Katharina Szabo / 03.11.2013 / 18:07 / 8 / Seite ausdrucken

Botox und Halloween

Seit Beginn der 90er Jahre dieses Jahrhunderts wird das Nervengift Botulinum-Neurotoxin, besser bekannt unter seinem Handelsnamen Botox, zur Glättung von Falten im Gesicht verwendet. Hierfür wird das Toxin per Injektion in die Muskulatur des Gesichtes eingebracht, was zu einer Lähmung der Muskulatur führt. Der plastische Chirurg oder die Kosmetikerin sprechen lieber von einer “Entspannung”.

Zornesfalten über der Nase, Lachfalten um die Augen und Grübelfalten auf der Stirn mindern sich im Anschluss an die Behandlung oder verschwinden ganz. Inzwischen hat Botox einen beispiellosen Siegeszug in den westlichen Gesellschaften angetreten. In Deutschland verfügt zum Beispiel kaum eine in der Öffentlichkeit stehende Frau, Moderatorin, Nachrichtensprecherin oder Schauspielerin noch über eine komplette Mimik. Keine Frau, die auf ihr Äußeres achtet, kann es sich heutzutage noch leisten, auf diese Methode der Faltenreduktion zu verzichten.

Lediglich Senta Berger lehnt einen kosmetischen Eingriff mit Botox kategorisch ab, was ihr zu einem künstlerischen Vorteil in ihrem Metier verhalf und ihren Ruf als ausdrucksstarke Schauspielerin festigte.

Mimikfalten werden, wie der Name schon sagt, durch ständige Aktivität der Mimikmuskeln im Gesicht verursacht. Umso wichtiger ist es also, unerwünschte Muskelkontraktionen wie Lachen oder Stirnrunzeln bereits in jungen Jahren mit Botox zu unterbinden, damit die unschönen Falten gar nicht erst entstehen. Niemand ist somit länger einem sichtbaren körperlichen Verfall ausgesetzt. Zumindest vorübergehend.

Zeitgleich mit dem Phänomen flächendeckender Botoxapplikation verbreitete sich in den 90er Jahren ein weiteres Ritual, welches sich ebenfalls enormer Beliebtheit erfreut. Halloween. Am 31. Oktober verkleiden sich die Menschen als Gespenster, Vampire, Wasserleichen oder Opfer eines Massakers, schmücken ihre Wohnungen mit gruseligen, ausgehöhlten Kürbissen und haben Spaß dabei. Die Erwachsenen trinken, die Kinder sehen ihnen dabei zu und erpressen zwischenzeitlich von den Nachbarn mittels Androhung einer Sachbeschädigung Süßigkeiten.

Die Ursprünge von Halloween gehen auf einen keltischen Brauch zurück, der das Ende des Sommers und die Heimkehr des Viehs in die Ställe feierte. Darüber hinaus war Halloween dazu da, auch der Heimkehr der Toten in das Totenreich zu gedenken. In seiner heutigen Ausprägung hat Halloween allerdings nichts mehr mit seinen Ursprüngen als Totenfest gemein. Zwar verkleidet man sich in der Regel als Leiche, tut dies aber nicht, um der Toten zu gedenken, sondern vielmehr um sich über den Tod lustig zu machen und ihn in das Reich der Fantasie zu verweisen. Der Tod ist bekanntlich kein Ereignis des Lebens.

Katholiken sehen das traditionell anders und melden sich daher jedes Jahr um den 31.10. zu Wort, um den Leuten den Spaß zu verderben.

Gefangen in der Unmoderne pochen sie darauf, dass Halloween ein unnötiges Spektakel sei, welches lediglich den Blick auf das verstelle, was man von jeher zu dieser Jahreszeit tat. Der Toten und dem Tod zu gedenken. Seit dem 9. Jahrhundert wird das katholische Allerheiligen und Allerseelenfest am 01.11. und 02.11. begangen. An diesem Tag besuchen die Menschen die Gräber ihrer Verstorbenen, schmücken diese und zünden eine Kerze an. Diejenigen unter ihnen, die noch an Gott glauben, besuchen zuvor eine Messe und beten für die Seelen der Toten.

Diejenigen unter ihnen, die nicht mehr an Gott glauben, vergegenwärtigen sich an Allerheiligen und Allerseelen zumindest, dass man unweigerlich eines Tages ebenso wie Tante Else und Onkel Hans das Zeitliche segnen wird. Keine sehr spaßige Angelegenheit. Insbesonders, da das katholische Ritual, anders als Halloween, in Stille, ohne Verkleidung und nach Möglichkeit unalkoholisiert verrichtet werden soll.

