Roger Letsch / 12.03.2017 / 20:00 / Foto: Colin and Sarah Northway / 19 / Seite ausdrucken

Aus der Reihe „Parteien zur Bundestagswahl“: Die Grünen

„Wir müssen reden, liebe Grüne“ – diese Worte verheißen in einer Beziehung selten Gutes und wenn die deutschen Wähler eine ihrer Parteien zum „Gespräch“ bitten, kommt es meist knüppeldick. Die Kurve der Umfragewerte der Grünen zeigt seit Monaten nur in eine Richtung: nach unten. Gleichzeitig ist jede Aktion, jede Äußerung der Frontgesichter wenig geeignet, sich mit der Lebenswirklichkeit in diesem Land auseinanderzusetzen. Keine Peinlichkeit wird ausgelassen, keine Idee ist zu abwegig, wenn es darum geht, Wähler zu vergraulen. Und so wird die Parteispitze also das rosa Einhorn besteigen, die Pussy-Mütze tief über die Augen ziehen und in den Sonnenuntergang reiten, der vielleicht auch nur der Untergang der Partei sein wird.

Als vor vier Jahren die FDP – aus gutem Grund – auf die Couch gebeten wurde, hieß es beim Wähler vorher „wir müssen lachen“. Das Ergebnis ist bekannt, der Kombination aus Verrat und Unkenntnis liberaler Werte und irrlichterndem Personal war einfach keine Notwendigkeit mehr abzupressen, ein Tortenstück in Form von Sitzen im Bundestag dafür zu verschwenden. Nun wird es Zeit, mal einen genaueren Blick auf die Grünen zu werfen, bei dem man leicht ans Heulen kommt. Wir müssen reden.

Um gleich eines ganz klar zu machen: Ich habe euch nie gewählt und werde dies mit großer Sicherheit auch nie tun, weil ich euch für eine klassische marktfeindliche Klientelpartei halte, die vor allem an Verteilung, Regulierung und Bevormundung interessiert ist und gleichzeitig an keinem Subventions-Fleischtopf vorbei gehen kann. Mit dem Begriff Freiheit verbinde ich im Gegensatz zu euch nicht in erster Linie die Abwesenheit von Genfood, Fleisch überhaupt, CO2 oder Laktose, sondern mit der Freiheit der Entscheidung und der Abwesenheit von Bevormundungen und Denkverboten.

Nein, vermissen würde ich euch sicher nicht in den Parlamenten dieser Republik. Aber es gab in der Vergangenheit wichtige Impulse von euch, die erst ein Bewusstsein für den Umweltschutz geschaffen haben. Euer Problem mit der Eigenwahrnehmung entstand genau zu dieser Zeit. Denn irgendwie ist auch einer guten Idee eine komplexe Religion geworden, in der eure Führungskräfte wie Hohepriester agieren: Sie teilen die Taten der Menschen in gut und schlecht ein, entdecken überall Sünde, rufen „Tuet Buße“ und betreiben Ablasshandel. Dabei stellte der Spiegel unlängst fest, dass es insbesondere die Wähler und Sympathisanten der Grünen sind, die so häufig CO2-affine Flugreisen unternehmen, wie sonst niemand im Land.

Die Möglichkeit zur Sünde steigt proportional zum Einkommen

Passt nicht zusammen, denken Sie, liebe Leserinnen und Leser? Doch, sehr gut sogar. Denn die Grünen sind eine Partei, die vom schlechten Gewissen zusammengehalten wird. Ablasse kann man nur verkaufen, wenn das Gewissen vorher ordentlich gezwickt hat. Und da die Möglichkeiten zur Sünde proportional zum Einkommen steigen, nützen der Partei die arme Schlucker nichts, die sich sowieso nie im Leben eine Flugreise leisten können. Die sind in dieser Hinsicht gewissermaßen Umweltschützer wider Willen. Von Verzicht träumen kann nur, wer etwas zum Verzichten hat.

