.

Zum zweiten Mal bei Rot über eine Fußgängerampel

Wenn wir nicht aufpassen und uns immer mehr Bevormundung vom Staat gefallen lassen und bereitwillig der Beschneidung bürgerlichen Freiheiten und Rechte zusehen, werden auch wir eines Tages in einer Schönen neuen Welt aufwachen und voll Freude oder Sorge unseren Social Score checken.

Dann könnte es nämlich sein, dass sich im Web ein günstiges Reiseangebot oder Bahnticket nicht mehr buchen lässt, weil der Score nicht ausreicht. Oder dass der Stromtarif oder die KFZ- oder Krankenversicherung individuell erhöht wird. Was vermutlich daran liegt, dass man bei Facebook wieder gesperrt wurde. Oder die GEZ-Gebühr nicht pünktlich bezahlt hatte. Oder zum zweiten Mal bei Rot über eine Fußgängerampel gegangen ist.  

Wer sich gar erdreistet, bei einer „Merkel-muss-weg-Demo“ mitzumarschieren oder wiederholt mit nicht gendergerechten Begriffen kommuniziert hat, stellt sich besser schon mal auf kommende Unannehmlichkeiten ein. Oder er kauft sich ein E-Book mit nützlichen Tipps, wie man Bonuspunkte erwerben kann. Es könnte sich zum Beispiel auszahlen, mal bei einem Unternehmen der Asylindustrie anzuklopfen und mitzuhelfen, Flüchtlinge zu integrieren. Oder man nimmt mal am „Marsch gegen Rechts“ teil. Es könnte sich lohnen, Big Brother zu zeigen, dass man sich erziehen lässt.

Dirk Schmidt ist Journalist und Berater für Unternehmenskommunikation. Er bloggt hier.

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Leserpost

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J. Birken / 04.05.2018

Gerade hörte ich „QualityLand“ von Marc-Uwe Kling ... mir blieb bei dem als Satire oder Comedy gedachten Text so das eine oder andere Mal das Lachen im Halse stecken und war über schon bekannte Anzeichen in Facebook oder der Werbebranche eigentlich entsetzt, denn wenn man den jetzigen Zustand weiter und weiter und weiter denkt… dann passt dieser Text sehr erschreckend dazu. Hinzu kommt noch die völlige Arg- und Sorglosigkeit, wenn ich mit Jüngeren in meiner Familie darüber spreche, bin ich DER SCHWARZMALER. Es beunruhigt mich schon sehr.

Sabine Schönfelder / 04.05.2018

Es hat schon längst begonnen oder hat jemand die empörten Aufschreie gegen das Netzdurchsetzungsgesetz aus der Bevölkerung vernommen? Viele haben noch nie davon gehört. Es gibt ein Leben jenseits der Achgutblase, eine angedachten Realität, politisch motiviert erschaffen und via Oualitätsmedien im Modus der Dauerberieselung verbreitet. Freunde fliegen mit Ryanair und zahlen freiwillig Ökoprämien um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen und Ihr Strom ist ‘öko’ und kommt aus Norwegen!! Diese Menschen sind eigentlich keine Dummköpfe, aber bereits bestens gewappnet für ein künftiges Punktesystem zur Schaffung des perfekt geführten Menschen.

Thorsten Helbing / 04.05.2018

Schon GEZahlt? Nö! MerkelmussWeg 18? Da wohne ich. Mitglied der erfolgreichst gegründeten Partei der Nachkriegszeit bin ich ebenso. Frauenmarsch 2.0, AfD-Großdemo in Berlin usw. usf. Hilfe, mein Score ist in den negativen Bereich gerutscht.  Was tun? Ich denke, ist der Ruf erstmal ruiniert lebt es sich ganz ungeniert. Von daher sollen sich Andere wegen meinem persönlichen Score Gedanken machen, ein scheinbar weit verbreitetes Phänomen auch in DE… wenn’s schön macht. Mir gefällt die Vorstellung den Felsen im Tal zu belassen. Wer sich diese Arbeit dennoch antuen mag, bitteschön. So hat jeder seine Aufgabe, dafür gibt es dann “Score”. Ist eigentlich das eigene Leben Einiger wirklich so viel uninteressanter als das der Anderen? Welch Verschwendung von Lebenszeit.