Bedauern muss man die Katholiken dennoch nicht. Kurieren Halloween Partygäste in der Regel im Anschluss an die Festivität lediglich einen Kater aus, so sind Katholiken nach dem 02. November oft von einer Leichtigkeit des Seins ergriffen. War man einmal zwei Tage lang damit beschäftigt, sich vor Augen zu führen, dass alle Wege immer auf dem Friedhof enden, kann einen die verpasste Beförderung, die ungerechtfertigte Mieterhöhung oder eben die neue Falte im Gesicht nicht mehr wirklich erschüttern.

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Leserpost

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Alma Ruth / 04.11.2013

Hallowen ist mir egal, aber Senta Berger (deren Filme ich nie sah) ist eine gescheite Frau. Sie macht nicht mit bei der Mode “Ewig jung bleiben”. Ein Gesicht das keine Spuren des Lebens aufweist, ist kein Gesicht. Sondern eine Maske. lg Alma Ruth

Gino Bartali / 04.11.2013

So weit ich es beobachten kann, sind es vor allem Protestanten, die gegen Halloween wettern (z.B. die allgenwärtige Bischöfin der Herzen). Damit wurde ja der Reformationstag als einer der letzten genuin protestantischen Feiertage aus dem allgemeinen Bewußtsein gefegt.

Rudi Frühwirth / 04.11.2013

... Des Todes zu gedenken ... Leider war auch hier der Dativ dem Genetiv sein Tod (Bastian Sick)

Rudolf Birnbaum / 04.11.2013

Liebe Autorin, es wäre nicht schlimm gewesen, bei dieser Gelegenheit auch die Reformation ausnahmsweise mit zu erwähnen, der am 31.10. von manchen Menschen in Würde gedacht wird, so ganz ohne Kürbissen. Mit besten Grüßen

Brunhilde Weiß / 04.11.2013

Hallo, Frau Szabo, auch wenn Katholiken-Bashing modern ist, der Halloween-Spaß stößt doch wohl vor allem Protestanten auf. Frau Käßmann betonte, Halloween sei gegen alle Grundüberzeugungen der Reformation: “Luther wollte Angst nehmen - vor Geistern, Gespenstern, dem Bösen, dem Teufel. Und heute? Da sind am 31. Oktober die Kinder in Grusel-Kostümen unterwegs. Das kann ich nicht ernst nehmen”. (Es soll ja auch nicht ernst! sein). Frankfurt a.M. (epd).: Die Protestanten gehen am Reformationstag zunehmend in die Offensive: So werden allein mehr als 100.000 Menschen in diesem Jahr bundesweit zur sogenannten “ChurchNight” am Abend des 31. Oktober erwartet, wo andere Halloween feiern. (Um den bösen Konsum-Terror abzuwenden!) Es ist noch gar nicht so lange her, dass den Protestanten das Fasching-Feiern als Teufelszeug galt und z.B. nur in katholischen Kindergärten sich verkleidet und gefeiert werden durfte. Grüße, Brunhilde Weiß, Rottenburg

Isabel Kocsis / 03.11.2013

Bitte, es gibt Verben, die des Genitivs bedürfen. Es muss dringend heißen, die des Todes gedenken. Vor allen Inhalten sollte der Grammatik gedacht werden. Grüße

Walter Schwarz / 03.11.2013

Liebe Autorin, wie recht sie doch mit den beiden Themen haben. Vor längerer Zeit hatte ich einen Geschäftstermin bei einer Kundin, die von Botox oder einer Schönheits-OP zu viel abbekommen hatte. Das Gesicht war so unwirklich, dass ich mich zwingen musste, diese Dame nicht dauernd anzustarren. Auch den letzten Absatz kann ich nur vollinhaltlich bestätigen. Als jüngerer Mensch waren die Feiertage für mich meistens Anlass von Feten mit Besäufnis. Jetzt zelebriere ich die Feiertage so traditionell wie möglich und bin einfach zufriedener damit.

Friedrich Herberg / 03.11.2013

Hallo Frau Szabo, nach meinem Kenntnisstand hat der ursprünglich heidnische Brauch nach Christianisierung Irlands auch eine christliche Umwidmung erfahren. Darauf deutet auch der Name Halloween hin. Er leitet sich von “All Hallows Eve” ab, womit der Vorabend des katholischen Festes Allerheiligen bezeichnet wird. Mit den irischen Einwanderern kam der Brauch in die USA und von dort zu uns. Das können Sie auch bei WIKIPEDIA nachlesen.

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