Ein besonderes Schlaglicht auf das politische Irrlichtern der Grünen war deren Entscheidung, am 10.3.2017 im Bundesrat dafür zu sorgen, dass die Maghreb-Staaten nicht auf die Liste der sicheren Herkunftsländer gesetzt werden konnten, was zahlreiche Abschiebungen erheblich beschleunigt und geholfen hätte, die damit beauftragten Behörden und die Polizei zu entlasten. Die Wahrscheinlichkeit etwa für einen Marokkaner, in Deutschland Asyl zu erhalten, liegt ziemlich genau bei Null. Auch gibt es seit 1998 bereits ein Rückführungsabkommen mit Marokko, es ändert sich also durch die Ablehnung der Grünen nichts an der Tatsache, dass die Marokkaner wieder nach Hause geschickt werden. Es dauert nur länger, kostet mehr und geht zulasten der Menschen, deren Anträge auf Asyl wirklich Substanz haben. Aber Frau Göring-Eckardt möchte die geschenkten Menschen nicht wieder hergeben, weshalb sie zum Beispiel Marokko kurzerhand für unsicher und gefährlich erklärt. Dabei sehen das nicht alle Deutsche so. Wenn man will, kann man schon morgen im Flieger nach Marokko sitzen und dort ein paar wunderbare Urlaubstage verbringen.

Auszug aus einem Marrakesch-Urlaubsangebot: „In den traditionellen Riads, bunt geschmückten, reich verzierten Stadthäusern, die heutzutage von ihren Besitzern an die vielen Besucher Marrakeschs vermietet werden, dürfen sich auch Besucher der Stadt fühlen wie die berühmte Prinzessin aus Tausendundeiner Nacht. Doch während Sheherazade mit gewandter Zunge um ihr Leben redete, dürfen moderne Bewohner ganz ungetrübt die Freuden orientalischen Luxus genießen. Marrakesch, die Stadt der Berber und Nomaden, gilt vielen als die schönste Stadt des ganzen Landes. Spätestens wenn der abendliche Ruf des Muezzin über die blauen Kuppeln schallt, wenn die Sonne hinter der atemberaubenden Kulisse des Hohen Atlas‘ untergeht und die Kühle der Nacht sich allmählich in den Gassen der quirligen Stadt ausbreitet, nimmt der Zauber der morgenländischen Schönheit jeden Neuankömmling gefangen.“

Und über Agadir an der Atlantik-Küste weiß der Reiseprospekt: „Westorientalisches Flair erlebt man gleich im Hinterland: Fes, Meknes und Marrakesch, die Königsstädte im Landesinnern, sind von der Küste aus leicht zu erreichen. Agadir empfiehlt sich als Ausgangspunkt für Ausflüge in die fruchtbare Sous-Ebene mit ihren wohlhabenden Städten Taoudannt, die „kleine Schwester“ Marakeschs, und Tiznit, die Stadt der Silberschmiede. Wer sich noch weiter in den Süden wagt, erlebt die wilde Felslandschaft des Anti-Atlas und das Karawanenzentrum Guelmin in der West-Sahara.“

Für die Grünen ist wahrscheinlich nicht mal die Schweiz ein sicherer Ort

Die leichte Erreichbarkeit der kulturellen Angebote in Marokko ist schon deshalb garantiert, weil man sich für etwa 100 Euro pro Woche ein Auto mieten kann, um sich damit frei im Land zu bewegen, was offenbar als ein Merkmal unsicherer Herkunftsstaaten gewertet wird.

Aber vielleicht ist es deutschen Urlaubern zumutbar, in „gefährliche Länder“ zu reisen, während den Einheimischen nicht zugemutet werden kann, dorthin zurückzukehren. Das Außenministerium vermerkt in seinen Reisehinweisen lakonisch: „Marokko ist ein politisch stabiles Land mit guter touristischer und sicherheitspolitischer Infrastruktur. Es gibt aber auch in Marokko Gefahrenelemente.“ Vom Urlaub machen möchte man aber niemanden abhalten – auch die Parteispitze der Grünen möchte weiterhin liquide Europäer nach Marrakesch schicken. Nur für Einheimische ist es dort zu gefährlich.