Andreas Rühl / 04.05.2018

Wer sich ein wenig in die Geschichte “Chinas” eingelesen hat, weiß, warum die jeweils Mächtigen sich dort vor ihrem Volk so fürchten. Nachdem die Regierung nun (angeblich) die Fluten des Jangtse in den Griff bekommen hat, muss jetzt die eigentliche Bedrohung, das eigene Volk, endlich diszipliniert werden. Unser Fehler ist ja häufig, dass wir die Staatspropaganda mit der Wirklichkeit verwechseln. Da bietet es sich an, die Kontrolle nun mithilfe technischer Vorrichtungen zu intensivieren, quasi als ein Dreischluchtenstaudamm zur Eindämmung von allzu aufmüpfigen oder schlicht staatsignoranten Verhaltens. In Europa werden solche Modelle es durchaus schwerer haben, denke ich, wobei die Gefahr in der Tat von der Seite her kommt, die sich die Wahrung von “Bürgerrechten” auf die Fahne geschrieben hat, aber leider nichts anderes im Sinn hat, als eben diese Bürgerrechte zu zerstören wie das dahinterstehende Bürgertum selbst, mithin von den Grünen und noch übleren Ökofaschisten. Schon jetzt heiligt der Zweck, wenn es um Naturschutz, Umweltschutz oder was auch immer geht, wieder die Mittel. Ich bin gespannt, wie eine Partei, die seinerzeit im Widerstand gegen die “Volkszählung” Stimmen sammeln wollte, diesen Spagat meistern wird. Aber ich hege auch keinen Zweifel, dass es geschehen wird.

Joachim Lucas / 04.05.2018

Eine schreckliche Vorstellung, die ich mir leider gut vorstellen kann. Aldous Huxley konnte sich das noch nicht vorstellen. Die Eurokraten-Diktatur wird es den Leuten aber, wie Sie es beschrieben haben, schon argumentativ gut verkaufen. Die willfährigen Helfer sind ja schon vorhanden. Die Abschaffung des Bargelds vervollkommnet dann die Kontrolle. Aber jedes Kontrollsystem wendet sich irgendwann immer auch gegen die Erfinder. Das bedenken diese Befürworter nicht und werfen die Freiheit weg wie ein gebrauchtes Papiertaschentuch. Schöne neue Welt!

Dr. Roland Mock / 04.05.2018

Ich frage mich, ob die Chinesen einen an der Waffel haben. Statt ihren Vorteil, nicht in das System von „politischer Correctness“ und Gutmenschentum eingebundenen zu sein, zu nutzen, und sich auf das wesentliche zu konzentrieren, eifern sie den EU-Bürokraten und der linken Hälfte Amerikas nach. Mit all den kommenden Hemmnissen für die creative Entfaltung Ihrer Bürger; Unternehmer wie Arbeitnehmer. So kann man auch einen Standortvorteil verspielen.

Nadja Schomo / 04.05.2018

Gab es nicht einst Ehrennadeln für langjähriges unfallfreies Fahren? Warum können wir in Flensburg nicht auch Pluspunkte sammeln?  Ich könnte mir auch eine zeitgemäße Variante der Ablassbriefe vorstellen ...

beat schaller / 04.05.2018

Lieber Herr Schmidt, Sie sollten doch nicht schon früh morgens die Menschen erschrecken! Das ist nicht nett. Ich hoffe, dass es genug Rebellen gibt, damit nicht jede Utopie zur Realität wird. Alles Gute. b.schaller

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