Henryk M. Broder / 24.06.2016 / 20:31 / Foto: Villa Giulia / 7 / Seite ausdrucken

Auf, auf zum Kampf gegen den Populismus!

Nachdem das internationale literaturfestival berlin noch am 14. Juni einen Aufruf "an das britische Volk für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union" gerichtet hatte, den bedeutende Schriftsteller wie Elfriede Jelinek, Inge Feltrinelli und Dieter Kosslick unterzeichnet, die sturen Briten aber ignoriert haben, legt der Leiter des Festivals, Ulrich Schreiber, jetzt nach. Er organisiert "eine weltweite Lesung gegen Populismus", die am 7. September stattfinden soll. 

Es werde, so heisst es in dem Aufruf, "eine populistische Grundstimmung in vielen Ländern weltweit... von Demagogen angefacht und ausgebeutet: von Donald Trump in den USA über Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden, Recep Tayyip Erdoğan in der Türkei, Nigel Farage in Großbritannien, Viktor Orbán in Ungarn, Jacob Zuma in Südafrika, Frauke Petry in Deutschland, Narendra Modi in Indien bis hin zu Wladimir Putin in Russland – um nur einige zu nennen".

Donald Trump, Wladimir Putin und Frauke Petry in einem Atemzug zu nennen, ist so balla, als würde man den Kulturmanager Ulrich Schreiber und William Shakespeare in einem Satz nennen. Aber Schreiber ist nicht nur ein tüchtiger Kulturmanager, der grenzünerschreitend agiert, er ist auch im Begriffe, einen literarischen Volksgerichtshof zu organisieren, der dem Populismus und den Populisten den Garaus machen soll. "Diese Aufwiegler", schreibt Schreiber, "tischen der Bevölkerung dreiste Lügen auf, sichern politische Fantasie-Programme zu, machen Minderheiten zu Sündenböcken und pochen auf nationale Überlegenheit". Mehr noch: "Ihre aufrührerische Rhetorik verbiegt und entwertet Sprache. Ihre Propaganda entwertet den öffentlichen Raum, da rassistische, sexistische und nationalistische Einstellungen zum Allgemeingut werden. Diese Hetzereien bedrohen die Demokratie, die von tiefer Diskussion lebt – nicht von geistlosen Parolen."

Das müsste für ein "Lebenslänglich" unter verschärften Bedingungen reichen. Jeden Tag nach dem Abendessen "kulturzeit" schauen, und am Wochenende ein Seminar über aufrührerische Rhetorik mit Ulrich Schreiber besuchen. Man darf nicht zimperlich sein, wenn man Aufwieglern das Handwerk legen oder, wie es früher hieß, negative und zersetzende Elemente unschädlich machen will. Schließlich lebt die Demokratie von tiefer Diskussion, wie sie beim internationalen literaturfestival in berlin geführt wird, und nicht von geistlosen Parolen, dreisten Lügen und Fantasie-Programmen der Populisten, wie z.B. dem "Wo-ein-Wille-ist, da-ist-auch-ein-Weg" der Kanzlerin.

Deswegen rufen Ulrich Schreiber und seine Mitläufer die "Medien, Journalisten und Redakteure, dazu auf, sensationsheischende Berichterstattungen zu unterlassen und Nachrichten stattdessen verantwortungsvoller zu vermitteln, um auf keinen Fall die gefährlichen Ansichten und die vergiftende Sprache der Populisten unkritisch weiterzuverbreiten".

Ja, ihr Knallchargen, Nachrichten müssen gefiltert, die Berichterstattung gesäubert werden. Gefährliche Ansichten müssen unterbleiben, die Sprache entgiftet werden. Sonst wird das nix mit der Demokratie. Schreiber, übernehmen Sie!

Foto: Villa Giulia via Wikimedia Commons

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Rolf Rattay / 26.06.2016

Die Tendenz der Deutschen ist nicht zu verkennen. Back to the roots.

