Das „Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze“ zur Anhebung der absoluten Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung von 165 Millionen Euro ab 2019 auf 190 Millionen Euro soll an diesem Freitag im Bundestag durchgepeitscht werden. Los geht es am Freitag um 9 Uhr mit einem „Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung“. Die vollständige Bundestags-Ankündigung dazu:
„Der Bundestag wird zu Beginn der Plenarsitzung am Freitag, 15. Juni 2018, voraussichtlich darüber abstimmen, ob die zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Parteiengesetzes und weiterer Gesetze (19/2509) unmittelbar im Anschluss stattfinden soll. Die Aufsetzung dieses Tagesordnungspunktes ist bislang zwischen den Fraktionen nicht beantragt. CDU/CSU und SPD wollen die Aufsetzung im Plenum beantragen. Eine Aussprache dazu wird es voraussichtlich nicht geben. Bereits vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am Freitag, 8. Juni, hatten sich die Koalitionsfraktionen nach einer 20-minütigen Geschäftsordnungsdebatte mit ihrem Antrag durchgesetzt, die erste Lesung auf die Tagesordnung zu setzen. Mit dem Gesetzentwurf soll die staatliche Parteienfinanzierung ausgeweitet werden. Setzen sich die Koalitionsfraktionen erneut durch, so wird der Gesetzentwurf direkt im Anschluss 45 Minuten lang abschließend beraten. Über die Vorlage soll namentlich abgestimmt werden.“
Vorgestern gab es eine Anhörung zum Thema im Ausschuss für Inneres und Heimat. Zwei Professoren (Michael Brenner und Bernd Grzeszick) sprachen sich klar für den Gesetzentwurf aus: Bei „einschneidenden Veränderungen der bestehenden Verhältnisse“ sei das nämlich verfassungsrechtlich unbedenklich, und diese einschneidenden Veränderungen seien gegeben, weil den Parteien unter anderem wegen Entkräftigung von Fake News (!) höhere Kosten entstünden. Wie gleich deutlich wird, ist es einigermaßen zynisch, wenn Brenner dazu ausführt: Die Aufrechterhaltung der freien demokratischen Grundordnung sollte dem Staat 190 Millionen Euro im Jahr „wert sein“.
Während die Staatsrechtlerin Sophia Schönberger meinte, die tatsächliche Veränderung der Verhältnisse werde „mitnichten klar dargelegt“, erläuterte die Sachverständige Heike Merten: Eine Erhöhung der Parteienfinanzierung über den Preisindex hinaus sei eine „Wertungsfrage“ in den Händen des Gesetzgebers. Mertens‘ demokratischer anmutender Vorschlag: auf das Votum objektiver Sachverständiger zu hören, „was aber nicht getan werde“. Die Objektivität der Sachverständigen ließe sich allerdings ebenfalls hinterfragen.
Aus der Opposition kommt – bisher wirkungsloser – Protest gegen das Gesetz und den Vorgang. Der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim nennt es „ein Gesetz zur Steigerung der Politikverdrossenheit“: „Sowohl SPD als auch CDU hätten gegenüber den früheren Bundestagswahlen verloren. Offenbar soll diese Finanzspritze nun für beide ein Ausgleich sein... Die Höhe der staatlichen Parteienfinanzierung steige ohnehin von Jahr zu Jahr, weil sie an die Geldentwertung angepasst werde.“ Laut Bundesverfassungsgericht sei öffentliche Kontrolle unerlässlich, wenn sich Parteien staatliche Finanzmittel eigenmächtig erhöhen. „Diese Kontrolle wolle man durch das Schnellverfahren im Vorfeld der Fußball-WM schwächen. Von Arnim sieht darin ‚eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger‘.“
Die Sitzung im Plenum am Freitag werde unter anderem auf Phoenix live übertragen.
Dieser Beitrag erscheint auch auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel.