Eine Freundin, die seit einiger Zeit auf der Insel wohnt, schaute auf die Website der Konservativen und entdeckte diesen Appell zum Agrarpatriotismus.
Sie schreibt:
Vom Chef der britischen Konservativen David Cameron lernen wir heute ein neues Schlagwort: „food patriotism“. Gemeint ist damit eine „Buy British“-Kampagne, mit der die Verbraucher aufgefordert werden sollen, überwiegend heimische Lebensmittel zu kaufen.
Und warum? Weil heimisches Fleisch, Obst und Gemüse angeblich besser schmecken als Lebensmittel, die aus anderen Teilen der Welt importiert werden müssen (schade für die Briten: demnächst gibt es keine Kiwis, Bananen und Kokosnüsse mehr). Und weil sich durch die Vermeidung des Imports Treibhausgasemissionen einsparen lassen könnten, die sonst durch den Transport verursacht worden wären (nur zu dumm, dass man britische Treibhäuser heizen muss, während Tomaten unter Spaniens Sonne auch von alleine reifen). Schließlich auch noch, weil die britischen Standards in der Tierhaltung hoch und vorbildlich seien (und im Rest der Welt herrscht Camerons Meinung nach wohl Verwahrlosung in den Tierställen?).
Und wer dann immer noch nicht überzeugt ist, dass Großbritannien einen eigenen großen Agrarsektor braucht, für den hält Mr Cameron auch noch ein Sicherheitsargument bereit: in Zeiten globaler Unsicherheit müsse sich ein Land auf seine Lebensmittelproduktion verlassen können (als ob eine Seeblockade der Insel durch Al Quaida eine reale Gefahr wäre).
David Cameron stellt sich für Großbritannien offenbar eine ökologische, autarke Landwirtschaft vor. Davon würden fast ausschließlich die britischen Bauern profitieren, indem sie höhere Preise für ihre Erzeugnisse erlösen könnten. Der Rest der Bevölkerung hingegen, der vor allem ein Interesse an qualitativ hochwertigen, aber preiswerten Lebensmitteln hat, zahlt bei Camerons Politik drauf. „Food patriotism“ ist damit nichts anderes als eine neue, elitäre Form des Merkantilismus.
Großbritannien hat damit übrigens durchaus Erfahrung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Getreideimport durch die sogenannten Corn Laws eingeschränkt. Davon profitierten seinerzeit vor allem die reichen Landbesitzer, während die ärmeren Bevölkerungsschichten sich kaum noch das tägliche Brot leisten konnten. Am Ende stand übrigens nicht nur die Rücknahme der Corn Laws, sondern auch die Spaltung der britischen Konservativen. David Cameron sollte gewarnt sein.