Als übrigens im vergangenen Jahr ausgerechnet in Marrakesch die UN Klimakonferenz stattfand, konnten die Grünen daran nichts Schlechtes finden, auch die Sicherheitslage dort schien für die Klimaretter und deren Entourage nicht problematisch zu sein. Nur Einheimische, die sollten sich besser auf den Weg nach Deutschland machen. Vielleicht hört man ja aber Schlimmes aus dem Umfeld des jährlich stattfindenden internationalen Filmfestivals in Marrakesch? Schon wieder Fehlanzeige!

Das heißt, auch hier müssen wir die Einheimischen natürlich gesondert betrachten. Wenn ein Land oder eine Stadt auch vom internationalen Jet-Set frequentiert wird, heißt das noch lange nicht, dass es dort sicher ist. Ist das nun ein Wahrnehmungsproblem des Jet-Set, zu dem auch das grüne Spitzenpersonal gehört, oder eine Frage der mangelhaften Sicherheit? Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es eine Frage des Opportunismus ist und dessen, was als Argument gerade besser passt.

Aus Sicht der Grünen ist wahrscheinlich nicht einmal die Schweiz ein sicherer Ort, weil dort Muslime keine Minarette bauen dürfen. Das mag jetzt etwas spitzfindig klingen, aber wenn man erst einmal anfängt, in den Gesellschaften anderer Länder Unzumutbarkeiten für grüne Parteikader zu suchen, lassen sich tausende Sachverhalte finden, die für Grüne als Hinderungsgrund der Abschiebung herhalten können. Wer denkt schon darüber nach, wie dürftig das Angebot an Bio-Gemüse auf den Märkten in Islamabad ist!

(Selektive) Fakten gegen Parolen

Wahlkampfzeiten sind Zeiten, in denen Parteien einfache Antworten auf komplizierte Fragen haben. Besonders auf die Fragen des politischen Gegners. Und alles, was nicht grün ist, wird dem Rechtspopulismus zugeschrieben. Sieben Behauptungen, wie sie natürlich nur Rechtspopulisten vertreten können, versuchen die Grünen hier, ihre Totschlag-Antworten entgegen zu schleudern. Die Netz-Seite ist jetzt übrigens ein Jahr alt und zeigt sehr anschaulich, wie schnell die Argumente der Grünen welken. Was dies über die Fähigkeit der Grünen aussagt, die Zukunft dieses Landes mitzugestalten, mag sich jeder selbst beantworten.

Wem die grünen Antworten zu arg verkürzt erscheinen oder wer eine Nachfrage hat, dem liefern die Grünen einen weiterführenden Link, möglichst auf einen Gesetzestext oder eine andere möglichst regierungsamtliche Quelle der komplexen und unverständlichen Art. Vielleicht hofft man darauf, dass der Leser bei seinen Nachforschungen einschlafen möge oder daran verzweifelt, wenn er die grünen Schlussfolgerungen anhand der Quellen nicht nachvollziehen kann. Klicken wir also mal auf das, was sich hinter den verkürzten und den Rechtspopulisten zugeschriebenen Parolen an grüner Antwort verbirgt und ob die Antworten wirklich „einfach“ oder doch nur simplifizierend, irreführend und dämlich sind.

1) "Wir können nicht alle aufnehmen"

Antwort der Grünen: „In Libanon kommt auf sechs Einheimische ein Flüchtling, in Deutschland einer auf 80 Einwohner.“ Ja, das war schon die Antwort. Zumindest soll dies als Argument genügen. Die Grünen meinen also, wir sollen uns mal nicht so haben, den Libanesen geht es wegen der Flüchtlingsbewegungen viel schlechter. Das stimmt sogar. Nur, ist das ein erstrebenswerter Zustand? Hatte der Libanon Mittel und Wege, die Fluchtbewegung aus dem Nachbarland zu steuern? Nein! Versorgen heute drei Libanesen einen syrischen Flüchtling? Nein. Entweder tut dies das UNHCR oder die Flüchtlinge versuchen selbst, irgendwie klar zu kommen. Man spricht Arabisch, was es sehr viel leichter macht, im Nachbarland zu überleben. Möchten die syrischen Flüchtlinge im Libanon bleiben? Nein! Sie möchte entweder weiter oder zurück. Die grüne Antwort suggeriert, dass Deutschland erst dann „voll“ sei, wenn auch bei uns das Zahlenverhältnis von 1 zu 3 hergestellt ist, wofür weitere 25 Millionen Flüchtlinge benötigt werden. Dafür reicht Syrien allein nicht aus, weshalb man bei den Grünen den Blick hin zu anderen Ländern schweifen lässt, in denen es nach grüner Logik ebenfalls nicht rund läuft.

