Henryk M. Broder / 25.03.2014 / 17:16 / 10 / Seite ausdrucken

Auf Ihr Wohl, Frau Pohl!

Es läuft derzeit alles bestens im Nahen Osten. In Syrien gibts keinen Bürgerkrieg, in Ägypten hat sich eine unabhängige Justiz durchgesetzt, im Sudan ist der ewige Frieden ausgebrochen. Zeit also, sich zurückzulehnen und bei einem Latte über wirkliche Probleme nachzudenken - die “tragische Situation” für alle Beteiligten in der “Region” Israel/Palästina. Denn das Lieblingsprojekt der deutschen Gutmenschen, die “Zweistaatenlösung”, ist “aktuell nicht möglich”. Und so trifft sich die dritte Wahl der Nahostexperten im taz-Cafe, um den eigenen Lügen und Erfindungen zu lauschen. Die Palästinenser würden gezwungen, ihr Land zu verlassen oder “in dicht gedrängten, voneinander getrennten Enklaven in vollständiger Abhängigkeit von Israel ihr Dasein zu fristen”. Dabei werden “plurale Gesellschaftsentwürfe”, wie sie z.B. in Gaza gelebt werden, “ethnisiert”, sogar im “weltoffenen Tel Aviv” werde “der Handlungsspielraum kritischer Menschenrechtsgruppen zunehmend eingeschränkt”, worunter vor allem die afrikanischen Flüchtlinge leiden würden, “die zunehmend in Israel Schutz vor Willkür und Verfolgung suchen”.

Wie bitte? Kann dieses Pack nicht mal zwei Sätze hintereinander formulieren, ohne über die eigenen kurzen Beine zu stolpern? Afrikanische Flüchtlinge laufen Tausende von Kilometern, um in einem Land Schutz zu suchen, wo gerade plurale Gesellschaftsentwürfe ethnisiert werden und der Handlungsspielraum kritischer Menschenrechtsgruppen eingeschränkt wird? Ja, lesen denn die afrikanischen Flüchtlinge nicht die taz? Warum wollen sie unbedingt nach Israel? Warum suchen sie nicht Zuflucht in Ägypten oder in Libyen? Oder in Mecklenburg-Vorpommern?

Man bzw. frau muss wirklich das Gemüt eines Pitbulls haben, um sich angesichts der Lage in Syrien Sorgen um eine Ethnisierung der Konflikte in Tel Aviv zu machen und das Los der afrikanischen Flüchtlinge in Israel zu beklagen.

Aber Antisemiten haben klare Prioritäten. Nichts bringt ihre verkommenen Seelen dermaßen in Wallung wie die Juden und deren Untaten.

PS. Und so sieht das Leben aus, das die Palästinenser fristen müssen - in einer Darstellung des Palästinensischen Tourismusministeriums:
https://www.youtube.com/watch?v=OUpjoEpbWsM

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Thomas Himmel / 27.03.2014

Die Kernaussage ist doch gar nicht so falsch. Die “Zweistaatenlösung” ist eine Illusion. Siehe auch Caroline Glick - The Israeli Solution, A One-State Plan for Peace in the Middle East Das Buch kann man sich aufs Kindle laden.

Dieter Sulzbach / 26.03.2014

Sie sollten nicht so schlecht über Pitbulls denken, werter Autor!

Karl Helger / 26.03.2014

Zwei sich gegenseitig widersprechende Aussagen als gleichzeitig wahr zu erachten ist doch eine Grundvoraussetzung, um ein Linker zu sein.

Janosz Kovacs / 26.03.2014

Das Hauptproblem ist, dass es immer das Pack gibt, das dieses Käseblatt kauft. Ohne den bekloppten Leser, würde diese Schmiere Pleite gehen. Offensichtlich gibt es unter Bescheuerten ein Bedarf auf solche Märchen. Das ist ein Fall für die Psychoanalyse, wie meine Schwester zu sagen pflegt, die eine Praxis in NYC ihre eigen nennt.

