Recep Tayyip Erdogan ist sauer. Auf die deutsche Bundesregierung. Und ganz Deutschland. Waren Angela Merkel und die deutsche Bundesregierung dem Despoten vom Bosperus noch im April 2016 beigesprungen und hatten den deutschen Justizbehörden die Ermächtigung erteilt, auf seinen Wunsch hin ein Strafverfahren gegen den Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung zu eröffnen, sprach Regierungssprecher Steffen Seibert im Fall der Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel mit kritischem Unterton von einer dadurch entstehenden Belastung des deutsch-türkischen Verhältnisses. Ein selten scharfer Ton aus Deutschland in Richtung Türkei, der Erdogan verwirren musste und ihn wohl ratlos zurück ließ.
Fließen nicht weiterhin jedes Jahr dreistellige Millionenbeträge aus deutschen und EU-Steuertöpfen an die türkische AKP? Plädierte der jetzige SPD Kanzlerkandidat und damalige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nicht noch im November 2016 dafür, die EU Beitrittsgespräche mit Ankara fortzuführen? Obwohl da schon zahllose Journalisten und Oppositionelle in der Türkei inhaftiert waren und misshandelt wurden? Und hatte die CDU nicht erst im Sommer 2016 Mitglieder der Ditib, also Erdogans Spitzel- und Islamisierungstruppe in Deutschland, als Kandidaten für die Kommunalwahlen in Niedersachsen aufgestellt? War Merkel nicht im Oktober 2015, kurz vor den Wahlen in der Türkei, nach Ankara gereist, um Erdogan Schützenhilfe zu geben? War man nicht von jeher Seit‘ an Seit‘ marschiert?
Kampf gegen die Islamophobie
Hatte man nicht schon immer gemeinsam gegen undemokratische Umtriebe gekämpft, wie etwa die unter der Bezeichnung "Islamophobie" bekannte Kritik am politischen Islam? Konnte Erdogan sich nicht noch im Januar dieses Jahres der Unterstützung aus Berlin und Brüssel sicher sein, als er einen kompromisslosen Kampf gegen die Islamophobie ankündigte, welche ein Sicherheitsrisiko für im Westen lebende Türken darstelle? Stritt man nicht seit Jahren einmütig für Toleranz und Buntheit in Deutschland, welche sich vorwiegend in der Befürwortung restriktiver Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften für die muslimische Frau manifestieren? Und in einer Zunahme des politischen Einflusses der Ditib sowie des Zentralrats der Muslime und dessen islamistischer Unterorganisationen?
Gibt es nicht unzählige aus deutschen Steuermitteln finanzierte „Gegen Rechts“-Initiativen der Bundesregierung, die damit beschäftigt sind, jede Kritik am politischen Islam zu unterbinden und Kritiker des politischen Islams und dessen Praktiken als Rassisten, Nazis und Rechtsextreme zu delegitimieren?
War nicht im Januar 2015 die gesamte Berliner Politprominenz auf Aufforderung des Zentralrats der Muslime ans Brandenburger Tor geeilt, um anlässlich des islamistischen Anschlages auf Charlie Hebdo und einen jüdischen Supermarkt in Paris gemeinsam mit der türkischen Ditib, der Atib, einer Abspaltung der faschistischen, türkischen Grauen Wölfe und der IGD, einem Ableger der islamistischen Muslimbrüder, mittels einer Mahnwache ein Zeichen gegen Islamophobie zu setzen? Um zu zeigen, wie es die damalige SPD-Generalsekretärin Yasemin Fahimi formuliert hatte, dass man an der Seite der deutschen Muslime stehe?
Erdogans großer Irrtum
Und jetzt das? Nur wegen Yücel? Plötzlich soll das nicht mehr möglich sein, was jahrelang liebgewonnene Tradition war? Keine Wahlkampfauftritte mehr von Abgesandten der islamo-faschistischen AKP in Deutschland? Sind denn jetzt alle zu Nazis geworden?
Traurig konstatierte Erdogan also: „Eure Praktiken unterscheiden sich nicht von früheren Nazi-Praktiken“, und fügte hinzu, dass er sich wohl geirrt habe, all die vergangenen Jahre, als er gedacht habe, diese Zeiten seien vorbei. Was Erdogans persönlicher Verehrung für Adolf Hitler freilich keinen Abbruch tut. Erst im Januar 2016 hatte er Hitlerdeutschland als ein gutes Beispiel für ein funktionierendes Präsidialsystem gelobt. Nennenswerte Reaktionen aus Deutschland blieben freilich aus. War man zu der Zeit doch vollauf damit beschäftigt, den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán für seinen an finstere Zeiten erinnernden Mauer- und Stacheldrahtbau an der EU-Außengrenze als Nazi zu geißeln.