Wie aus gutunterrichteten Kreisen zu vernehmen ist, stößt Angela Merkels Annäherung an die USA in Sachen Klimapolitik auf Widerstand innerhalb der EU. Wie es scheint besteht die größte Befürchtung in einigen europäischen Hauptstädten davor, dass die EU sich auf einen politischen Kompromiss mit den USA einlassen wird. Ein solcher Klima-Kompromiss würde auf rechtlich verbindliche Emissionslimits zu verzichten haben, da die USA eine unilaterale Zustimmung - wie sie etwa die EU vorgenommen hat - kategorisch ausschließt.
Die britische Tageszeitung The Independent berichtet heute über Anzeichen einer Spaltung über diesen Konflikt, nicht nur innerhalb der EU sondern auch innerhalb der Bundesregierung selbst:
“Divisions over climate change threaten to derail a set piece EU-US summit and overshadow moves to strengthen transatlantic economic ties. With time running out before Monday’s meeting in Washington, some EU diplomats suggested that a weak declaration on global warming would be worse than no statement at all.
The meeting, which will be hosted by George Bush and attended by Germany’s Chancellor, Angela Merkel, was seen as an opportunity for Europe and the US to align their positions on climate change before a G8 meeting in June. That gathering will be chaired by Ms Merkel, who holds the presidencies of the EU and G8 and who is pressing for a deal on the fight against global warming.
But the divisions prompted key players to play down the importance of the meeting yesterday. The US ambassador to the EU, C. Boyden Gray, said the summit “will not be a defining moment” on climate change, suggesting that agreements on transatlantic economic co-operation will be more concrete and far-reaching.
The German EU presidency said it was confident that the communiqué language will be agreed. However, European diplomats cast doubt over the likelihood of a significant breakthrough. The US has dug in over its insistence that there should be no commitment to binding targets unless developing countries such as China and India follow suit.
The hard line from the White House prompted internal divisions on the European side and tension among different parts of the government of Germany….”
http://news.independent.co.uk/environment/article2488811.ece
Angesichts dieses diplomatischen Drahtseilaktes, versucht Angela Merkel ihre Kritiker mit eher unrealistischen Hoffnungen zu beschwichtigen: “Kanzlerin Merkel hofft, die USA über das Gipfeldokument schrittweise zu einer „verstärkten“ gemeinsamen Klimaschutzpolitik zu bewegen. Bis zum G8-Gipfel im Juni will sie versuchen, US-Vorbehalte auszuräumen.”
http://www.handelsblatt.com/news/Politik/International/_pv/_p/200051/_t/ft/_b/1260637/default.aspx/vorbereitung-fuer-eu-usa-gipfel-offenbart-klima-differenzen.html
Andere Regierungskreise verkaufen den zu erwartenden Klima-Kompromiss bereits als einen politischen Erfolg: “Bundeskanzlerin Angela Merkel kann beim EU-USA- Gipfel am Montag mit einem ersten Entgegenkommen von US-Präsident George W. Bush beim Klimaschutz rechnen. So soll in Washington eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet werden, in der der Klimawandel zumindest als «Ernst zu nehmendes Problem» bezeichnet werde, hieß es in deutschen Regierungskreisen. “
http://www.hz-online.de/index.php?mode=full&cat=16&open=&open_u=&minDate=&s_id=6bbb6d193d588a36c8df817fd89182d7&ident=&id=303076
Wie auch immer man Deutschlands Klimadiplomatie zu interpretieren und vermarkten trachtet, ohne einen grundsätzlichen Kompriss wird es weder zu einer Einigung mit den USA noch zu einer Verständigung mit den rasant voranprechenden asiatischen Supermächten kommen. Je früher man den neuen Realitäten in Europa ins Auge sieht, desto eher wird es zu Fortschritten in der internationalen Klimapolitik kommen.