Christian Schulz / 26.03.2014

<ironie> Aber zeigt uns der verlinkte Film nicht gerade wie grauenvoll das Leben der Palästinenser ist? Sie müssen in einer disneyartig verballhornten Darstellung ihrer Kultur für kleines Geld servile Tätigkeiten für reiche Europäer verrichten, nur um so die Gelder zu erhalten, die sie für den Freiheitskampf brauchen? Wird hier nicht deutlich, dass ganze Ortschaften voller Kostümierter in potemkinschen Häusern nur bestehen, um Touristen anzulocken? Die Touristen, die Ungläubigen, die das Geld bringen, mit dem die Waffen bezahlt werden können, um die Ungläubigen zu töten? Wird hier nicht deutlich, dass all dies nur ein Spiel der Feinde des Islam ist, ein vorgelogenes Glück, um die Menschen vom wahren Glauben zu entfremden? Nein, die Freiheit der Palästinenser wird nur kommen, wenn sie die Unfreiheit ablegen, die Europa ihnen mit Hilfsgeldern, die die eigenen Anstrengungen lähmen und politischer Aufwertung, die die eigene Kraft unterdrückt, ablegen. Nein Palästina ist erst frei, wenn es unter geht, weil es keiner mehr päppelt. </ironie> Ich bin nicht ganz sicher ob es wirklich nur Ironie ist, oder Ironie des Schicksals, ob es nur die Palästinenser betrifft.

Caroline Neufert / 26.03.2014

Tja, so ist es, wenn man über Dinge schreibt und diskutiert, von denen man keine Ahnung hat und nur ideologisiert argumentiert. Ob nun taz oder xyz - so ist der Journalismus heutzutage – traurig. Vielleicht sollten wir nachdem der Bildungsauftrag für die Oberstufe (Besuch der Berliner Mauer) entfallen ist,  diesen ändern und die Schulklassen ins 17. (und 18. ;-)) Bundesland fliegen lassen – Staatssäckel ist gut gefüllt, Tourismus wird auch angekurbelt und die Jugendlichen können in Cafes, am Strand in Gesprächen ihre eigenen Eindrücke gewinnen und natürlich Party machen, ob in Tel Aviv oder Ramallah, wie früher in Berlin ;-) Ob das Video politisch abgestimmt ist ;-) ?

Markus Weber / 25.03.2014

Sehr geehrter Herr Broder, was Sie schreiben, ist komplett schlüssig, solange folgende Darstellung unangestastet bleibt: Staat und Bevölkerung Syriens waren über Jahrzehnte mit einem Herrscherhaus geschlagen, dass die Menschen mehr und mehr drangsalierte. Eine Legitimation dieser Kleptokraten hat es nie gegeben, und schon gar keine demokratische. Assad ist der Syrer Unglück. Deshalb muss er weg. Wer ihn stützt oder ihm auch nur das Wort redet, gehört mit den Schergen und Gewaltverbrechern in einen Topf. Die meisten Menschen, die ich kenne, streben nach Absicherung und Wohlstand mindestens so sehr wie nach demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten. Ob Assad aus dem Amt zu jagen, nur der Anfang vom grossen Glück der Syrer je war, wage ich zu bezweifeln. Entscheidend ist doch, wer oder was danach kommt oder gekommen wäre. Ich bitte Sie, einmal zu bedenken, dass es auch Stimmen gibt, die sagen, die Eskalation der Gewalt in Syrien sei ein Werk vom Westen und der Ölaristokratie bezahlter Agitatoren gewesen. Wenn man dann an das dafür notwendige Geschacher mit Geld, Waffen und beschönigenden Stories denkt, ist ein Blick nach Israel vielleicht doch gar nicht so verkehrt. Sind folgende zwei Zitate infame Unterstellungen bzw. Behauptungen? 1) “...We will expel the Arabs and take their place…” Benjamin Grün aka David Ben Gurion 2) “...as always, Israel and the US collaborate in each others atrocities…” Tel Aviv nicht als unziemliche Denkalternative zum Leiden der Massen in Syrien, sondern als Hauptstadt eines Nachbarstaates, dessen Regierung dort mitmischen lässt.

Martin Wessner / 25.03.2014

“Ja, lesen denn die afrikanischen Flüchtlinge nicht die taz? Warum wollen sie unbedingt nach Israel?” “Nunja….”, werden Ihnen die Redakteur_Innen von der TAZ besserwisserisch darauf antworten, “...sie flüchten nach Israel wegen des dortigen Wohlstandes, der….” Achtung! Achtung! “...auf der Ausbeutung der afrikanischen Länder(dritte Welt) beruht, um sich dort(in Israel) rechtmäßig das zurückzuholen, was man Ihren zuvor vorenthalten bzw. gestohlen hat.” Zirkelschlusskreis geschlossen. Heijeijei. Da kennen Sie die kritischen Kapitalismusfreunde von der TAZ aber nun wirklich sehr schlecht, um sich nicht gleich selbst diese Frage beantworten zu können.

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