2) "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen"

Hier stellen die Grünen den Hartz IV-Betrag dem gegenüber, was das Asylbewerberleistungsgesetz an die Flüchtlinge ausschüttet – und das ist nominell tatsächlich weniger. Doch erstens sind dies nicht die tatsächlichen Kosten, die für Unterbringung, Verpflegung und gesundheitliche Versorgung entstehen. Und zweitens muss man sich seit Jahren besonders von den Grünen anhören, wie arm die Dritte Welt ist und wie gering das Einkommen dort. Es wird dann immer wieder gern verglichen mit dem, was in Deutschland zur Verfügung steht. Wer behauptet, die Leistungen des deutschen Sozialstaates hätten keinerlei Sogwirkung, der behauptet, dass Kleinvieh keinen Mist macht. Aus der Entfernung sieht das, was man in Deutschland zu bekommen hofft, zudem deutlich verlockender aus als das, was dann tatsächlich an Geld fließt.

Die Israeliten zogen aus Ägypten in der Hoffnung fort, das Land zu finden, in dem Milch und Honig fließen – als sie es fanden, war da aber kaum mehr als Wüste. Ähnlich ist es heute mit den Märchen und Legenden über das reiche Europa, die in der Heimat der Flüchtlinge kursieren. Der Realität hält das nie stand – und das ist einer der Gründe, warum sich die Identität einiger Flüchtlinge in Deutschland vervielfacht. Allein die Tatsache, dass die Flüchtlinge oft tausende Euro für Schlepper bezahlen, zeigt doch, dass sie sich meist unter völlig falschen Vorstellungen der Möglichkeiten in Europa auf den Weg machen. Vorstellungen, die zerplatzen müssen, wenn sie mit der Realität in Europa konfrontiert werden.

3) "Das sind nur Wirtschaftsflüchtlinge"

Es spielt im Grunde genommen keine Rolle, warum sich jemand auf den Weg nach Deutschland macht, es sei denn, er/sie wird politisch verfolgt. Militärdiktatur oder Bürgerkrieg, Korruption oder organisiertes Verbrechen sind keine Asylgründe, so traurig das auch klingt. Ihr müsst das Grundgesetz nicht als Monstranz benutzen, sondern auch mal lesen, liebe Grüne. Den Begriff Wirtschaftsflüchtling könnt ihr getrost vergessen, weil es im Grunde nur Asylbewerber und Migranten gibt. Ich erinnere auch nochmal daran, dass Asyl laut Dublin III nur in dem Land beantragt werden kann, dass man in der EU als erstes betritt. Eine Weiterreise in ein Land seiner Wahl sehen die EU-Verträge nämlich nicht vor. Wer also nicht mit dem Schlauchboot auf Langeroog ankommt… Aber was sind EU-Verträge heute schon noch wert?

Neben den Asylsuchenden gibt es Migranten. Und hier endet die Freizügigkeit, hier ist Schluss mit der Willkommenskultur. Jeder souveräne Staat darf selbst entscheiden, wen er warum ins Land lockt oder einlässt. China und Japan lassen zum Beispiel niemanden rein, die USA haben das Greencard-System und restriktive Einwanderungsregeln, Kanada und Australien ein Punktesystem. Was all diese klassischen Einwanderungsländer gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sie die legale Einwanderung fördern und steuern. Man schaut, wen man braucht. Man sucht Fachkräfte. In Australien gibt es auch den Weg, über eine große Direktinvestition an die Staatsbürgerschaft zu kommen. Nur Deutschland und Schweden gingen den Weg der Beliebigkeit, nur Deutschland geht diesen Weg auch weiter.