Walter Ernestus / 25.06.2016

Das hieß früher 3. Reich und später DDR. Auch dort wurde von anderen gedacht und der Bürger sollte es anderen überlassen. Nur Arbeiten und Steuern bezahlen das dürfte er, damit die wichtigen Kulturereignisse auch umgesetzt und bezahlt werden können. Wenn ich daran denke das auch Hr. Schreiber durch meine Steuergroschen ganz ordentlich lebt, wird mir ganz schlecht

Wolfgang Richter / 25.06.2016

Und zum Abschluß gibt es die große Bücherverbrennung mit Nennung der Autorennamen,  unter dem Jubel der Menge den schwungvollen literarischen Wurf des für unwürdig des Lesens gefundenen werkes in die Flammen. Alles von Mark Twains Originalschrift des “Huckleberry Finn” , Agathe Christis “10 Kleine ......Unwort. leins” ,  über Akif Pirincci bis zum islamfeindlichen Houlebeq mit seiner “Unterwerfung” wäre wegen der nicht mehr dem Zeitgeist entsprechenden Formulierungen oder gar Gesamtthemen erlaubt. Aktuelle Bilder wären unnötig, man könnte die noch in den Archiven vorhanden von z. B. Deutschland 1933 nehmen, allein um die Kosten für anzureisende Fernsehteams mittels des für diesen üblichen Privatjets zu sparen.

Mona Rieboldt / 25.06.2016

Die Diktatur in Deutschland nimmt immer mehr Gestalt an, anscheinend “alternativlos”.

heinrich klarin / 25.06.2016

hallo herr broder! wichtig ist noch zu erwähnen, daß es in deutschland immer nur rechtspopulismus gibt. ich habe noch nie eine warnung vor linkspopulismus gehört, vom populismus der mitte ganz zu schweigen.

Hans Michel / 25.06.2016

Hallo Herr Brother danke für ihren Artikel. Präzise und scharfzüngig wie immer. Prima!!! Ich bekomme, leider nicht langsam, den Eindruck, wir haben bald den Faschismus von links. SA-mäßige Übergriffe haben wir ja schon. Auch hier auf der “Achse” wurde darüber berichtet. Der Antisemitismus steht auch schon unmittelbar vor der Tür. Beispiele dazu schon dutzendfach in jeder Tageszeitung. Israel-Kritik, besser Verleumdung, Verschwörungstheorien über “ganz ganz böse jüdische Großbankiers” sind im Internet ständig zu finden. Die im Internet kursierenden antisemitischen Machwerke ist kaum noch zu überblicken. Als die DDR abgewickelt wurde, nicht zuletzt durch die Macht des Populismus, dachte ich eigentlich, wir haben eine Ideologie endlich überwunden. Weit gefehlt!! Ob heute über Klimakatastrophe, Genderismus, Antikapitalismus, Umweltschutz und vieles Andere mehr geschwätzt wird, ist für einen einigermaßen gebildeten Menschen nicht mehr auszuhalten. Leider gibt es in unserem Land viel zu viel Halbbildung. Gegenüber meinem Bildungsgang in der DDR haben hier im Westen die meisten keine Ahnung, von was sie überhaupt reden. Immer öfter habe ich den Eindruck, dass Volk muss dumm gehalten werden. Neuestes Beispiel sind die Abschlussarbeiten in Mathematik der zehnte Klasse in Berlin. Sie wissen sicher, um was es geht. Der immer unentwirrbarere Mischmasch von Mohamedanern die eigentlich Islamisten sind, von Kirchenoberen, die eigentlich nicht mehr das Wort Gottes verkünden, sondern dass was sie dafür halten, von linken Autonomen, die eigentlich die Nazis in diesem Land sind, wird immer bedrohlicher. Meine tägliche Zeitungsschau wird immer mehr zum Albtraum. Aber genug. Ich bin ein 68 jähriger Rentner mir einer nicht gerade üppigen Rente. Beklage ich mich? Warum sollte ich. Ich wusste was auf mich zukommt und muss heute damit Leben. Aber das die Bevölkerung dieses Landes mehr und mehr den Bach herunter getrieben wird, ist unerträglich. Nochmals vielen Dank Hans Michel        

Martin Lahnstein / 25.06.2016

Ich wünsche sehr, dass die geplante weltweite Lesung gegen Populismus zu einem populären Mega-Event wird. Dass die Planer mit einem unerhörten Geschick vorgehen und genau wissen, wie man die Massen bewegt.

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