Noch hat sich die Bundesregierung nicht entschieden, ob sie den Schmähsatiriker Böhmermann unter Anklage stellen lässt. Hier aber schon einmal eine Vorschau auf den möglichen Prozess.
Richter: Angeklagter erheben Sie sich.
Angeklagter: Wenn es der Wahrheitsfindung dient.
Richter: Sie sind angeklagt, ein ausländisches Organ …
Verteidiger: Mit Verlaub euer Ehren, exakt welches Organ ist denn beleidigt worden?
Richter: Es geht nicht um ein spezielles Organ sondern um den Gesamtorganismus Erdogan …
Verteidiger: Dann ist dies also keine Organklage?
Richter: Seien Sie nicht albern, Herr Verteidiger. Es geht darum, ob ein ausländisches Staatsoberhaupt …
Verteidiger: Majestätsbeleidigung also …
Richter: Sie wissen doch genau, dass die Majestätsbeleidigung aus dem 19. Jahrhundert längst abgeschafft ist. Heute dürfen nicht nur Majestäten sondern alle x-beliebigen Staats- und Regierungschefs beleidigt sein.
Verteidiger: Aber der Paragraf selber ist geblieben, seit Leipzig Einundleibzig.
Richter: Richtig. Nur dass er eben demokratisch verschärft worden ist, was die Anzahl der möglichen Beleidigten betrifft.
Verteidiger: Danke, Herr Richter. Angesichts des weiten Feldes der möglichen Beleidigten bekennt sich mein Mandant schuldig ...
Richter: Wunderbar, das verkürzt diese Verfahren erheblich …
Verteidiger: … bekennt sich schuldig, in seinem Schäh-Lied das Wort Ziege benutzt zu haben.
Richter: Also nur ein Teilschuldbekenntnis?
Verteidiger: Richtig. Allerdings hat mein Mandant nicht den Begriff „ausgemolkene Ziege“ benutzt.
Richter: Schade. Das hätte das Verfahren verkürzt. Die Strafbarkeit der „ausgemolkenen Ziege“ ist dank eines Präzedenzfalls bereits gesichert.
Verteidiger: Was man von einer nicht gemolkenen Ziege nicht sagen kann.
Richter: So ist es. Selbst die „alte Ziege“ ist umgangssprachlich allgemein üblich und darum nicht strafbewehrt. Was in diesem Fall aber nichts zur Sache tut.
Verteidiger: Warum nicht?
Richter: Wir haben zu entscheiden, wie die Ziege strafrechtlich zu bewerten ist, wenn sie mit einem ausländischen Staatsoberhaupt in Verbindung gebracht wird.
Verteidiger: Die Ziege ist ein Gottesgeschöpf und darum nicht von Hause aus strafbar.
Richter: Es kommt darauf an, in welche Beziehung die Ziege zum Beleidigten gesetzt wird.
Verteidiger: Ist es womöglich die Geschlechtszugehörigkeit der Ziege? Wäre ein Ziegenbock weniger beleidigend?
Richter: Hierzu sollten wir die Haltung des Nebenklägers einholen. Herr Erdogan, Sie sind der Sohn des Beleidigten und sein Rechtsbeistand. Was meinen Sie …
Erdogans Sohn: Was hacken Sie denn ständig auf der Ziege herum. Sie ist ja nur kleiner Teil der Gesamtbeleidigung, mit der der Angeklagte meine beleidigte Leberwu ..., Verzeihung: meinen beleidigten Vater und Staatspräsidenten beleidigt hat. Es geht um die Gesamtheit der Beleidigungen nicht nur um eine Beleidigungsteilmenge. Es geht um die gesamte Schmähkritik.
Verteidiger: Wenn es um den gesamten Schmäh geht, beantrage ich, dass sich dieses Gericht für nicht zuständig erklärt.
Richter: Inwiefern?
Verteidiger: Mein Mandant beantragt Extraterritorialität.
Richter: Nun aber mal langsam …
Verteidiger: Mein Mandant hat nämlich gar nicht auf reichsdeutsch geschmäht sondern auf wienerisch.
Richter: Jetzt reden Sie doch keinen Schmäh.
Verteidiger: Sehen Sie Herr Richter, auch Sie benutzen den Schmäh auf Wienerische Art, ohne sich damit strafbar zu machen.
Richter: Jo mei …
Verteidiger: Ich beantrage, meinen Mandanten vor ein Wiener Schmähgericht zu stellen.
Richter: Antrag abgelehnt. Mir langt's jetzt. Ich habe genug gehört und komme zur Urteilsfindung. Angeklagter, erheben Sie sich.
Angeklagter: Wenn es der Urteilsfindung dient.
Richter: Ich verurteile Sie hiermit zu 14 Tagen verschärften Urlaub in der Türkei.
Der Angeklagte bricht schluchzend zusammen. Sein Verteidiger protestiert. Erdogans Sohn reibt sich die Hände.