4) "Flüchtlinge sind viel zu teuer"

Wie es sich für lupenreine Relativisten gehört, stellt man den Kosten für Flüchtlinge die Kosten für Steuerflucht und Steuerhinterziehung gegenüber. Und was sind schon 9 Milliarden Euro angesichts der 100 Milliarden Euro, die dem Fiskus jährlich gestohlen werden! Peanuts! Nur sollte, wer Steuerflucht vermeiden will, an der Steuergesetzgebung drehen, Staatsausgaben drosseln und Verschwendung von Steuergeldern eindämmen, um die Steuern senken zu können, anstatt das genaue Gegenteil zu versuchen. Der Vergleich ist irrsinnig, man hätte auch die Kosten für das Apollo-Programm zum Vergleich heranziehen können. Es ist, als würde man beim exzessiven Shopping eine Kreditkarte ans Limit fahren und dann schulterzuckend mit der nächsten weitermachen.

Ich will mich auch nicht unnötig an der Steuerflucht abarbeiten, mich interessiert die Vergleichszahl von 9 Milliarden Euro. Freundlicherweise haben die Grünen hier nämlich nur die Ausgaben des Bundes herangezogen, was beweist, dass Grüne entweder nicht rechnen können, oder wollen. Die Ausgaben von Ländern und Kommunen sind in dieser hübschen kleinen Zahl nämlich nicht enthalten. Laut einer Studie der Bundesagentur für Arbeit liegen die Kosten pro Jahr bei 20 – 30 Milliarden Euro. Nun stammen die Zahlen der Grünen aus dem Jahr 2015 und beruhten demnach auf sehr groben und freundlichen Schätzungen. Belastbare Zahlen liegen heute jedoch längst vor und diese strafen den grünen Optimismus jetzt schon Lügen. In einem Land, in dem sich selbst Bauherren von Opernhäusern, Bahnhöfen und Flughäfen gern mal um einige Zehnerpotenzen verschätzen, sollte man die Zukunftsprognosen der politischen Parteien nur zum Feuer machen verwenden. Über die langfristigen Kosten wird noch zu reden sein. Aber hey, was soll’s, ist doch nur das Geld anderer Leute!

5) "Flüchtlinge beklagen sich über zu wenig Geld, haben aber teure Smartphones"

Die Grünen meinen, sowas bräuchte man halt für die Flucht. Wie soll man sonst Kontakt halten zu denen, die einen losgeschickt haben? Wie den Weg finden? Das stimmt natürlich, zeigt aber lediglich, dass es eben nicht die Ärmsten und Bedürftigsten sind, die sich auf den Weg gemacht haben und deren ganzes Vermögen steckt eben nicht in den Smartphones, die sie bei sich haben. Es müssen für den Kontakt nach Hause auch dort Smartphones vorhanden sein, wie sollte man sonst in Verbindung bleiben? Aber eigentlich ist das Argument mit den Smartphones einfach nur albern. Dass sich zahlreiche Flüchtlinge über zu wenig Geld beklagen – oder darüber, dass sie immer noch keinen gut bezahlten Job haben, der ihnen versprochen wurde – ist allerdings richtig.

6) "Die nehmen uns die Jobs weg"

Nein, zunächst schaffen sie mal welche. In der Asylindustrie rund um Betreuung und Unterbringung, Bauwirtschaft, NGO’s, Sicherheitsdiensten, Verwaltung und Polizei sind zahlreiche neue Jobs entstanden – und noch weitaus mehr werden gebraucht. Das Schaubild der Grünen erinnert uns jedoch an den Fachkräftemangel in der Pflege und dass wir schon deshalb dringend Zuwanderung brauchen. Aber geht diese Rechnung auf? Sind die Neuankömmlinge unsere Pflegekräfte von morgen? Wie sieht es mit der Behauptung aus, die jungen, kräftigen Männer würden später auch mal die Rente der vermehrungsunwilligen Deutschen zahlen? Auch hier steckt leider ein Rechenfehler, der uns noch teuer zu stehen kommen wird. Schauen wir mal genauer hin. Der Bildungsstand der Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan oder Eritrea ist durchschnittlich miserabel, die Analphabeten-Rate ist hoch, zwei Drittel können kaum lesen und schreiben.

