Vera Lengsfeld / 06.05.2017 / 18:00 / 7 / Seite ausdrucken

Berlins Geistesgrößen

Was dabei heraus kommt, wenn man sich ganz den Vorstellungen und Forderungen des Zeitgeistes ergibt und dennoch einen eigenständigen Beitrag zu der immer mehr um sich greifenden Schwachsinnsproduktion leisten möchte, hat der Berliner Professor der Geologie Reinhold Leinfelder jüngst vorgeführt. Er lehrt an der Freien Universität von Berlin. Um das bekanntlich niedrige Forschungspotential anzuheben, hat der Mann ausgerechnet, was unsere Hauptstadt wiegt, inklusive Müll und Büroklammern.

Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Höhenflugs ist die Feststellung, dass die Stadt eine Fläche von 892 Quadratkilometer märkischen Sandbodens oder Sumpfes okkupiert, dessen Föhren und Grasstengel sich gewichtslos im Wind wiegten, umschwebt von Wölfen, Bären und anderem Getier, das keinerlei ökologischen Fußabdruck hinterließ. Das Paradies erstreckte sich über 45 km in der Länge und 38 km in der Breite. Leider wurde die Idylle von menschlichem Machwerk nachhaltig gestört.

Und nun haben die Berliner den Salat, nein, die verheerenden Gewichte: Zwei Milliarden Tonnen  schwer ist Berlin ohne seine 3,6 Millionen Einwohner! Rechnete man die mit, kämen 281.098 Tonnen dazu. Er und sein „internationales Team“ sind damit beschäftigt, die „Technosphäre – das ist alles, was von Menschen und nicht von der Natur erschaffen worden ist“, zu gewichten. „Dazu gehören beispielsweise Häuser, Straßen, Plätze, Züge, Autos, Bleistifte, Büroklammern. Auch der Müll, den wir produzieren.“

Ergebnis: Der menschliche Auswurf auf der Erde wiegt 30 Billionen Tonnen. Im Mittelwert heißt das: Jeder Erd-Quadratmeter ist mit 50 Kilo Technosphäre belastet. „In Weiterführung unserer globalen Hochrechnung ergibt sich für Berlin ein Durchschnitt von 3.000 Kilogramm pro Quadratmeter“, lautet Leinfelders alarmierender Befund. Bald wird die märkische Streusandbüchse diese Last nicht mehr tragen können.

Dass Studenten aus Protest gegen solchen Unsinn jüngst Räume der FU besetzt hielten, ist allerdings ein Gerücht. Sie wandten sich gegen die „Ökonomisierung“ der Lehre. Professor Leinfelder hat es vorgemacht: Es gibt völlig zweckfreies, aber wahrscheinlich hochsubventioniertes Forschen, da muss es um der Gerechtigkeit willen auch ein  zweckfreies Studium geben!

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Leserpost

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Wieland Schmied / 07.05.2017

Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen. Und offenbar auch kein Doktor davor. Die Blödheit hat hierzulande eine kuschelige Heimstatt bezogen. Laßt uns froh und munter sein und uns auf unsere Zukunft freu’n. Alles wird gut. oder anders herum - das Leben hier ist nur noch im Suff zu ertragen.

Roland Richter / 07.05.2017

Wie wahr, Frau Lengsfeld. Berlin war, ist und bleibt der Nabel der Welt. Bei solch geistigen Leuchten muß man sich um den nächsten Nobelpreis für deutsche Wissenschaftler nicht sorgen. Der Mann ist offensichtlich nicht ausgelastet. Nicht vorzustellen, was er für Geisteskräfte entfaltete, wäre er wirklich gefordert; nein, nicht auszudenken.

Thomas Kammerer / 07.05.2017

Liebe Frau Lengsfeld, Geowissenschaftler beschäftigen sich nun mal mit der Geschichte dieses Planeten, in deren jüngster Epoche, dem Anthropozän, der Mensch Ressourcen in großem Umfang ausbeutet und intensiven Einfluss auf die Geosphäre ausübt. Rohstoffe jeder Art werden abgebaut, in vielfältiger Weise verarbeitet und dann zum großen Teil wie Sedimente abgelagert (Müll, Bauschutt etc.). Die Frage nach den Massenbilanzen ist da angesichts endlicher Rohstoffvorkommen und einer endlichen Erdoberfläche durchaus berechtigt und seriös. Bitte lesen Sie doch mal dazu den im Artikel verlinkten Abstract. Die Frage „Was wiegt Berlin?“ ist also lediglich eine intellektuelle Spielerei mit ernstem Hintergrund und nicht alles was aus aus dieser Stadt kommt, ist automatisch schlecht.

Hans-Peter Hammer / 07.05.2017

Herr Prof. Leinfelder sollte sich auch einmal Gedanken darüber machen welche Konsequenzen dies für die Gegenden hat aus denen all die Dinge der “Technosphäre” zusammengetragen und -gebaut wurden! Nein, nicht politisch, sondern gewichts-/massemässig! Kann es sein das “die Natur” schon längst Gegenmaßnahmen gegen das entstandene Ungleichgewicht ergriffen hat, z.B. durch die Verringerung von Gehirnmasse in menschlichen Köpfen? Es würde einige Erscheinungen die besonders in “Hochtechnosphären-Ländern”, wie Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden, Kanada und den USA (Auflistung unvollständig!) auftreten, nämlich political correctness, Gender, etc. erklären!

Lars Bäcker / 07.05.2017

Naja, im Gegensatz zu den Gender- und Geschwätzwissenschaften, kommt bei den Naturwissenschaften (Geologie zähle ich einfach mal dazu) am Ende ein Ergebnis raus, mit dem man etwas anfangen kann. Oft wird die Bedeutung von Forschungsergebnissen erst Jahre oder Jahrzehnte später erkannt. Ich kann in diesem Falle nichts verwerfliches und auch keine Geldverschwendung feststellen.

Dirk Jungnickel / 06.05.2017

Forschung und Wissenschaft sollten durchaus “zweckfrei” sein, liebe Frau Lengsfeld.  Prinzipiell natürlich auch subventioniert. Ob man die Berechnungen des Herrn Leinefelder allerdings unter Forschung oder Wissenschaft subsumieren kann, ist eine andere Frage. Man sollte dem Professor vielleicht vorschlagen, die geistigen Kapazitäten an unterschiedlichen Universitäten zu messen. Er dürfte sicher in der Lage sein Kriterien und Gewichtungen zu erfinden. Problematisch allerdings ist, dass er - da direkt involviert - nicht unbefangen ist.

Karla Kuhn / 06.05.2017

“Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Höhenflugs ist die Feststellung, dass die Stadt eine Fläche von 892 Quadratkilometer märkischen Sandbodens oder Sumpfes okkupiert, dessen Föhren und Grasstengel sich gewichtslos im Wind wiegten, umschwebt von Wölfen, Bären und anderem Getier, das keinerlei ökologischen Fußabdruck hinterließ. Das Paradies erstreckte sich über 45 km in der Länge und 38 km in der Breite. Leider wurde die Idylle von menschlichem Machwerk nachhaltig gestört.”  Das klingt ja wie aus einem Drei Groschen Roman. Ganz besonders faszinieren mich die Grasstengel, weil die so “gewichtslos” im Winde wiegten.  Toll für was alles unsere Steuergelder herhalten müssen. Aber ich habe dazugelernt, daß die Grasstengel von Wölfen, Bären und anderem Getier “UMSCHWEBT” werden können. Immerhin, bisher habe ich noch nie einen schwebenden Bären gesehen. Vielleicht ist er eine besondere Mutation? Da lohnt sich doch die Forschung.

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