Die Nazi-Grenze hat in Bremen einen kräftigen Ruck zur Mitte hin gemacht. Als nazistische Grenzüberschreiter sind sowohl Außenminister Guido Westerwelle (FDP) als auch der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (noch SPD) ausgemacht worden. Von wem? Vom langjährigen Stern-Reporter und früheren Pardon-Redakteur Gerhard Kromschröder.
In einer Laudatio auf die (an dieser Entgleisung sicherlich unschuldige) Weser-Kurier-Redakteurin Christine Kröger sprach Kromschröder laut eben dieser Zeitung von den “Nazis in Nadelstreifen, den Westerwelles und den Sarrazins, mit ihrem rassistischen Gebrabbel und ihren populistischen Hartz-IV-Tiraden…”
Von mir aus soll er sowas sagen. Wir leben in einem freien Land. Ich hätte mir aber auch den einen oder anderen Widerspruch vorstellen können. Es wird ja nicht jeden Tag ein deutscher Außenminister zum Nazi erklärt. Aber bitte sehr.
Was mir Sorgen macht, ist dies: Wenn Westerwelle und Sarrazin Nazis sein sollen, dann wird der Pfad der politischen Tugend in unserem Land sehr, sehr schmal. Dann ist bald fast jeder der Grenzüberschreitung verdächtig und muss sich darauf gefasst machen, dass “zurückgeschossen” wird.
Oder handelt es sich nur um eine Pfadverschiebung? Wenn Westerwelle ein Nazi ist und die Linke immer salonfähiger wird, haben wir es wohl mit einem - wie der feine Mensch sagt - Paradigmenwechsel zu tun.
A propos salonfähig - hier noch eine Modefrage: Was trugen früher eigentlich die Salon-Bolschewiken? Ich weiß es nicht genau, weil es vor meiner Zeit war. Auch Nadelstreifen? Oder Glencheck? Hahnentritt? Pepita? Smoking? Frack? Knickerbocker? Und noch was: Trägt Westerwelle wirklich Nadelstreifen? Ich finde Modefragen heben in dieser oft so traurigen politischen Welt immerhin die Stimmung. Manchmal sogar das Niveau.