Das bringt erhebliche Probleme bei der Vermittlung der deutschen Sprache, weil viele diese nicht einmal über das Verständnis ihrer Muttersprache, meist Arabisch, erlernen können. Eigentlich müsste man vielen Flüchtlingen zunächst Arabisch beibringen, damit sie über diese Brücke ins Deutsche kommen können. Unter diesen Voraussetzungen braucht es sicher zwei bis drei Jahre, bis die Neuankömmlinge eine elementare sprachliche Kompetenz haben, um im nächsten Schritt die schulischen Kompetenzen zu erwerben, die man hierzulande für eine Ausbildung braucht.

Die Flüchtlinge kommen hier mit Anfang 20 an, brauchen 3-5 Jahre, um unsere Sprache zu erlernen und die Ausbildungsreife zu erlangen. Dann sind sie mit Anfang dreißig mit der Ausbildung fertig, wenn alles gut läuft. Sie haben also gegenüber ihren deutschen Kollegen mindestens zehn Jahre Rückstand, auch was die Rentenansprüche anbelangt, die sie ansammeln. Zudem wird es sich in den meisten Fällen nicht um bestbezahlte Jobs handeln, die ihnen dann offen stehen, was den Zweifel nährt, ob sich die Flüchtlinge langfristig nicht eher als Fluch für unsere Sozialsysteme erweisen werden.

Es ist aber typisch für die Grünen, die „Menschengeschenke“ als Zuwachs besonders für die Pflegeberufe zu deklarieren, denn wenn aufgrund mangelnder Attraktivität dieser Sektor nicht von den Wählern der Grünen besetzt wird, sollen eben die Zuwanderer den Rollstuhl von Frau Göring-Eckardt schieben. Wir mögen auf Zuwanderung angewiesen sein, liebe Grüne, aber auf qualifizierte. Am besten wäre es auch, wenn die Zuwanderer ein wenig besser in Mathe sein könnten als ihr. Dann stünde einer steilen Karriere in der Grünen Partei hoffentlich nichts im Wege.

7) "Deutschland ist nicht das Sozialamt der Welt"

Auch hier wird uns wieder ein nichtssagender Vergleich als „einfache grüne Antwort“ verkauft. 476.000 Asylanträge gab es 2015 in Deutschland, dem stellt man 60.000.000 Menschen gegenüber, die 2015 weltweit auf der Flucht sind. Vergessen wir kurz, dass es 2016 bereits 722.000 Anträge waren, die Frage jedenfalls wurde nicht beantwortet. Die Grünen möchten jedenfalls, dass die Zahl der Asylanträge möglichst stark weiter wächst, was die Frage aufwirft, was die Grünen als zumutbar oder sogar opportun erachten. Nun, diese Frage wurde, womöglich unbeabsichtigt, bereits unter Punkt 1 beantwortet.

Der Slogan für den Bundestagswahlkampf der Grünen lautet „Zukunft wird aus Mut gemacht“. Katastrophen kann man aus Mut übrigens auch machen, denn es gibt nicht nur die „blinde Wut“, die man den „Rechten“ so gern unterstellt, es gibt auch den „blinden Mut“, die Tollkühnheit, den Leichtsinn und die Kurzsichtigkeit von Hasardeuren, die durch mutige, aber falsche Entscheidungen die Zukunft eines ganzen Landes am Roulette-Tisch auf eine Zahl setzen möchten. 

Nein, liebe Grüne, so wird das nichts mit dem Wähler und euch. Aber vielleicht werden euch vier Jahre Pause für einen Selbstfindungstrip mal ganz guttun?

