Henryk M. Broder / 04.07.2017 / 14:25 / 10 / Seite ausdrucken

Alarm im Weißen Haus: Aktion Paukenschlag, Teil 2

Der Deutsche Journalisten-Verband, vertreten durch seinen Vorsitzenden Frank Überall, hat den amerikanischen Präsidenten Donald Trump aufgefordert, "sofort seine Medienhetze zu beenden". Überall sagte: „Heute knüpft er sich CNN vor, morgen vielleicht die USA-Korrespondenten von ARD und ZDF.“ Man kann ja nicht wissen, wozu so ein Mann fähig ist, und deswegen muss der Deutsche Journalisten-Verband einschreiten, bevor es zu spät ist. Es sei nicht hinnehmbar, heisst es in einer Mitteilung des DJV vom 3. Juli, "dass ausgerechnet das Staatsoberhaupt der USA das in der amerikanischen Verfassung festgeschriebene Grundrecht der Pressefreiheit mit Füßen trete".

So weit, so gut. Schließlich ist es eine unserer nationalen Aufgaben, aufzupassen, dass die Amis sich an ihre Gesetze halten, derweil unser Justizminister ein Gesetz durchpeitscht, das seinesgleichen in der Welt sucht. Und was sagt der DJV zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Heiko Maas? Nun, der Verband ist nicht begeistert, verhält sich aber staatstragend verhalten. Ende März legte der DJV eine "Stellungnahme... zum Referenten-Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in Sozialen Netzwerken" vor, in dem er  Vorschläge machte, wie das Gesetz verbessert werden könnte. Die Kritik an dem Gesetz war nicht gundsätzlich, sondern punktuell. Es sei, nach Auffassung des DJV, "in erster Linie ein Gesetz zum Schutz von Verbrauchern vor strafbaren oder unwahren Äußerungen im Netz".

Am 1. Juni, einen Monat bevor der Bundestag das Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschloss, meldete der DJV, Justizminister Heiko Maas stehe "wegen seiner Vorlage zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nun seit gut zwei Monaten unter Beschuss". Und: "Die Bundesregierung täte sich selbst einen Gefallen, wenn sie das NetzDG nicht vor der Bundestagswahl durchpeitschen würde." Immerhin.

Kurz zuvor, am 19. Mai, gab der Vositzende des DJV, Frank Überall, dem SWR ein Interview, in dem er u.a. sagte: "Wir wollen keinen Sheriff, der privat irgendwo in den sozialen Netzwerken rumwütet, sondern wir wollen ernsthafte Menschen, die auch wirklich abwägen können." Denn: "Politische Meinungen sind keine Brüste." Der DJV lehne das Gesetz nicht grundsätzlich ab, es müsse nur präzisiert werden.

Und was passierte, nachdem der Bundestag, entgegen dem Rat des DJV, das Gesetz in der letzten Sitzung der laufenden Legislaturperiode doch verabschiedet hatte? Der DJV forderte "Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, das am heutigen Freitag vom Bundestag verabschiedete Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht zu unterschreiben". Die vorgenommenen Änderungen am Entwurf des Gesetzes "beseitigen nicht die vom DJV kritisierten Ungenauigkeiten und reichen nicht aus, um die Meinungsfreiheit wirksam zu schützen".

Das wars! Heiko Maas hatte die Ratschläge des DJV in den Wind geschlagen. Kein Wort darüber, das Gesetz sei möglicherweise ein Anschlag auf die Demokratie, und auch keine Spekulationen, Maas knöpfe sich heute Facebook vor und morgen vielleicht schon SPON und WON. Maßvoller und zurückhaltender konnte eine Kritik kaum sein. So maßvoll und so zurückhaltend hatten Angehörige der Kreisleitungen der SED die Entscheidungen des ZK kritisiert. Als nicht ausreichend, um die Fünf-Jahres-Pläne zu erfüllen den Sozialismus vor dem Klassenfeind zu schützen. Konstruktive Kritik vom Besten.

Die DJV-Stellungnahme zu Trumps "Medienhetze" hat im Weißen Haus Panik ausgelöst. Das letzte Mal war so etwas im Rahmen der Operation Paukenschlag im Jahre 1942 passiert, als drei deutsche U-Boote vor der amerikanischen Ost-Küste aufkreuzten.

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Leserpost

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Christian Wandtke / 05.07.2017

Ihr seid meine Helden….. Ihr erinnert mich, wenn ich meine Patenschaft erneuern muss? By the way, ich möchte auf die von Wikileaks veröffentlichte E-mail ( 21. Februar 2016) von John Podesta, ehemaliger Stabschef im Weißen Haus, hinweisen, über die Auswirkungen der Masseneinwanderung in Deutschland. Starker Tobak!

M. Haumann / 04.07.2017

Dass Trump à la Maas verfassungswidrige Gesetze zur Zensur von Bürgern und Medien erlassen hat, ist mir nicht bekannt. Er hat nur auf seine spezielle aber unmissverständliche Weise klargestellt, dass niemand, der ihn attackiert, auf eine ausbleibende Gegenreaktion hoffen sollte. (Manche nennen das sogar “balls”, wenn man nicht einmal vor CNN Angst hat.) Empfehlenswert dazu Scott Adams Video auf Periscope “How President Trump´s Tweet about Morning Joe Will Destroy Civilization”, wenn es auch einmal etwas zum Lachen sein darf.

Stefan Heinen / 04.07.2017

Herr Broder, Sie haben wieder mal den Nagel auf dem Kopf getroffen. Ich freue mich schon auf den Artikel der “verhaltensauffälligen Tante” beim Heute-Journal. Da kommt doch bestimmt was zu, oder?

Rudolf George / 04.07.2017

Die Inbrunst, mit welcher der DJV den amerikanischen Präsidenten ermahnt, und mit welcher gefühlte 99% der Mitglieder ihm am Zeug flicken wollen, erinnert mich an einen Schoßhund, der überzeugt ist, dass er eine Eiche dadurch zu Fall bringen kann, dass er sie täglich mit einem Urinstrahl benetzt.

Ines Schumann / 04.07.2017

Sehr geehrter Herr Broder, selten so gelacht. Es ist nur noch lächerlich und ein absolutes Affentheater, was hier in diesem Lande stattfindet. Was hat sich der DJV in die Medienpolitik der USA einzumischen, wenn es doch hier im eigenen Land genug dazu zu tun gibt? An Feigheit nicht mehr zu überbieten. Wunderbar Ihr letzter Absatz: ...“hat im Weißen Haus Panik ausgelöst…” Das kann ich mir so richtig vorstellen… Trump wird zittern und sofort eine Entschuldigung beim DJV einreichen.

B.Klingemann / 04.07.2017

Ich muss Herrn Überall widersprechen: Die Qualität von Brüsten (wie auch die von Meinungen) kann man durchaus abwägen und zu klaren Urteilen kommen. Zu viel Differenzierung bei politischen Meinungen hingegen kann selbige verwässern, so dass sie ihre Wirkung verfehlen.

Klaus Reichert / 04.07.2017

„Politische Meinungen sind keine Brüste.“ Ein epochaler Satz.

Rüberg, Dr.Helmut / 04.07.2017

Zutreffend in der Sache und am Ende eine herrliche Ironie. Ich bin gern euer Pate. Bitte schreibt mir, wenn meine Patenschaft ausläuft und erneuert werden muss.

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