Im Jahr 1988 beschlossen Aktivisten der Unabhängigen Friedens-, und Umweltbewegung der DDR erstmals, mit eigenen Plakaten an der von der SED organisierten Liebknecht- Luxemburg- Demonstration am 17. Januar teilzunehmen. Sie wollten damit demonstrieren, dass Freiheit, gemäß des Luxemburgspruchs, immer die Freiheit der Andersdenkenden ist.
Zahlreiche Bürgerrechtler, darunter Stephan Krawczyk und ich wurden am Rande der Demonstration , im Zuge der größten Massenverhaftung seit dem Volksaufstand 1953, inhaftiert. Andere Bürgerrechtler, die sich für ihre Freilassung einsetzten, wie Freya Klier, Bärbel Bohley, Wolfgang und Lotte Templin und Ralf Hirsch, folgten am 25. Januar. Die Staatsicherheit der DDR, das wurde nach der Stasiaktenöffnung 1992 klar, führte damit einen „Enthauptungsschlag“ gegen die Bürgerrechtsbewegung aus. Sie plante, die führenden Bürgerrechtler hinter Gitter zu bringen. Sie ging so weit, Hochverratsprozesse anzudrohen. Sie versprach sich davon einen Zerfall der Opposition.
Der Stasiplan ging nicht auf. Es entwickelten sich überregionale Proteste in einem in der DDR bisher unbekannten Ausmaß. In mehr als 30 Städten, darunter Berlin, Leipzig, Dresden, Jena, Rostock, Meiningen, fanden allabendlich Protestveranstaltungen statt. In Berlin waren die in der DDR akkreditierten Westjournalisten dabei, die unseren Fall im Westen bekannt machten.
Der politische Druck wurde so groß, dass Partei-, und Staatschef Honecker auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz versprechen mußte, dass alle inhaftierten Bürgerrechtler bis zum 7. Februar 1988 entlassen werden würden.
Die Entlassung erfolgte nicht sofort, weil die Staatsicherheit nun einen Maßnahmeplan zur Abschiebung der Bürgerrechtler in den Westen, ins Werk setzte. Wer sich, wie Bärbel Bohley und ich weigerte, sich ausbürgern zu lassen, wurde mit DDR- Paß abgeschoben und dem Versprechen, nach einer bestimmten Zeit in die DDR zurückkehren zu dürfen.
Die Hintergründe dieser Massenabschiebung sind bis heute ungeklärt, obwohl Linke- Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi ungehindert in Schweigen hüllen und die nötige Aufklärung verhindern können.
Bis heute müssen sich die Betroffenen mit der SED-Lesart der Ereignisse auseinandersetzen, wenn z. B. in Wikipedia behauptet wird, die Inhaftierten wären auf „eigenen Wunsch“ oder auf „Anraten ihrer Anwälte“ in den Westen gegangen.
Mit der Abschiebung namhafter Bürgerrechtler wollte die Staatssicherheit einen Keil in die Bürgerrechtsbewegung treiben, was ihr aber auf die Dauer nicht gelang.
Heute weiß man, dass die Massenverhaftung und die nachfolgenden Proteste als Auftakt der Friedlichen Revolution 1989 anzusehen sind.
Das ist der breiten Öffentlichkeit aber immer noch unbekannt. Der Kampf um die Geschichtsdeutung ist längst im gange. Die SED-Linke darf dabei nicht siegreich bleiben.