Nachtrag: Es ist sicher Zufall, dass der Slogan der Grünen fatal an einen Songtext von Nena erinnert:

Liebe wird aus Mut gemacht/ 
Denk nicht lange nach
/ Wir fahr’n auf Feuerrädern
/ Richtung Zukunft durch Nacht./ Gib mir die Hand
Ich bau dir ein Schloss aus Sand
/ Irgendwie, irgendwo, irgendwann....

Treffender kann man grüne Politik wohl nicht zusammenfassen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Roger Letschs Blog Unbesorgt hier.

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Leserpost

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Nagy Laszlo / 13.03.2017

Ein überzeugender, schöner Artikel, zu dem ich nur eine kritische Anmerkung machen möchte: “Wahlkampfzeiten sind Zeiten, in denen Parteien einfache Antworten auf komplizierte Fragen haben.”: In der Naturwissenschaft und Technik gelten einfache Lösungen für komplizierte Fragen als genial. Es gibt sowohl in der Technik als auch in der Naturwissenschaft zahlreiche Beispiele für solche einfache, geniale Antworten auf komplizierte Fragen. Warum sollte das in den Geistes- und Politikwissenschaften anders sein. Die Aussage, dass es auf komplizierte Fragen nur komplizierte Antworten gibt, halte ich für einen Trugschluss.

Jürgen Althoff / 13.03.2017

Wenn die Grünen immer mal wieder vor Wahlen mehr Bildung und eine “Wissensgesellschaft” fordern, ist ihnen dabei offenbar nicht klar, dass sie damit die Selbstabschaffung propagieren. Wer Schüler durch Lernverbote davor “schützen” will, durch Einblick in die wissenschaftlichen Grundlagen der Gentechnik diese möglicherweise für sinnvoll zu halten, oder durch Kenntnis der physikalisch-chemischen Grundlagen der Kerntechnik in die Lage versetzt wird, qualifiziert gegen Grünen-Propaganda zu argumentieren, wird niemals mehr “grün” wählen. Nur wo wenig gewusst und viel geglaubt wird, erhalten grüne Parteien nennenswerte Stimmenanteile bei Wahlen.

Belo Zibé / 13.03.2017

“Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist.”  Kaum zu glauben, wie mühelos sich dieses Zitat von Paracelsus auf gewisse Parteien übertragen lässt.

Christoph Kaiser / 13.03.2017

Köstlich, solch liebevoll garnierte Lektüre! Und ja, wenn man den Grünen eine Form des Mutes zusprechen möchte, dann maßloser, vernunftbefreiter Übermut.

Stefan Löbel / 13.03.2017

Es ist allgemein sehr merkwürdig, wie selten der Flugverkehr in der CO2-Duskussion benannt und kritisiert wird. Der liebgewonnene Flieger als Tabu, den man nicht so gerne in Frage stellt, und auch mal Fünfe gerade sein lässt. Quasi der Migrant unter den Umweltsünden. ‘Großartig’ finde ich im Übrigen den ‘Libanon - Deutschland Vergleich’, was die Anzahl der Flüchtlinge angeht. Was soll das sein? Eine List? Ironie? Oder vielleicht eine provokante Anfangsthese zur Diskussion? Also, diese Vorlage ist ja sowas von steil für jeden Grünengegner, dass man merkt für wie pauschalisiert dumm, die Grünen das andere politische Lager halten. Trotzdem Danke, liebe Grüne für den Geistesblitz. Mit dem ‘Libanon - Deutschland Vergleich’ pulverisieren wir Euer ganzes Parteiprogramm, vom Ökostrom bis zur Gleichberechtigung.

Jürgen Althoff / 13.03.2017

Ist Nena nicht auch eine Grüne - zumindest mental und in ihren kognitiven Fähigkeiten?

Rainer Segen / 13.03.2017

Dieser Artikel ist Spitze und spricht mir aus der Seele.

Volker greve / 13.03.2017

Wenn es dem Esel zu gut geht ,geht er aufs Glatteis.

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